Markt Schwaben:Rebellion gegen den Bürgermeister

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Kaum ist der Rathauschef nicht da, schon geht das Gerede los: Der Gemeinderat kritisiert heftig die Amtsführung von Bernhard Winter.

Karin Kampwerth

"Wie Sie sehen, ist Demokratie eine aufwändige Sache" und "ich habe keine Scheu davor, etwas zu Ende diskutieren zu lassen, auch wenn das Ergebnis nicht erfreulich ist." Ein knapper Satz, gefolgt von einer spitzen Bemerkung, beides geäußert von Markt Schwabens zweitem Bürgermeister Bernhard Romir (Freie Wähler), fassen eine außergewöhnliche Gemeinderatssitzung am Dienstagabend zusammen.

In der Kritik: Markt Schwabens Bürgermeister Bernhard Winter. (Foto: Peter Hinz-Rosin/region.ebe)

Die krankheitsbedingte Abwesenheit von Rathauschef Bernhard Winter hatte das Gremium genutzt, um dessen straffe Sitzungsführung in Frage zu stellen. Darüber hinaus machten die Gemeinderäte quer durch alle Fraktionen ihrer Verärgerung über unvollständige Protokolle, nicht eingehaltene Versprechungen und zu spät vorliegende Sitzungsunterlagen Luft. Dabei wurden Beschlüsse gekippt, eine Sondersitzung anberaumt und Winters Zeitplan für den Bau einer Biogasanlage für nichtig erklärt.

Zu der Rebellion konnte es kommen, weil Winter sich kurzfristig ins Krankenhaus begeben musste und Romir die Sitzungsleitung übernahm. Der Fußballfreund ließ ungeachtet des ersten WM-Halbfinales eine lebhafte Debatte über sechs Tagesordnungspunkte zu, von denen die regelmäßigen Gemeinderatsbesucher zunächst annehmen durften, dass diese bis zum Anpfiff abgearbeitet würden. Stattdessen entbrannte die Diskussion bereits über der Genehmigung der Sitzungsprotokolle, eigentlich ein Regularium.

Hintergrund war die im Juni beschlossene Verkehrsberuhigung am Widderweg. Monika Schützeichel (CSU) ärgerte sich, weil man ihrer Forderung, die Anwohner an den Planungen zu beteiligen, weder nachgekommen war noch diese in der Sitzungsniederschrift berücksichtigt hatte. Ihr Parteifreund Georg Holley setzte nach, weil die Maßnahmen manche Anwohner über Gebühr belasten würden. Nun soll das Thema im Oktober erneut besprochen werden.

Munter weiter ging es mit der eigentlich ebenfalls beschlossenen Erweiterung der Firma Gienger. Sauer waren die Gemeinderäte, weil ihnen die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange in einer 30-seitigen Tischvorlage präsentiert wurden. Während Romir den knappen Termin noch verteidigte, weil sich das Landratsamt erst am Montag geäußert habe, zeigte sich das Gremium unbeeindruckt.

Doris Seibt (Grüne) und Manfred Hoser (FW) weigerten sich, die umfangreiche Tischvorlage zu akzeptieren, weil Zeit zum Durcharbeiten fehle, und Monika Schützeichel warnte davor, sich unter Druck setzen zu lassen. Rita Stiegler (SPD) beschwerte sich zudem, dass Winter einen Ortstermin versprochen, aber nicht eingehalten habe.

Ihren Höhepunkt fand die Debatte anlässlich eines Schreibens aus dem Landratsamt, das die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses über die zeitlich gestaffelte Bebauung des Baywa-Geländes mit Gewerbe und Wohnungen ankündigt. Romir, zunächst um Solidarität mit dem Bürgermeister bemüht, zeigte sich überrascht, dass Winter den Bescheid offenbar akzeptieren wolle und nicht auf die Tagesordnung gesetzt hatte. "So hätten wir darüber beraten können." Er sei erst am Montag auf das Papier gestoßen. Max Weindl (FW) spitzte den Vorgang in der Formulierung zu: "Wir kuschen doch nicht, nur weil Winter das will." Das weitere Vorgehen soll in einer Sondersitzung Ende Juli besprochen werden.

Unerfreuliches wird der Bürgermeister, der aufgrund seiner Erkrankung nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, auch über den Zeitplan für die umstrittene Biogasanlage vernehmen müssen. Seinem Ziel, das Projekt bis zum 14. September zu beschließen, will das Gremium nur folgen, wenn Informationen über Größe und Standort rechtzeitig vorlägen. Sympathie bekundeten die Gemeinderäte mit einer Anregung von Hubert Bauer, zuvor ein Energiekonzept für den gesamten Ort zu erstellen. Romir versprach für die Vorberatung im Bauausschuss am 24. August: "Wir werden uns alle Zeit der Welt nehmen, der Bürgermeister ist da im Urlaub."

© SZ vom 08.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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