Die Sonne ist gerade hinter den Palmen verschwunden, die Leute ziehen sich Pullover und Jacken an. Für Hedwig Gruber geht der zweite Tag in Johannesburg zu Ende. Für Peter Schäfer ist es hingegen das 33. Jahr in der größten Stadt Südafrikas. Er ist hier sozusagen ein Einheimischer. Und mit ein Grund, warum das Grafinger Jugendorchester mit seinen 60 Musikern hierher gereist ist - und am Sonntag ein gemeinsames Konzert mit dem Johannesburg Youth Orchestra geben wird. Im Gespräch mit der SZ erzählen Hedwig Gruber und Peter Schäfer von der Entstehung einer kühnen Idee.
SZ: Wie haben Sie sich kennen gelernt?
Peter Schäfer: Während eines Deutschland-Besuchs vor 15 Jahren. Meine Frau kommt ja aus Grafing. Dort haben sich unsere Kinder am Spielplatz getroffen.
Hedwig Gruber: Über die Kinder haben dann wir Erwachsene uns kennen gelernt. So hatte meine Familie eine Anlaufstation für das Land.
Dass es jetzt nach Südafrika gegangen ist, ist also ein Zufall?
Hedwig Gruber: Ich hatte auch vorher schon ein Faible für das Land. Die Begegnung mit Peter kam uns natürlich sehr entgegen. Unsere Familie war seither fünf Mal in Südafrika, jetzt das sechste Mal.
Wären Sie auch so runter geflogen?
Hedwig Gruber: Bestimmt, nur hätten wir dann keine Anlaufstation gehabt. Einmal waren wir völlig mittellos, weil ich den Pin der Kreditkarte nicht im Kopf hatte. Da haben uns dann die Schäfers ausgeholfen.
Jetzt sind Sie mit einem Orchester von 60 Leuten samt zwei Tonnen Instrumenten hier. Wer hatte denn diesen Einfall?
Peter Schäfer : Das war eine Art Koproduktion. Vor zwei Jahren bei einem Besuch in Deutschland hab ich das Grafinger Jugendorchester zum ersten Mal gesehen, damals bei einem Besuch in Ebersberg. Es war ein Drumline-Act mit tollen Showeinlagen. Ich war schwer beeindruckt, dass ein Jugendorchester so was hinbekommt.
Hedwig Gruber: Ich habe ihm erzählt, dass es mein Traum wäre, mit dem Orchester nach Südafrika zu fliegen. Damals waren in der Region um Ebersberg viele Flüchtlinge. Es war neu, dass man jetzt Afrikaner im Ort sieht. Sie bewegten sich aber in einer ihnen völlig fremden Umgebung. Ich wollte, dass die Kinder das echte Afrika sehen.
Peter Schäfer: Darum geht es ja hier. Um den kulturellen Austausch. Dafür brauchten wir nun ein musikalisches Pendant. Also habe ich mir Videos auf der Webseite des bekanntesten Youth Orchestra in Johannesburg angeschaut. Ich dachte mir, das könnte passen, und auf meinen Anruf hin sahen die Johannesburger das ähnlich.
Mit 60 Leuten nach Südafrika. Muss man dafür verrückt sein? Oder einfach nur Lehrerin?
Hedwig Gruber: Wahrscheinlich bin ich eine verrückte Lehrerin. Ich mein', welcher Lehrer geht schon mit zwei Klassen auf Wandertag? Nein im Ernst: Das funktioniert nur, weil wir dieses Team haben, wo sich jeder mit seinen besonderen Fähigkeiten einbringt. Unser Techniker, der Manni, zum Beispiel, der das mit den Boxen und Anschlüssen im Hintergrund stemmt. Oder ein Vater, der mit seiner Firma den Frachttransport organisiert hat. Und natürlich die Sponsoren wie zum Beispiel Jeunesses Musicales, ohne die alle wäre das nicht machbar. So kamen etwa auch der Rotary Club Grafing/Ebersberg und der südafrikanische Rotary Club Kyalami zusammen.
Haben Sie sich daran orientiert, wie andere Gruppen so eine Reise angehen?
Peter Schäfer: Die Johannesburger sind vor einigen Jahren mal nach Deutschland gereist, allerdings nur mit 30 Leuten. Der damalige Orchesterleiter erzählte mir, dass es für ihn der pure Stress war. Der würde das wahrscheinlich so schnell nicht mehr machen.
Und für Sie?
Hedwig Gruber: Der pure Stress! (lacht)
Peter Schäfer: Würdest du es denn wieder machen?
Hedwig Gruber: Ganz klar: ja!