Lesestoff made in Ebersberg:Ein Dino, eine Elfe und 25 Klassen

Lesezeit: 3 min

Die Lehrerin Heidrun Lick und die Grafikerin Marie-Theres Reisser haben ein außergewöhnliches Projekt angestoßen: Zehn Schulen im Landkreis zeichnen für ein gemeinsames Buch.

Von Alexandra Leuthner

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(Foto: Privat)

Heidrun Lick gestaltete das Kinderbuch Fabsi und Trixi...

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...in Zusammenarbeit mit Ebersberger Schülerinnen und Schülern.

Dicke Freunde sind sie, Fabsi und Trixi, und dabei könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Oder wer hat schon mal einen Dinosaurier gesehen, der mit einer Elfe durchs Land zieht? Na ja, könnte jetzt einer sagen, wer hat überhaupt schon mal eine Elfe gesehen? Dinosaurier sind auch eher selten unterwegs, aber egal: Die beiden sind die Hauptfiguren eines Kinderbuchs, und Kinder sehen die Welt ohnehin mit anderen Augen. Da kann es schon sein, dass auch mal das eine oder andere Fabelwesen daherkommt.

Weil das so ist, weil Kinder die Fähigkeit haben, Dinge zu sehen, an denen wir Erwachsenen einfach vorbeigehen - so ein Stein ist ein Stein und schließlich nur ein Stein -, haben die Lehrerin Heidrun Lick und die Grafikdesignerin Marie-Theres Reisser ein ganz besonderes Projekt gestartet: ein Kinderbuch, das von Kindern für Kinder gezeichnet wird. Die Geschichte dazu hat sich Lick ausgedacht. Sie unterrichtet an der Grundschule Steinhöring und hat einen sechsjährigen Sohn. Und weil der sich so gern vorlesen lässt - und sie ihm gerne vorliest - hat sie irgendwann selbst zu schreiben begonnen. Bücher, Literatur, das alles habe sie immer schon interessiert, als Grundschullehrerin allerdings komme sie nicht allzu oft dazu, dieser Leidenschaft zu frönen. Und so ist ihr die Idee von der Elfe Trixi eingefallen, die in die Welt hinauszieht und den Drachen Fabsi kennenlernt. Ein eifersüchtiger Vampir spielt auch noch eine Rolle, und eine Höhle, aus der die Freunde entkommen müssen. Es gibt Unwetter, einen Zauberwald, umstürzende Bäume, kurzum, eine richtige Abenteuergeschichte ist da entstanden, seit Lick 2019 angefangen hat, immer wieder kurze Passagen zu notieren, die sie zuletzt zu einer 70-seitigen Geschichte zusammengefügt hat. Die hat sie ihrer Freundin Marie-Theres Reisser gezeigt - und die war begeistert.

Die Spinne wurde erst mit Bleistift gezeichnet und dann koloriert. (Foto: Privat)

Die Zornedingerin hat ein Büro für Design in München, in dem sie unter anderem Bücher verlegt - und hatte wohl deshalb auch gleich das Gesamtkunstwerk im Kopf: ein Buch mit Bildern, gezeichnet von Kindern. Die Kontakte zu den Schulen hatte Heidrun Lick, die zur Einführung der ersten Kombi-Klassen vor einigen Jahren als Multiplikatorin unterwegs war und an einer Unterrichtsmappe für Lehrkräfte zum Thema "Schreibenlernen" mitgewirkt hat.

Also hat sie im September eine Menge Briefe geschrieben an Schulen im Landkreis Ebersberg, und aus den dreien, die sich zunächst gemeldet haben, sind mittlerweile zehn geworden, die sich an dem Projekt beteiligen. Die Grundschulen Ebersberg, Steinhöring, Frauenneuharting, Moosach/Alxing, Glonn/Antholing und Kirchseeon sind dabei, sowie die Freie Schule Glonntal, das Gymnasium Kirchseeon, das Sonderpädagogische Förderzentrum Poing (Seerosenschule) und der Ebersberger Kindergarten "Die Arche".

Aus dem Vorhaben, hinter dem neben dem Wunsch, die kindliche Fantasie zu fördern und zum Lesen anzuregen, auch der Inklusionsgedanke steht, sei inzwischen ein "coronabedingtes Langzeitprojekt" geworden, sagt Lick. In der Zeit des Distanzunterrichts hätten die beteiligten Lehrer ihren Schülern aus dem Buch vorgelesen, "gerne freitags, zur Belohnung", erzählt sie, und auf Grundlage der Geschichte konnten die Kinder dann anfangen zu zeichnen. Einige der Bilder haben Lick und Reisser schon gesehen, "und es ist wirklich unglaublich, wie toll auch schon Erstklässler malen können". Ursprünglich sei angedacht gewesen, die Kinder die Hauptcharaktere nicht zeichnen zu lassen, "aber sie haben das so toll gemacht. Und sie wollen natürlich auch gerade diese Figuren malen", erzählt Lick.

Heidrun Lick (links) hat die Geschichte um Fabsi und Trixi geschrieben, Marie-Theres Reisser die grafische Gestaltung übernommen. (Foto: Christian Endt)

Bis zu den Sommerferien haben die Schüler aus 25 Klassen noch Zeit, dann werden die Bilder eingesammelt, um die 200 werden es wohl sein - "eine Heidenarbeit für Heidrun", bemerkt ihre Freundin. Eine Jury, in der neben Lick und Reisser die Illustratorin Caro Dendorfer und zwei Grafiker sitzen sollen, wird dann diejenigen aussuchen, die das Buch illustrieren dürfen - wobei sie sich schon wünsche, dass wirklich alle Kinder sich an irgendeiner Stelle im Buch wiederfinden, erklärt Reisser. "Wie bei einem Wimmelbuch, wo sie sich suchen können."

Vorgegeben ist dabei nur, dass die Kinder schwarz-weiß zeichnen müssen, weil Illustratorin Dendorfer, die auch die Hauptfiguren entworfen hat, die Zeichnungen für den Druck dann so teilcoloriert, dass sie ins Gesamtbild passen. Einige Flächen allerdings sollen frei bleiben, damit die fertigen Bücher von ihren jungen Besitzern zu Ende gemalt werden können. Eine Art interaktives Kunstwerk also, das lauter absolut individuelle Einzelstücke hervorbringt. "Uns ist dabei wichtig, dass es sich nicht um ein klassisches Malbuch handelt", erklärte Marie-Theres Reisser, vielmehr sei es "ein Lesebuch zum Weitergestalten". Die Geschichte - für die Heidrun Lick bereits einen zweiten Teil im Kopf hat - solle im Vordergrund stehen, und je nach Alter der künftigen Käufer werde das Hauptaugenmerk wohl entweder eher auf dem Lesen oder auf dem Malen liegen.

Im August wird im Designstudio Reisser gelayoutet, Ende des Jahres soll das Buch erscheinen. Zunächst in einer Auflage von etwa 500 Stück. Danach wolle man weitersehen, eventuell einen Kinderbuchverlag suchen - und vielleicht sogar Sponsoren wie den Landkreis oder den Freistaat, sagt Reisser, die als Verlagsfrau natürlich auch auf die Finanzierbarkeit des Projekts schauen muss. Bisher haben die beiden Freundinnen alles selbst bezahlt.

© SZ vom 08.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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