Asylpolitik:"Populismus vor Menschenrecht"

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SPD, Grüne und FDP wollen die deutsche Asylpolitik grundlegend überarbeiten. Viele Punkte in dem Konzept stoßen bei den Hilfsvereinen jedoch auf heftige Kritik. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Tobias Vorburg von der Markt Schwabener Flüchtlingshilfsorganisation "Seite an Seite" übt in einem offenen Brief an die Landkreisvertreter der Ampelregierung scharfe Kritik an deren Asylpolitik.

Von Andreas Junkmann, Markt Schwaben

Es war im Spätsommer 2015, als in Markt Schwaben rund 340 Geflüchtete aus mehr als zehn verschiedenen Herkunftsländern angekommen sind. Damals war die Solidarität in der Bevölkerung noch groß - und aus dieser Bewegung heraus gründete sich schließlich auch der Hilfsverein "Seite an Seite", der sich seither für die Belange von Flüchtlingen einsetzt. Diese jahrelange Arbeit sieht Vorsitzender Tobias Vorburg nun aber von der Politik mit Füßen getreten. In einem offenen Brief an die Lokalvertreter der Ampelregierung äußert er jedenfalls deutliche Kritik an den jüngsten Asylbeschlüssen, über die er ein klares Urteil fällt: "Populismus vor Menschenrecht."

Konkret geht es Vorburg in dem Schreiben an Doris Rauscher (SPD), Martin Hagen (FDP) und Thomas von Sarnowski (Grüne) um die Gespräche, die Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich mit den Regierungschefs der Länder geführt hat und deren Ergebnis ein 15-seitiges Papier zur Ausgestaltung der künftigen Asylpolitik ist. Dessen Titel "Humanität und Ordnung" lasse vermuten, dass ein ernsthaftes Interesse darin bestehen würde, eine humanitäre Asylpolitik zu verfolgen, so Vorburg. "Leider lässt der Inhalt allerdings jegliche Humanität vermissen und ist aus unserer Sicht in Teilen verfassungs- und menschenrechtlich äußerst bedenklich."

Tobias Vorburg von "Seite an Seite" wünscht sich eine realistische Betrachtung und eine pragmatische Herangehensweise an die Situation. (Foto: Christian Endt)

Der Seite-an-Seite-Chef kritisiert vor allem die Pläne der Ampelregierung, die Sozialleistungen für Geflüchtete herabzusetzen. So soll künftig erst nach 36 Monaten, anstatt wie bisher nach 18 Monaten, der Bezug von Leistungen in Höhe des Sozialhilfeniveaus möglich sein. Dadurch, so Vorburg, würden Geflüchtete durch den politischen Willen dazu verdonnert, ein Leben unter dem Existenzminimum zu führen und seien von der regulären Gesundheitsversorgung ausgeschlossen.

"Völlig inakzeptabel" ist aus Vorburgs Sicht auch der beschlossene Prüfauftrag, ob Asylverfahren künftig in Transit- oder Drittstaaten abgewickelt werden können. "Somit machen sich die Parteien der Mitte brandgefährliche rechtspopulistische Forderungen zu eigen, mit der Folge, das Flüchtlingsrecht gänzlich auszuhebeln und Rechtspopulismus und Flüchtlingshetze zu legitimieren", so der Vorsitzende des Hilfsvereins, der Rauscher, Hagen und von Sarnowski persönlich in die Pflicht nimmt: "Wir fordern Sie daher in aller Deutlichkeit auf, in Ihre jeweiligen Parteien hineinzuwirken und den menschenverachtenden Plänen eine Absage zu erteilen." Stattdessen, so Vorburg, sollen sich SPD, Grüne und FDP auf das berufen, was die Grundlage einer Regierung ist: der Koalitionsvertrag.

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