Flüchtlingshilfe:"Wir schaffen das wieder!"

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Tobias Vorburg vom Markt Schwabener Verein "Seite an Seite" ist seit vielen Jahren als Wegbegleiter für Geflüchtete tätig. (Foto: privat)

Die Einrichtung einer neuen Unterkunft für bis zu 120 Geflüchtete stößt in Markt Schwaben auf Widerstände. Tobias Vorburg vom Verein "Seite an Seite" appelliert für eine etwas lockerere Belegung - und ein gutes Miteinander.

Die Aufregung ist groß, die Stimmung ist aufgeheizt: Die geplante neue Flüchtlingsunterkunft Am Ziegelstadel in Markt Schwaben stößt auf Widerstände etlicher Anwohner. Zu konstruktiver Zusammenarbeit appelliert nun der Verein "Seite an Seite", der als Wegbegleiter für Geflüchtete agiert. "Wir schaffen das (wieder)!" ist eine Pressemitteilung des Vereins überschrieben.

Wie Tobias Vorburg, der Sprecher des Vereins unterstreicht, teile man vollumfänglich die Haltung von Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) zum Standort der Unterkunft. Dieser hatte bei einer Infoveranstaltung zu dem geplanten Projekt gesagt, er sei "kein Freund davon, Geflüchtete an den Stadtrand zu verbannen". Auch der Verein Seite an Seite sieht Geflüchtete in einem Gewerbegebiet am Ortsrand mit unzureichender Infrastruktur nicht richtig aufgehoben. "Wir vertreten die Auffassung, Menschen sollten in einem Wohngebiet wohnen und nicht in einem Gewerbegebiet, zumal die Standortwahl einer Unterkunft unmittelbar die soziale Integration beeinflusst", heißt es in der Pressemitteilung. Ebenso habe die Größe einer Unterkunft einen erheblichen Einfluss auf die Integration sowie auf die Versorgung von Geflüchteten. Seit Jahren spreche man sich deshalb gegen Massenunterkünfte aus.

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Gemäß geltendem EU-Recht seien die EU-Mitgliedstaaten im einzelstaatlichen Recht dazu verpflichtet, besonders schutzbedürftige Geflüchtete gemessen an ihren Bedürfnissen unterzubringen. Die EU-Aufnahmerichtlinie fordere eine Unterbringung, die sich an den individuellen und schutzwürdigen Belangen der Geflüchteten orientiere. "Seit Jahren werden vor allem besonders schutzbedürftige Geflüchtete in diesem Recht beschnitten. Auch der Landkreis Ebersberg weist unserer Kenntnis nach keine Unterkunft vor, die dieser rechtlichen Verpflichtung konzeptuell Rechnung trägt", so der Verein in seiner Pressemitteilung.

Bei der Planung und Konzeptionierung der Unterkunft Am Ziegelstadel solle dies nun zwingend einfließen. Deshalb sollte nach Ansicht des Vereins die Belegungszahl der geplanten Unterkunft überdacht werden. "Wir fordern an dieser Stelle den Landrat dazu auf, diesbezüglich Gespräche mit der Regierung von Oberbayern zu führen. Wir verstehen Integration als einen wechselseitigen Prozess. Einerseits ist es wichtig, die Bevölkerung zum jetzigen Zeitpunkt vonseiten der Behörden transparent mit einzubeziehen. Andererseits sehen wir aber ebenso die Anwohner in der Pflicht offen und konstruktiv dazu beizutragen, Integration möglich zu machen", so Vorburg. Die Erfahrungen aus 2015 und dem Ukrainekrieg hätten gezeigt, dass Markt Schwaben immer noch eine offene Willkommenskultur lebe: "Wir sind überzeugt, dass Markt Schwaben auch diese Herausforderung schaffen wird."

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