Landgericht München II:Ex-Anwältin wegen Volksverhetzung angeklagt

Rechtsextreme Ex-Anwältin wegen Holocaust-Leugnung angeklagt

Von der Anwältin zur Angeklagten: Sylvia Stolz muss sich vor dem Landgericht München II wegen Volksverhetzung verantworten.

(Foto: dpa)
  • Die Rechtsextremistin Sylvia Stolz muss sich vor dem Landgericht München II wegen Volksverhetzung verantworten.
  • Bei einem Treffen mit Gleichgesinnten in der Schweiz 2012 soll die Ex-Anwältin den Holocaust geleugnet haben.
  • Im September 2011 hatte das Anwaltsgericht ihr bereits die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs untersagt.

Von Andreas Salch, Ebersberg/München

Ehe sie auf der Anklagebank des Landgerichts München II Platz nimmt, steht sie lange und aufrecht im beigefarbenen Wollkleid da: Sylvia Stolz, die Rechtsextremistin aus Ebersberg. Bereitwillig lässt sie sich von Pressefotografen ablichten. Nur ihrem Anwalt Wolfram Nahrath wird das Blitzlichtgewitter irgendwann zu bunt. Er geht mit seiner Mandantin hinaus auf den Flur. Dort warten die beiden, bis das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Martin Rieder den Saal betritt und die Verhandlung beginnt.

Die Staatsanwaltschaft hat Stolz wegen Volksverhetzung, Verleumdung sowie wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen angeklagt. Verteidiger der 51-Jährigen ist der Berliner Rechtsanwalt Wolfram Nahrath. Nahrath war bis zum Verbot der neonazistischen Kinder- und Jugendorganisation Wiking-Jugend deren Vorsitzender. Als Rechtsanwalt hat er in der Vergangenheit immer wieder Neonazis vor Gericht verteidigt. Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München nimmt er als Pflichtverteidiger von Ralf Wohlleben teil.

Verteidiger fürchtet Störung des öffentlichen Friedens

Bei der Feststellung ihrer Personalien durch den Vorsitzenden gibt Stolz als Beruf Juristin sowie Heilpraktikerin an. Rechtsanwältin darf sich die 51-Jährige nicht mehr nennen. Nach einer Verurteilung durch das Landgericht Mannheim - ebenfalls wegen Volksverhetzung - war gegen Stolz eine Haftstrafe sowie ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt worden. Im September 2011 hatte das Anwaltsgericht der Rechtsextremistin zudem die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs untersagt.

In dem nun vor der 1. Strafkammer am Landgericht München II eröffneten Verfahren kündigte Stolz an, sie wolle eine 31-seitige Erklärung verlesen. Darin werde sie zur "Unbestimmtheit" der gegen sie erhobenen Anklage durch die Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Doch dazu kam es nicht. Weil ihr Verteidiger den Text nicht kannte, bat er das Gericht um eine Pause. Anschließend erklärte er, er wolle den Text überarbeiten. Mit der derzeitigen Fassung könnte der öffentliche Friede gestört werden.

Antisemitische Rede wurde auf Video aufgezeichnet

Als der Vertreter der Staatsanwaltschaft die beiden Anklagen verlas, saß Stolz die meiste Zeit regungslos auf ihrem Platz. Die erste Anklage bezieht sich auf einen Auftritt der 51-Jährigen bei einer Veranstaltung der sogenannten "Antizensurkoalition" in Chur in der Schweiz im November 2012. Dabei soll Stolz den Genozid an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten geleugnet und verharmlost haben. Der 90-minütige Vortrag wurde auf Video aufgezeichnet.

Laut Anklage verstieg sich Stolz in ihrer antisemitischen Rede unter anderem zu der Behauptung, dass weder Pläne noch Befehle existierten, aus denen die Absicht der Nationalsozialisten hervorgeht, "die Judenheit ganz oder teilweise zu zerstören". Wegen dieser und anderer kruder Thesen hatte ein Rechtsanwalt im Januar 2013 Anzeige gegen die 51-Jährige bei der Staatsanwaltschaft Graubünden stattet. Stolz reagierte hierauf mit einer als "Gegendarstellung" bezeichneten Ansprache auf Video. Die wurde Ende Januar 2013 auf einer Internetseite veröffentlicht.

Darin warf sie dem Rechtsanwalt vor, er habe den "tatsächlichen Inhalt" ihres Vortrages nicht zur Kenntnis genommen. Die ihr zur Last gelegte Leugnung des Holocaust habe der Anzeigenerstatter durch eigene Formulierungen fingiert. Diese Äußerungen von Stolz, so die Staatsanwaltschaft, seien geeignet, den Anwalt in seiner Ehre herabzuwürdigen.

Trotz des Berufsverbots nannte Stolz sich weiter Anwältin

Die zweite Anklage gegen die 51-Jährige bezieht sich auf einen Schriftwechsel mit der Staatsanwaltschaft am Landgericht München II aus dem Jahr 2013. Zu diesem Zeitpunkt galt das Berufsverbot gegen die Rechtsextremistin bereits. Im Briefkopf ihres Schreibens an die Staatsanwaltschaft stand laut Anklage unter dem Namen der 51-Jährigen jedoch die Bezeichnung Rechtsanwältin. Diese war mit einer Fußnote versehen. In der dazu gehörenden Erläuterung am Ende der Seite stand: "Seit 16. Dezember 2011 aus der Rechtsanwaltschaft der BRD ausgeschlossen wegen sog. Holocaustleugnung vor Gericht."

Nach der Verlesung der Anklagen trug Stolz' Verteidiger Wolfram Nahrath drei Anträge vor. Unter anderem monierte er, dass das Landgericht München II nicht zuständig für die Verhandlung wegen Volksverhetzung sei. Denn die mutmaßliche Tat habe sich in der Schweiz ereignet. Das Gericht jedoch wies diesen sowie die beiden anderen Anträge zurück. Der Prozess wird fortgesetzt.

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