Lyrik aus Markt Schwaben:Pralinen fürs Ohr

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Markt Schwabens Altbürgermeister Bernhard Winter stellt in der Münchner Buchhandlung Michaelsbund seinen neuesten Gedichtband vor. (Foto: Moritz Rosen)

Bernhard Winter stellt bei einer Lesung seinen neuesten Gedichtband vor. Das Besondere: Das Buch ist in Zusammenarbeit mit Grundschulkindern entstanden und enthält daher "Futter für große und kleine Füchse".

Von Moritz Rosen, München/Markt Schwaben

Ist Lyrik nur etwas für ältere Menschen? Sind Gedichte langweilig und erinnern an auswendig lernen und lange Analysen in der Schule? Auch wenn sicherlich viele diese Fragen mit Ja beantworten würden, stellte Bernhard Winter das Gegenteil fest, als er gemeinsam mit Grundschulkindern seine Gedichte las. Dieses Erlebnis inspirierte ihn zum Verfassen seines neuesten Buches. "Sie lachen wo ich nicht: Futter für große und kleine Füchse". In ihm stehen über 60 kurze Texte, die mit Illustrationen der Künstlerin Miri Haddick verziert sind. Nun hat er das Buch bei einer Lesung in München vorgestellt.

Die nahe des Stachus gelegene Buchhandlung Michaelsbund, in der die Veranstaltung stattfindet, ist bis zum letzten Platz gefüllt. Obwohl die Temperaturen über 30 Grad liegen, sind an diesem Abend 50 Personen zur Lesung gekommen. Im großen länglichen Raum sind Stuhlreihen aufgestellt, an der Rückwand stehen eine Leinwand mitsamt einem Projektor und eine Harfe. Winter begrüßt die ankommenden Gäste und bemüht sich, für alle einen guten Platz zu finden.

Bayerns Kultusminister Michael Piazolo spricht ein Grußwort... (Foto: Moritz Rosen)
...der langjährige SPD-Fraktionschef im Landtag, Franz Maget, trägt ein Gedicht vor. (Foto: Moritz Rosen)

Nach einer Begrüßung von Winter, Franz Jentzsch, Mitarbeiter des Michaelsbundes und Stefan Liesenfeld vom Verlag Neue Stadt richtet der bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus, Michael Piazolo ein Grußwort an die Anwesenden. Er freue sich sehr, hier zu sein, "die Gedichte sind Pralinen fürs Ohr" und zitiert damit aus dem Vorwort, geschrieben vom Kabarettisten Gerhard Polt. Dieser wollte eigentlich auch kommen, aufgrund einer Erkältung war er jedoch verhindert. Stattdessen rezitiert der ehemalige Vizepräsident des bayerischen Landtags Franz Maget an seiner Stelle ein Gedicht.

Im Laufe des abwechslungsreichen Abends werden viele Texte aus dem Buch rezitiert, meistens von Winter selbst, jedoch auch von vielen geladenen Gästen. Darunter nicht nur der bereits erwähnte Maget, sondern auch Vorträge von weiteren Gästen, auch in anderen Sprachen, wie Schwäbisch, Türkisch und Finnisch. Da die Stücke recht kurz sind, dauert eine Rezitation meistens nicht länger als eine halbe Minute. Die Höhepunkte sind aber kurze Videos von Schulkindern, welche einzelne Gedichte vorspielen und dabei sowohl mit ihrer Stimme als auch ihrer Gestik arbeiten.

Die Gedichte entstanden im Zusammenwirken mit Grundschulkindern

Es waren diese Schülerinnen und Schüler, die Winter zum Verfassen des Buches inspirierten. Ursula Hinderer, Lehrerin an der Walther-Hensel-Schule, ist extra aus Göppingen angereist und berichtet, wie sie ihre Klassen unter ihrer Anleitung viel mit Lyrik beschäftigt. "Wir haben auch Gedichte von Herrn Winter gelesen, im Anschluss sollten die Kinder ihre Gedanken und Gefühle zu den Texten aufschreiben." Das Ergebnis habe sie dem Verfasser in Form eines schmalen Buches zugesandt, der daraufhin jeder Person einzeln antwortete. "Das war ein großartiges Erlebnis für die Klasse, besonders als Herr Winter uns dann noch persönlich besucht hat."

Bernhard Winter ist langjährig praktizierender Psychotherapeut, war von 2002 bis 2011 Bürgermeister Markt Schwabens und ist Veranstalter der "Sonntagsbegegnungen", bei denen seit mehr als 30 Jahren bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft zusammenkommen und miteinander diskutieren. Trotz dieser vielen Aufgaben verfasst Winter auch Lyrik. Während seiner Zeit als Bürgermeister habe er angefangen, in seinen Reden Gedichte zu zitieren, später fing er an, selbst Poesie zu verfassen.

Dem Autor ist es wichtig, dass seine Gedichte neben dem Klang auch eine Botschaft haben

Winter selbst sagt: "Ich schreibe keine Gedichte, sondern kurze klingende Texte, die eine Botschaft haben." Sein neuestes Buch gliedert sich in vier Kapitel: "Alles, was wehtut", "Alles, was sein kann", "Alles was losgeht" und "Was Wörter können, was Namen machen." Während der Rezitationen der Texte gibt Winter oft ein paar Worte zu ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung preis. Diese sind dabei vielfältig und reichen von einfallsreichen Wortspielen, über Botschaften von Integration und Erziehung bis hin zu ernsten Themen wie dem Tod und der Transplantation von Tierorganen in Menschen.

Das kurzweilige Programm endet mit einem schnellen Flamencostück der Schülerin Sophie Betzl an der Harfe. Im Anschluss kaufen sich viele der Anwesenden Ausgaben von Winters Büchern und lassen sich diese signieren. Oft bitten sie dabei um eine Widmung für ihre Kinder oder Enkelinnen und Enkel. Mit seinem Texten wolle er wirklich etwas verändern, erzählt er. Gerade dieses Buch, welches sich an junges wie altes Publikum richtet, solle zum kritischen Denken und Hinterfragen anregen. Dazu passt auch der kurze Text des letzten Gedichts, das per Video von dem jungen Konstantin lebhaft vorgetragen wird: "Nein. Doch!"

Das Buch "Sie lachen wo ich nicht: Futter für große und kleine Füchse", geschrieben von Bernhard Winter wurde im Verlag Neue Stadt veröffentlicht. ISBN: 978-3-7346-1320-3. Weitere Informationen über den Autoren, seiner Arbeit, sowie die Videos der Gedichtrezitationen der Schulkinder unter: https://www.winternetz.net/

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