Markt Schwaben:Wie geht es weiter mit dem Bürgerbegehren?

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Genügend Unterschriften konnten die beiden Vertreter der Bürgerinitiative "Burgerfeld wird Bürgerfeld", Stefan Geisser (links) und Michael Kuempfbeck (Mitte), Bürgermeister Stolze bereits übergeben. Wie geht es jetzt weiter? (Foto: Stephan Goerlich)

Genügend Unterschriften gegen eine Flüchtlingsunterkunft wurden bereits gesammelt. Jetzt werden die rechtlichen Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid geprüft. Allerdings ist zweifelhaft, ob ein solcher überhaupt etwas bewirken könnte.

Von Merlin Wassermann, Markt Schwaben

Markt Schwaben soll eine neue Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen Gelände der Atron GmbH in der Nähe der Wohnsiedlung am Burgerfeld bekommen. Dagegen hat sich Widerstand der Anwohner in Form der Bürgerinitiative "Burgerfeld wird Bürgerfeld" formiert. Am 24. Januar haben ihre Vertreter Stimmzettel mit 1809 Unterschriften an Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) übergeben. Wie geht es jetzt weiter mit dem Begehren? Kommt es womöglich zu der kuriosen Situation, dass zum Zeitpunkt eines Bürgerentscheids bereits Geflüchtete in der Unterkunft leben?

Sollte das Begehren vom Gemeinderat als zulässig erklärt werden, hätte dieser drei Monate Zeit, um den Entscheid vorzubereiten. Allerdings verweist Stolze darauf, dass es in Ausnahmefällen zulässig sei, diese drei Monate zu überschreiten. "Es ist denkbar, dass aufgrund logistischer Überlegungen die Abstimmung mit der Europawahl zusammengelegt wird", so der Bürgermeister. Diese findet in Deutschland am 9. Juni statt. Die Unterkunft soll bereits im Verlauf des zweiten Quartals 2024 bezogen werden. "Das ist aber alles noch spekulativ", so Stolze.

Die Frage, über die in dem Bürgerentscheid entschieden werden würde, findet sich auf der Website der Initiative: "Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Markt Schwaben planungsrechtliche Maßnahmen mit dem Ziel vornimmt, die ehemaligen ATRON-Gebäude Am Ziegelstadel 12 und 14 für andere Zwecke als für die Unterbringung von Flüchtlingen / Asylbegehrenden zu nutzen?"

Womöglich ist diese Fragestellung jedoch rechtlich dubios. Wilfried Schober, Pressesprecher des Bayerischen Gemeindetags, sagt, dass das Begehren vermutlich unzulässig sei, da eine "reine Verhinderungsplanung" in der ständigen Rechtsprechung nicht möglich sei. Könne der Gemeinderat nicht verhindern, dass Flüchtlinge in die Unterkunft einziehen, könne auch ein Bürgerbegehren daran nicht mehr viel ändern. Er hält die oben beschriebene Konstellation, dass es zur Abstimmung über eine bereits bestehende Unterkunft kommt, daher für unrealistisch.

1673 gültige Stimmen wurden gesammelt

Zunächst liegt das Begehren jedoch bei der Gemeinde und wird derzeit formell und materiell geprüft. Es geht darum, ob ausreichend Stimmen gesammelt wurden und ob die juristischen Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid gegeben sind.

Bürgermeister Stolze bestätigt, dass der erste Teil der Prüfung bereits abgeschlossen ist. "136 der Unterschriften waren ungültig, aus verschiedenen Gründen", sagt er. Es verblieben 1673 gültige Stimmen, womit die 881, die notwendig gewesen wären, weit übertroffen wurden.

Ob das Begehren zugelassen wird, dazu will Stolze noch keine Prognose wagen. "In der Prüfung kommen viele bauplanungsrechtliche Komplexitäten hoch", sagt er und verweist zudem darauf, dass die Gemeinde keine Vertragspartei sei und deswegen geklärt werden müsse, ob die Frage überhaupt in ihren Wirkungskreis falle.

Der Gemeinderat hat den Standort bereits abgelehnt - was also wäre der Mehrwert?

Sollte die Prüfung positiv ausfallen, würde das Begehren am 22. Februar dem Marktgemeinderat vorgelegt werden. Dieser hatte sich bereits am 18. Januar gegen den Standort ausgesprochen, würde das Begehren also vermutlich annehmen.

Sollte ein Bürgerentscheid stattfinden und dieser erfolgreich sein, hätte er den gleichen Stellenwert wie ein Gemeinderatsbeschluss. Da der Gemeinderat den Standort jedoch bereits abgelehnt hat - was wäre der Mehrwert des Entscheids? Michael Kümpfbeck, Mitinitiator und Vorsitzender der Initiative, verweist darauf, dass der Gemeinderatsbeschluss nicht explizit beinhalte, dass planungsrechtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen. Das Bürgerbegehren hingegen habe genau das zum Ziel und wirke somit ergänzend zum Gemeinderatsbeschluss. Mit planungsrechtlichen Maßnahmen der Gemeinde - etwa einer Veränderungssperre - könne eine andere Nutzung als eine Unterkunft für Asylbergehrende erwirkt werden.

Landrat Niedergesäß sagt, ihm seien rechtlich die Hände gebunden

Allerdings ist unklar, ob dies überhaupt eine Auswirkung hätte. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat in diesem Zusammenhang bereits auf den Paragrafen 246 des Baugesetzbuchs verwiesen, der die von der Initiative angestrebte Veränderungssperre, die von der Gemeinde erlassen werden könnte, aushebelt. Da der Mietvertrag im Namen der Regierung Oberbayern unterschrieben wurde, sei die Flüchtlingsunterkunft von der "Planungshoheit der Gemeinde ausgenommen", so der Landrat.

Michael Kümpfbeck zeigt sich davon unbeeindruckt. Er sagt, dass dieser Hinweis dem Landratsamt nur dazu diene, eine "Drohkulisse" aufzubauen. "Es müsste erst einmal überprüft werden, ob der Paragraf 246 greift." Das Ergebnis sei offen.

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