Mitten in Ebersberg:Zum Seufzen fehlt die Luft

Lesezeit: 2 min

Wer schlafen will, muss atmen können - doch das ist bei starkem Pollenflug oft gar nicht so leicht. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Atme und die Welt atmet mit dir. Habe mitten in der Nacht eine verstopfte Nase und du hast sie allein.

Glosse von Merlin Wassermann, Ebersberg

Der Versuch, trotz Heuschnupfen zu schlafen. Eine laue Juni-Nacht, inklusive Pollenflug, Gräser, besonders schlimm. Schlafenszeit, doch der Schlaf kommt nicht. Wer essen will, muss arbeiten. Wer schlafen will, muss atmen. Letzteres gestaltet sich jedes Jahr - überraschend! - wieder schwierig. Die Nebenhöhlen sind blockierter als die Ampel, aber nur im Liegen. Es wirkt wie Hohn.

Blick auf den Wecker: 00.45 Uhr. Zum Seufzen fehlt die Luft. Licht an, Augen zu, halb blind durch die Wohnung torkeln. Wo ist das Zeug? Cetirizin einschmeißen, mit anti-allergischem Nasenspray runterspülen, der bittere Geschmack auf der Zunge. Warten. Warten. Warten. Nochmal hinlegen, probehalber, doch wissend, dass es nicht klappen wird. Es klappt nicht.

Wieder aufstehen, Zeit für Hausmittel. Man nehme: Einen halben Esslöffel Senf - extra scharf - und ein Stoßgebet. Stechen, Brennen, Tränen, aber der Teufel scheint heute stärker. Die Dosis erhöhen? Lieber nicht...

Stattdessen die Mentholcreme rauskramen. Zögern. Wie nah an die Nasenlöcher? Nah, sehr nah... Zu nah, das Stechen ist schlimmer als beim Senf. Wieso ist der Mensch seinem Körper so ausgeliefert? Blick in den Spiegel: Eine Schnapsnase, ganz klar, übel gelaunt noch dazu.

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Den Laptop an, irgendwas muss es doch geben. Eine Youtube-Anleitung, "einfache Tricks, schnelle Wirkung!" Not macht leichtgläubig. Den Daumen ins Jochbein drücken, gleichzeitig am Ohr ziehen, um die Eustachi-Röhre und "sekundenschnellen" Ablauf zu stimulieren. Effekt: Nicht nur die Nase, das ganze Gesicht schmerzt jetzt. Vielleicht hilft der andere Trick, ein "Hirnreflex": Nase zuhalten, Kopf nach hinten legen, Luft anhalten. Für zwei Sekunden scheint es etwas gebracht zu haben. Dann die Ernüchterung, gefolgt von Frustration.

Erneuter Blick auf den Wecker: 1.15 Uhr morgens. Wie langsam die Zeit vergeht, wenn man sich nicht amüsiert. Optionen: Die Nacht einfach durchmachen? Der nächste Tag würde die Hölle 2.0. Im Sitzen schlafen? Einen Versuch ist es wert. Decken und Kissen an die Wand stapeln, eine halbwegs bequeme Position suchen. Es gibt sie nicht.

Drastischere Maßnahmen werden angedacht: Das Krankenhaus auf der anderen Straßenseite? Wer wird schon gerne ausgelacht. Es hilft nichts, der Apothekennotdienst muss ran. Mit dem Fahrrad ist die nächste eine Viertelstunde entfernt. Wenn man eh schon wach ist...

Mit Fahrtwind wirkt die Nacht nicht mehr lau, eher kühl, kalt sogar, kalt und abweisend. Immerhin zählen Ampeln nicht viel, die Straßen sind leer, die Stadt schläft den Schlaf der Gerechten. Den Neid wegstrampeln. Ankunft: Drei Minuten schneller als bei Google Maps. Immerhin. Ein Druck auf die Nachtklingel, irgendwo weit weg läutet es. Es erscheint ein verschlafener, missmutiger Engel. Zehn Euro für das Spray! Hundert wären nicht zu viel gewesen. Sofort auspacken, die Chemie ätzt sich wohltuend in den Kopf.

Auf dem Rückweg dann das erlösende Gefühl: Panta Rhei, alles fließt, wie der weise Heraklit sagte. Die darauf folgenden Niesattacken sind der Preis, der für den Sieg gezahlt werden muss.

Um 2.00 Uhr endlich zurück im Bett. Die Moral von der Geschicht? Die Nase atmet nicht nur Luft, sondern auch Träume.

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