Mitten in Ebersberg:Fax von Macheath

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Unerwünschte Werbung ist oft lästig - manchmal kann sie aber auch ganz unterhaltsam sein. Etwa jene aus dem mysteriösen Fax-Warenhaus.

Glosse von Wieland Bögel

An dieser Stelle ist schon gelegentlich über das Phänomen des Fax-Spam berichtet worden. Zur Erklärung an jüngere Leser sei erläutert, ein Faxgerät ist eine Art frühzeitlicher Messenger-Dienst, der die Nachrichten auf etwas präsentiert, das man Papier nennt. Weitere Fragen dazu beantworten Wikipedia, Historiker oder die Großeltern. Dieses Papier wird jedenfalls im Idealfall mit Wissenswertem bedruckt oder mit Interessantem, Lustigem - oder eben mit Werbung, und da sind wir auch schon beim Thema Fax-Spam.

Tatsächlich scheinen unverlangt zugesandte Produktpräsentationen mittlerweile fast das Einzige zu sein, was das Bürofax noch ausspuckt - Wissenswertes und Interessantes ist indes trotzdem noch dabei. Der Anbieter, der keine Geschäftsadresse angibt, ausweislich seiner Vorwahl aber in den Niederlanden ansässig ist, bietet stets ein interessantes Sammelsurium an Waren feil, deren einzige Gemeinsamkeit ist, dass sie nichts gemeinsam haben. An einem Tag gibt es Büromöbel, am nächsten Werkzeuge, Haushaltszubehör, diverse Dekoartikel oder jahreszeitlich angepasste Bereifung. Ein bisschen erinnert das - ohne dem Händler etwas unterstellen zu wollen - an das berühmt-berüchtigte Warenhaus, das der ebenso berühmt-berüchtigte Macheath aus Brechts Dreigroschenoper betreibt und dort bekanntlich Sachen feilbietet, die zuvor nicht immer auf gentlemanlike Art und Weise den Besitzer gewechselt haben.

Daneben gibt es im Fax-Spam-Warenhaus aber auch stets Dinge, die gewisse Rückschlüsse auf den Zeitgeist zulassen. Klassiker sind Produkte, die sich vielleicht mit der Bezeichnung "Freie-Fahrt-für-Freie-Bürger-Sachen" umschreiben lassen. Etwa Geräte, die vor Radarkontrollen warnen sollen oder spezielle Folien, die Nummernschilder garantiert blitzerabweisend machen sollen. Alles Dinge also, bei denen die Nennung einer Geschäftsadresse - zumal eine im Inland - möglicherweise Unstimmigkeiten mit der hiesigen Rechtspflege nach sich ziehen könnte.

Aber auch auf aktuelle Bedrohungen - neben der lästigen Blitzerei am Straßenrand - nimmt der holländische Macheath mit seinem scheinbar nur in den Untiefen des Faxnetzes existierenden Warenhaus Bezug. Als es mit Corona losging, hatte er plötzlich Masken in allen Sorten und Größen sowie Desinfektionsmittel im Angebot. Und nun, wo sich alle Sorgen machen, ob die Energie noch reicht, gibt es das Rundum-Sorglos-Notstromaggregat - unter dem wirklich unschlagbaren Slogan "immer Strom im Haus", denn wer wollte das nicht. Ganze 13 Stunden hält das Gerät mit einer Tankfüllung von 15 Litern durch, das Motto lautet hier "Günstiger Benzinpreis - Günstiger Betrieb".

Benzin zum Schleuderpreis ist bei genauerem Hinsehen allerdings nicht im Angebot enthalten - oder zumindest noch nicht. Aber Augen auf: vielleicht eröffnet Macheath ja bald eine Tankstelle in der Gegend ...

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