Bürgerversammlung in Parsdorf:Der nächste Akt

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Der Durchgangsverkehr in Parsdorf ist ein stetes Ärgernis - der Bau einer Umgehung wird aber immer unwahrscheinlicher. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach zwei Jahren Pause geht es in der Alten Post wieder um Kommunalpolitik. Dabei sind einige Klassiker zu hören - einer davon vielleicht das letzte Mal.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Theateraufführungen folgen ja oft einer bekannten Dramaturgie, das erfahrene Publikum weiß also schon, womit ungefähr zu rechnen ist. Etwa, wenn die Brettlbühne zur Komödie "Da Haftlmacher" einlädt, die noch bis Ende Oktober im Saal der Alten Post in Parsdorf zu sehen ist. Oder ebendort am Mittwochabend, wo vor gleicher Kulisse ein anderes Stück über die Bühne ging: Die Bürgerversammlung für die Vaterstettener Ortschaften. Auch diese folgte der aus vergangenen Jahren bekannten Dramaturgie - vielleicht aber diesmal in der letzten Saison.

Wie beim Brettl gibt es auch bei der Bürgerversammlung bestimmte Konstanten, etwa den Auftritt eines mit Unterhaltungswert schimpfenden Charakters. Im Theater ist das meist eine kratzbürstige Tante oder ein grantiger Großvater - in Parsdorf übernimmt die Rolle seit Jahren Johann Gunszt, langjähriger Sprecher der Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung. Eines seiner Themen ist dabei stets, wie und ob es denn endlich mit der Verkehrsentlastung für den Ort weitergeht, schließlich verspreche man den Parsdorfern seit Jahren den Bau einer Umfahrung.

Der Bürgermeister räumt der Umfahrung keine guten Chancen mehr ein

Dieser kam früher in den Berichten aus den Fachbereichen des Rathauses meist ebenfalls vor - heuer indes war zum Umfahrungsbau in den ersten gut 70 Minuten der Versammlung nichts zu hören. Dass man überhaupt wenig bis gar nichts mehr von dem Vorhaben höre, darauf verwies dann auch Gunszt und äußerte den Verdacht, die Gemeinde habe das Projekt längst aufgegeben.

Dies sei nicht der Fall, so Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) - noch nicht. Dass bisher nichts bei der Straße vorangegangen sei, liege an den noch dagegen anhängigen Klagen. Laut Bauamtsleiterin Brigitte Littke sind von den ursprünglich acht Verfahren erst drei abgeschlossen. Wann der Rest entschieden werde, sei völlig offen, da inzwischen eine andere Kammer für das Verfahren zuständig sei und sich erst einarbeiten müsse.

Diese Verzögerung beim Genehmigungsverfahren für die Straße war auch im März bereits Thema im Hauptausschuss des Gemeinderates. Dadurch entgeht der Gemeinde ein Zuschuss von 4,5 Millionen Euro vom Investor des Gewerbegebietes Parsdorf II, der wäre bezahlt worden, wäre zumindest der östliche Teil der Straße bis kommendes Jahr benutzbar. Ganz von dem Projekt verabschieden wollte sich das Gremium damals zwar nicht - Geld ausgegeben, etwa für Planungen, wird dafür aber auch keines, das Projekt liegt quasi auf Eis.

Mehrere Teilnehmer fordern Verkehrsberuhigung an den Ortsdurchfahrten

Daran, dass man es erfolgreich wieder auftauen könne, äußerte der Bürgermeister nun in Parsdorf Zweifel. Er werde zwar den nach wie vor gültigen Gemeinderatsbeschluss zum Umgehungsbau umsetzen - allerdings werde sich das Gremium in absehbarer Zeit grundsätzlich mit der Straße befassen. "Irgendwann steht eine Entscheidung an", so Spitzauer, vielleicht noch heuer müssten die Gemeinderatsmitglieder darüber abstimmen, ob sie geschätzt 40 Millionen Euro - die Summe stammt noch aus der Zeit vor dem Ukraine-Krieg - in eine neue Straße investieren wollen. Dies vor dem Hintergrund, dass Vaterstetten gerade erneut den Einstieg in die Geothermie vorbereitet. Welche Investition Spitzauer selbst für sinnvoll hält, darüber ließ er die Anwesenden nicht im Unklaren: Das Geothermieprojekt sei nachhaltig und rentierlich, die Straße bringe dagegen nur Kosten.

Aber vielleicht auch mehr Sicherheit, monierten einige aus dem Publikum. Veronika Schwaiger aus Hergolding verwies auf die gefährliche Situation an den Ortsdurchfahrten, besonders für Kinder, Georg Hartmann aus Parsdorf forderte, wenn es schon keine Umgehung gebe, solle man die Straßen wenigstens irgendwie entschleunigen, etwa durch Kreisverkehre oder Schwellen. Dies, so Wirtschaftsförderer Georg Kast, sei der Gemeinde nicht möglich, da es sich um Kreisstraßen handele. Man könne daher lediglich beim Landkreis anfragen - allerdings mit überschaubaren Erfolgsaussichten.

Die Sanierung des ehemaligen Parsdorfer Rathauses verläuft für manche im Ort nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aussichten anderer Art waren ebenfalls noch Thema, es ging um das ehemalige Rathaus in Parsdorf, das derzeit saniert und zu einem Wohnhaus umgebaut wird. Abgesehen davon, dass diese Umbauten inzwischen ähnlich lange dauerten, wie der Berliner Flughafen, so Gunszt, frage er sich, warum man auf das Gebäude so ein "greisliges Blechdach" setzen musste, noch dazu mit hohen Gauben versehen, die ihn an "Klohäuschen auf dem Dach" erinnerten. Außerdem, ergänzte Konrad Rauch, blende das Blechdach die Verkehrsteilnehmer.

Ralf Schloemilch vom Bauamt verwies darauf, dass es einen großen Wunsch bei den Parsdorfern gegeben hatte, das alte Gebäude zu erhalten -was diese mit dem Zwischenruf "aber doch nicht so" quittierten. Die Gestaltung sei das Ergebnis eines Architekten-Wettbewerbs, auch aus Parsdorf seien Jury-Mitglieder dabei gewesen. Die nun allerdings auf Abweichungen zwischen dem Entwurf und der Ausführung verwiesen - das Blechdach sei komplett untypisch für das Ortsbild. Zumindest dessen Blendwirkung werde aber bald vorbei sein, versicherte Schloemilch, das Dach dunkle mit der Zeit nach.

Die Kunden der drei Schnellimbisse in Parsdorf hinterlassen ihren Müll überall

Optische Beeinträchtigungen beklagte auch Renate Hessel aus Parsdorf: Die Abfälle, welche die Kunden der mittlerweile drei Schnellimbisse im Gewerbegebiet überall hinterließen, "das flackt überall rum". Das Problem sei im Rathaus bekannt, auch der Betreiber des Supermarktes habe sich schon über die Vermüllung beschwert, so Spitzauer: "Wir haben sie auch schon mal angeschrieben, die Systemgastronomen, und werden es nochmal machen."

Ganz neue Charaktere im Bürgerversammlungs-Stück ließ dann noch Johann Gunszt auftreten. Er bemängelte die Gestaltung der Ausgleichsflächen für das neue Gewerbegebiet. Diese seien zwar als Naherholungsgebiet für die Parsdorfer angepriesen worden aber dafür zu weit vom Ort entfernt. Und die entstandenen "Steinwüsten" lüden auch nicht gerade zum Spazieren ein: "Da könnte man höchstens Wüstenspringmäuse hinsetzen."

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