Amtsgericht Ebersberg:Grobe Kommentare

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Wegen Beleidigungen und Hetze im Internet muss ein 58-Jähriger eine hohe Geldstrafe bezahlen. Der Mann zeigt sich reuig.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Schweigen ist ja bekanntlich Gold, aber auch die Enthaltsamkeit von schriftlicher Kommunikation kann ein geldwerter Vorteil sein. Was ein 58-Jähriger aus dem westlichen Landkreis im vergangenen Jahr indes nicht berücksichtigt hatte - und das wird nun richtig teuer. Einige sehr drastische Beiträge im Internet brachten ihm nun wegen Beleidigung und Volksverhetzung eine Strafe von 11 550 Euro ein.

Die nun angeklagten Taten ereigneten sich im vergangenen Jahr im beginnenden Bundestagswahlkampf. Binnen zweier Wochen im Mai 2021 veröffentlichte der 58-Jährige auf einer Social-Media-Plattform mehrere Kommentare, in denen er unter anderem die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel beleidigte. Außerdem forderte er mehrmals, alle Moslems - für die er indes andere Bezeichnungen verwendete - aus Deutschland abzuschieben, wörtlich solle man diese "alle in einen Flieger stecken und über deren Heimat abwerfen". Denn die seien alles Terroristen und Vergewaltiger. Auch darüber, welche politische Kraft er für solche Aktionen für geeignet hielt, ließt der nun Angeklagte seine Leserschaft nicht im Unklaren: mit "darum AfD" endeten mehrere seiner Kommentare.

Er habe sich von anderen aufhetzen lassen, erklärt der Angeklagte sein Verhalten

Vor Gericht räumte der 58-Jährige unumwunden ein, damals diese Sprüche im Internet getätigt zu haben. Heute könne er sich gar nicht mehr erklären, wieso er sich zu "so einem Schmarrn" habe hinreißen lassen, so der Angeklagte. Er sei eigentlich niemand, der andere beleidige und beschimpfe, "das ist gar nicht mein Naturell". Irgendwie habe er sich von den anderen Kommentaren auf der Plattform aufwiegeln und mitreißen lassen. Er habe zudem weder vor, noch nach den nun angeklagten Kommentaren andere Beiträge dieser Art veröffentlicht, auf Social-Media-Plattformen sei er zudem auch seit mehr als einem Jahr nicht mehr unterwegs.

Sein Verteidiger verwies darauf, dass der Angeklagte zudem nicht aus eigenem Antrieb die unzweifelhaft als Beleidigung und Volksverhetzung einzustufenden Beiträge erstellt habe, sondern als Reaktion auf andere Kommentare. Dies solle das Gericht - neben dem Geständnis und der offensichtlichen Reue des 58-Jährigen - strafmildernd werten. Schließlich, so der Advokat, habe der Angeklagte mit seinen Beiträgen wohl niemanden aufgehetzt, da die anderen Teilnehmer der Internetdebatte ja bereits ähnliche Meinungen vertreten hätten wie sein Mandant damals.

Reue und Einsicht sieht auch die Richterin, deshalb gibt es keine Haftstrafe

Dass man dem Angeklagten seine Reue durchaus glauben könne, hielt ihm auch die Staatsanwältin zugute. Er habe "den Unrechtsgehalt" seiner Beiträge erkannt und es sei davon auszugehen, dass er Ähnliches nicht mehr veröffentlichen werde. Ebenfalls zugunsten des Angeklagten spreche, dass die Taten schon gut eineinhalb Jahre her sind und der Mann nicht vorbestraft ist. Allerdings seien die Beleidigungen und Hetzreden schon von gröberer Art, die Anklagevertreterin ordnete sie in "einen höheren Rahmen" ein. Zudem seien die Sprüche eben nicht in kleiner Runde gefallen, sondern hätten durch das Internet eine erhebliche Reichweite erfahren.

Darauf verwies auch Richterin Vera Hörauf in ihrem Urteil. Das Argument des Verteidigers, die Beiträge seien in einer Filterblase geschrieben worden, wo ohnehin alle der gleichen Meinung waren, werde ausgerechnet durch den Fall des Angeklagten selbst entwertet: Dieser habe ja ausdrücklich gesagt, dass er sich von anderen Kommentaren habe anstacheln lassen - genau diesen Effekt hätten die Beiträge des 58-Jährigen auf andere Leute ebenfalls haben können. Einsicht und Reue bescheinigte die Vorsitzende dem Angeklagten ebenfalls. Daher sei eine Geldstrafe angemessen, die allerdings hoch ausfiel: 210 Tagessätze zu je 55 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig.

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