Markt Schwabener Bahnhof:Warten ohne Fahrplan

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Der Zugang zu den Bahnsteigen ist derzeit nur über Treppen möglich. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. (Foto: Christian Endt)

Eigentlich sollte der Bahnhof Markt Schwaben schon 2019 barrierefrei ausgebaut werden. Doch die Maßnahme wurde verschoben - auf wann, ist völlig unklar. Jetzt fordern Politiker Antworten.

Von Barbara Mooser, Markt Schwaben

Verspätungen bei der Bahn sind keine Seltenheit. Meist gibt es aber immerhin irgendeinen Fahrplan, an dem sich ablesen lässt, wann es weitergehen könnte. Nicht so in Markt Schwaben: Der für 2019 angekündigte barrierefreie Ausbau des Bahnhofs wurde verschoben, und bis heute gibt es nicht einmal einen ungefähren Zeitplan, wann es wie weitergehen soll. Markt Schwabens Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) und der Ebersberger Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU) wollen nun Druck machen. "Die Perspektive fehlt, das ist einfach ärgerlich", sagt Lenz; fast wortgleich formuliert es sein Mitstreiter. Stolze hat nun einen vierseitigen Fragenkatalog an die Bahn geschickt, für die Antwort hat er eine Deadline bis zur Jahresmitte gestellt.

"Sehen Sie mir bitte diese Fristsetzung nach, aber wir brauchen zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger, also Ihrer Kunden und Fahrgäste, endlich die lang ersehnte Planungssicherheit. Nur auf diese Art und Weise kann zerstörtes Vertrauen wiederhergestellt werden", schreibt Stolze in seinem Brief an Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern. Dabei ist ihm klar, dass die Sache in Markt Schwaben kompliziert ist, denn es geht nicht nur um die Barrierefreiheit. Auslöser dafür, die Umbaupläne 2019 zunächst auf Eis zu legen, war die deutliche Erweiterung des Projekts ABS 38, das einen Ausbau der Strecke München - Mühldorf - Freilassing umfasst. Unter anderem soll dabei die Strecke zwischen Markt Schwaben und Ampfing auf eine Höchstgeschwindigkeit von 200 Kilometern pro Stunde ausgebaut werden. Das macht aber eine zusätzliche Brücke oder Unterführung notwendig. Auch ein zusätzlicher Bahnsteig ist geplant, die Grundlagen für den Erdinger Ringschluss und den Bahnbetrieb nach der Eröffnung der zweiten Stammstrecke müssen geschaffen werden, und ein viergleisiger Ausbau zwischen München und Markt Schwaben ist ebenso immer noch nicht vom Tisch. "Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass das ein komplexes Projekt ist. Aber das darf nicht die Entschuldigung dafür sein, dass gar nichts mehr geht", sagt Stolze, den inzwischen nervt, dass er den Bürgerinnen und Bürgern so gar keine Auskunft geben kann, wenn diese fragen, was denn nun mit dem Bahnhof passiert.

Vor allem interessiert die Markt Schwabener, wann auch Menschen mit Rollstuhl, Gehbehinderung oder etwa Kinderwagen endlich problemlos und ohne fremde Hilfe zu den Gleisen kommen können. Denn es gibt zwar Aufzüge, diese bringen die Bahnnutzer aber nur bis in die Unterführung unter den Gleisen. Zu den Bahnsteigen hoch führen hingegen nur Treppen. "Das Treppensteigen ist zahlreichen Menschen nur schwer oder gar nicht möglich. Hier bedarf es Abhilfe. Die Bahn ist gefordert, Perspektiven aufzuzeigen, notfalls mit Hilfe von Provisorien", unterstreicht Lenz. Es sei schlicht nicht vermittelbar, dass zunächst eine Zusage zurückgenommen werde und anschließend keine Perspektiven aufgezeigt würden, so der Abgeordnete. Auch auf seine Nachfrage konnte die Deutsche Bahn keine Zeitangabe machen, wann die Bürgerinnen und Bürgern am Bahnhof Markt Schwaben mit einem barrierefreien Zugang rechnen können.

Der Markt Schwabener Bürgermeister hofft, dass mit Lenz' Unterstützung in Berlin vielleicht doch etwas vorwärts geht. Antworten erhofft er sich nicht nur zur Barrierefreiheit, sondern auch zu vielen anderen Themenkomplexen. Auch Forderungen formuliert Michael Stolze in seinem Brief an die Bahn: Lärmschutzmaßnahmen wie bei einem Neubau etwa, schließlich werden die geplanten Maßnahmen "perspektivisch auch das gleisgebundene Verkehrsaufkommen in Markt Schwaben ganz enorm erhöhen", so die Prognose des Bürgermeisters.

Wie genau diese Erhöhung aussehen wird, auch darauf erhofft sich Stolze baldige Antworten; in seinem Brief fragt er unter anderem nach der Zuganzahl, der Durchfahrtsgeschwindigkeit, dem Antrieb der Züge und der Bremstechnologie. Offene Fragen gibt es aber auch bezüglich Bahnübergängen in Haus und Feichten, die im Zusammenhang mit dem Projekt ABS 38 aufgelassen werden sollen - was die Gemeinde gern verhindern würde.

Und natürlich geht es auch um ein Thema, das die Markt Schwabener jetzt schon stark beschäftigt und stört: "der desolate Zustand" des Bahnhofsgebäudes, wie es Stolze formuliert. Das Gebäude ist nicht nur heruntergekommen, bei Starkregen staut sich auch regelmäßig Wasser in der Unterführung. Der Zustand wirke sich "sehr negativ auf das Sicherheitsempfinden aller Fahrgäste aus", kritisiert der Bürgermeister. "Ich will mir gar kein Urteil anmaßen, welch erheblicher Vertrauensverlust gegenüber der Deutschen Bahn über die Jahre bereits entstanden ist und weiterhin stattfinden wird", merkt er an. In seinem Brief lädt er Josel auch zu einem Treffen samt Austausch nach Markt Schwaben ein: "Sehr gerne hole ich Sie persönlich am Bahnhof ab."

Die Bahn selbst hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass man mit allen Beteiligten die bestmögliche Lösung finden wolle, um alle Bahn-Projekte in und um Markt Schwaben "so gut und schnell wie möglich zu realisieren, ohne dass alle Umbauten in ein paar Jahren gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht werden müssten". Zudem sollten die Einschränkungen durch die Baumaßnahmen sowohl für die Fahrgäste als auch für die Anwohner so gering wie möglich gehalten werden.

© SZ vom 27.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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