Bildung im Landkreis Ebersberg:Vorläufiges Aus für Vorzeigeprojekt

Lesezeit: 3 min

Wohin geht's zur Fachakademie? Eigentlich sollte die Einrichtung schon im Herbst im Berufsbildungswerk St. Zeno ihren Betrieb aufnehmen. Doch damit wird es nichts. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Fachakademie für Sozialpädagogik im Berufsbildungswerk St. Zeno kann nicht im Herbst starten. Es fehlt an geeigneten Räumen, zudem ist die Finanzierung zusammengebrochen.

Von Barbara Mooser, Ebersberg/Kirchseeon

Als "Glücksfall" für den Landkreis Ebersberg hat Landrat Robert Niedergesäß (CSU), das Projekt noch vor einem halben Jahr beschrieben - Widerspruch gab es dabei von keiner Seite im Kreistag: Alle waren sich einig, dass es eine sehr gute Sache ist, wenn im Landkreis zeitnah eine Fachakademie für Sozialpädagogik entsteht. In einer derartigen Einrichtung wird schließlich qualifiziertes Personal für Kindertagesstätten ausgebildet, das überall dringend benötigt wird. Doch damit wird es nichts - zumindest vorerst. Für einen Start der Akademie im Berufsbildungswerk St. Zeno in Kirchseeon fehlt es vor allem an einem: viel Geld.

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Das Bedauern darüber ist bei der Johanniter-Unfall-Hilfe, die die Trägerschaft für die Einrichtung übernehmen wollte, groß. "Es ist sehr traurig und schade, leider ist es angesichts mehrerer K.O.-Kriterien nicht machbar", so Gerhard Bieber, Sprecher der Johanniter.

Der Landkreis darf das Defizit nicht ausgleichen

Da waren zum einen die Räume: Eigentlich waren die Johanniter davon ausgegangen, vorhandene Unterrichtsräume im Berufsbildungswerk St. Zeno nutzen zu können. Es habe sich allerdings herausgestellt, dass diese Räume für die Stiftung zweckgebunden seien - sie also nicht einfach vermietet werden können. Zwar hatte St. Zeno eine Werkhalle als Ausweichoption angeboten - deren Umbau für die Fachakademie hätte allerdings 1,8 Millionen Euro gekostet. Zudem hätte der Vermieter dafür auch einen Kredit aufnehmen müssen, was weitere Finanzierungskosten bedeutet hätte. Somit hätten sich die Mietkosten laut Bieber dauerhaft verdoppelt, das könnten die Johanniter als Träger so nicht stemmen.

Doch das ist nicht das einzige Problem: Auch die Zusammenarbeit mit dem Landkreis klappt nicht wie geplant, was ein weiteres Loch in der Kalkulation bedeutet. Denn eigentlich wollte der Landkreis eine Defizitförderung für die ersten fünf Jahre von knapp 1,5 Millionen Euro beisteuern - doch das ist nicht erlaubt. Ein entsprechendes Rechtsgutachten hatte ergeben, dass Landkreis Zuschüsse dieser Art nicht leisten darf.

Der Landkreis hatte den Zuschuss beitragen wollen, weil es für neue Schulen eine gewisse Bewährungsfrist gibt: In den ersten fünf Jahren fließen noch nicht alle staatlichen Zuschüsse, die eine etablierte Schule erhält. Dass die Johanniter diese Lücke nicht allein würden füllen können, hatten diese von Anfang an betont. Daran hat sich nichts geändert, vor allem vor dem Hintergrund, das das Geld ja auch woanders fehlt: "Es wäre eine tolle Chance gewesen, wir bedauern, dass sie nicht ergriffen werden kann", so Gerhard Bieber von den Johannitern. Schließlich sei der Bedarf von qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern sehr groß, und die Johanniter brächten die Erfahrung aus anderen Ausbildungsstätten in Deutschland mit.

Jetzt soll es eine staatliche Schule werden

In den vergangenen Monaten hatte die Johanniter-Unfall-Hilfe bereits Unterrichtskonzepte der Johanniter-Akademien, bei denen bereits an mehreren Standorten in Deutschland Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet werden, für eine Fachakademie in Kirchseeon angepasst, einen Schulantrag bei der Regierung von Oberbayern gestellt und Lehrpersonal gesucht. Umsonst, wie es nun aussieht.

Der Landkreis verfolgt das Projekt indes weiter - nun soll es eben eine staatliche Schule werden, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Die Einrichtung einer staatlichen Fachakademie war bereits vom Landkreis geplant und beschlossen, noch bevor die Johanniter zusammen mit der Gemeinde Kirchseeon auf den Landkreis zukamen. Auch gab es hier bereits grundsätzliche Zusagen aus dem Kultusministerium, heißt es aus dem Landratsamt, allerdings erst dann, wenn die Berufsfachschule für Kinderpflege zwei Jahre am Netz ist. Die Berufsfachschule öffnet wie geplant im September 2023 ihre Pforten. "Der Antrag für die staatliche Fachakademie - wenn auch leider mit zeitlicher Verzögerung - ist bereits in Vorbereitung und wird das Kultusministerium in wenigen Tagen erreichen", kündigt der Landrat an.

Über die aktuelle Entwicklung zeigt sich Landrat Robert Niedergesäß enttäuscht: "Dass sich das wichtige Projekt Fachakademie für Sozialpädagogik in Kirchseeon mit der Johanniter-Unfall-Hilfe als Träger nicht wie geplant schon im September dieses Jahres verwirklichen lässt, ist keine gute Nachricht für den Landkreis. Wenn aber die Finanzierung nicht sichergestellt ist, weil - aus welchen Gründen auch immer - eine deutliche Kostensteigerung abzusehen ist, ist nachzuvollziehen und zu respektieren, dass der Träger nicht einfach weitermacht. Mit der Finanzierung steht und fällt ein solches Projekt. Aus der Sicht des Landkreises ist aufgeschoben, aber sicher nicht aufgehoben!" Es sei dringend notwendig, Fachkräfte für Kindertagesstätten im Landkreis auszubilden. Der Fachkräftemangel in dieser Berufssparte sei enorm. Deshalb verfolge der Landkreis Ebersberg nun eben die Errichtung einer staatlichen Fachakademie für Sozialpädagogik am gleichen Standort.

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