Amtsgericht Ebersberg:Unter Brüdern

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Zwei nachhaltig zerstrittene Landwirtssöhne beschäftigen die Justiz, es geht um Drohungen, Beleidigungen und Löcher in Motorradreifen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dass es unter Brüdern nicht immer brüderlich zugeht, wussten schon die Verfasser solch zeitloser Geschwisterdramen wie Kain und Abel oder Romulus und Remus. Ganz so weit ist es im Fall von zwei Söhnen eines Landwirts aus dem südlichen Landkreis zwar noch nicht - Morddrohungen und Tätlichkeiten sollen zwischen dem 24- und dem 27-Jährigen aber schon ausgetauscht worden sein. Nun saß der jüngere der beiden vor dem Amtsgericht, er soll das Motorrad seines Bruders beschädigt und diesen außerdem erheblich beleidigt haben. Dafür hätte er per Strafbefehl 3000 Euro zahlen sollen, wogegen er aber Einspruch einlegte.

Die Rahmenhandlung, die zu der mutmaßlichen Reifenstecherei des Jüngeren führte, schilderten die beiden Brüder noch weitgehend ähnlich - wenn auch mit sehr unterschiedlichen Details. Der angeklagte jüngere Bruder sagte vor Gericht, er habe lediglich die Reifen an seinem Auto wechseln und dazu die Hebebühne am elterlichen Hof, wo er schon vor einiger Zeit ausgezogen ist, nutzen wollen. Mit der Mutter sei alles abgesprochen gewesen - aber sein großer Bruder habe das Werkzeug versteckt.

Die Brüder streiten schon lange, derzeit geht es um das väterliche Erbe

Als der jüngere Bruder den älteren danach fragte, sei es zum Streit gekommen, so der Angeklagte. Die ihm vorgeworfenen Worte - unter anderem soll er dem Bruder gesagt haben, der gehöre geschlagen und abgestochen - seien aber nicht gefallen. Stattdessen habe er schon wegfahren wollen, so der Jüngere, da habe ihm der 27-Jährige das Werkzeug vor die Füße geknallt. Er, so der Angeklagte, sei dann aber - wie er zugab sehr schnell - aus der Werkstatt und vom Hof gefahren.

Letzteres bestätigte auch der große Bruder - allerdings habe der Angeklagte dabei noch herumgeschrien, dass man ihn auf dem Hof nie mehr wiedersehen werde. Den Streit ums Werkzeug bestätigte der Bruder ebenfalls - allerdings habe sich der Jüngere dabei "recht aufgeführt", wüste Schimpfwörter gegen ihn und die Mutter gebraucht, obwohl die es war, die den Älteren überzeugte, dem Jüngeren doch das Werkzeug auszuhändigen. Übrigens habe er bei der Polizei ausdrücklich keine Anzeige wegen Beleidigung gestellt, so der Zeuge, das wolle er auch weiterhin nicht. Es gehe ihm nur um die Sachbeschädigung am Motorrad.

Dies, so der große Bruder, habe er erst einen Tag vor dem Streit mit dem Angeklagten bekommen, als er zwei Tage nach dem Vorfall damit fahren wollte, sei der Vorderreifen platt gewesen. Er habe den Schaden untersucht und auch dokumentiert: vier Einstiche mit einem kleinen Messer. Für den Zeugen klar ein Racheakt des kleinen Bruders, der habe ohnehin schon immer ein Faible für Messer gehabt.

Laut Familiengericht muss sich der jüngere vom älteren Bruder fernhalten

Der wiederum bezichtigte seinen Bruder, selbst den Reifen kaputtgemacht zu haben, um ihm etwas anzuhängen. Das habe er schon immer so gemacht, so der Angeklagte, außerdem sei der ältere sauer, weil der jüngere Bruder um das Erbe des Vaters prozessiere. So sei es einige Zeit vor dem nun verhandelten Vorgang zu einer Schlägerei zwischen den Brüdern gekommen - die habe der ältere angefangen und als sich der jüngere gewehrt habe, sei dieser angezeigt worden wegen Körperverletzung. Nur weil es Zeugen gab, so der Angeklagte, wurde die Sache eingestellt.

Zumindest vom Strafgericht. Das Familiengericht dagegen bewilligte dem älteren Bruder einen Beschluss, wonach der jüngere sich von ihm fernhalten müsse. Als Begründung wurde unter anderem die Verletzung bei der Schlägerei, diverse Drohungen und Beschimpfungen in einem Chat und die nun verhandelte Sache mit dem Motorradreifen angegeben.

Die, so die Auffassung von Staatsanwaltschaft und Richterin, sich so zugetragen habe, wie es der ältere Bruder geschildert hatte. Die ursprünglich angeklagte Beleidigung falle nach der Aussage des Zeugen zwar weg - es bleibe aber bei der Sachbeschädigung an dem Reifen, die noch dazu ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko bedeute. Der Angeklagte wurde daher zu 55 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt - und kündigte noch im Gerichtssaal an, Rechtsmittel einlegen zu wollen.

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