Meinung:Testlauf im Klassenzimmer

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Die Aktion "Sommerschule" kommt im Landkreis Ebersberg bisher nicht sonderlich gut weg. Womöglich sollte man aber noch nicht zu streng sein

Kommentar von Anja Blum

Eigentlich stand die "Sommerschule" von Anfang an unter einem schlechten Stern. Die Kinder und Jugendlichen sind ausgelaugt von einem aufreibenden, unsteten Jahr, sie haben Erholung nötig, mehr denn je. Das Gleiche gilt vermutlich für viele Lehrerinnen und Lehrer, ganz zu schweigen von den Schulleitungen. Immer wieder mussten sie ihre Arbeitsweise umstellen, wenn nicht gar neu erfinden, wegen den unabsehbaren Erfordernissen der Pandemie.

Doch Corona hat den Lernfortschritt unvermeidlich gehemmt - und die Politik will den Familien zeigen, dass sie das Thema Bildung nicht (ganz) vergessen hat. Also musste ein Förderprogramm für die Ferien her. Aber ohne die Lehrer zu verpflichten - siehe oben. Lieber stellte das Ministerium hohe Anforderungen an externe Kräfte, ohne freilich die Bezahlung ebenso weit oben anzusiedeln, und überließ die Umsetzung ansonsten den einzelnen Schulen. Das Ergebnis war zu erwarten: Der Mangel an Pädagogen ist im Kreis Ebersberg so groß, dass mancherorts nun ältere Schüler die Nachhilfe im Klassenzimmer übernehmen.

Der Organisation des Programms vonseiten des Ministeriums kann man also keine gute Note erteilen, sie tendiert eher gegen mangelhaft. Trotzdem: Die Sommerschule ist besser als nichts. Sie ist immerhin ein Angebot für alle, die bei sich oder ihrem Kind Nachholbedarf sehen. Insofern gebührt allen Schulleiterinnen und Schulleitern, allen Pädagogen und Mitschülern großer Dank dafür, dass sie diesen letzten Kraftakt des Schuljahres nicht gescheut und ihr Möglichstes unternommen haben, die Schwächsten zumindest ein wenig aufzufangen.

Die Folgen von Corona werden uns alle vermutlich noch lange begleiten, gerade auch an der Schule. Und wer weiß, welche Veränderungen in der Bildungspolitik noch nötig sein werden. Vielleicht ist diese erste Sommerschule nur ein Testlauf, den man noch nicht all zu streng benoten sollte.

© SZ vom 06.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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