Kurioser Prozess:Hundehalter klagen, weil ihr Haustier an die Leine muss

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Ihr Hund lief frei im Landkreis Ebersberg herum und attackierte Passanten und Autofahrer. Gegen den Leinenzwang ziehen die Besitzer vor ein Münchner Gericht.

Aus dem Gericht von Johanna Feckl, München

Manchmal kommt es vor, dass jemand vor Gericht eine Klage einreicht, und eigentlich niemand so richtig versteht, weshalb. Ein solcher Fall ist nun vor dem Münchner Verwaltungsgericht gelandet: Geklagt hatten ein Mann und eine Frau aus dem Osten des Landkreises Ebersberg, weil sie von ihrer Gemeinde eine Anordnung zur Haltung des gemeinsamen Hundes erhalten hatten:

Der Hund sollte ab sofort auf öffentlichen Straßen, Gemeinden und Plätzen mit einer reißfesten und höchstens 150 Zentimeter langen Leine sowie mit einem schlupfsicheren Halsband von einem Erwachsenen geführt werden. Bei einem Verstoß würden 150 Euro fällig. Als unfair und zu rigoros empfanden das die Hundehalter. Sie klagten, die Anordnung solle wieder aufgehoben werden. "Aus meiner Sicht ist das aber nicht streng", sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag. "Dass sich die Kläger ungerecht behandelt fühlen, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen."

Was war passiert, dass es so weit kam? Konkret ging es um zwei Vorfälle, die ein Beisitzender Richter in der Verhandlung vortrug: Im Januar 2017 sei eine Frau mit ihrem Wagen in der Gemeinde unterwegs gewesen, als der besagte Hund auf die Straße sprang, direkt vor ihr Auto. Gerade noch rechtzeitig habe sie abbremsen können. Das Tier sei dann bellend zur Fahrertür gelaufen und daran hoch gesprungen. Die Fahrerin erstattete Anzeige wegen gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr.

Diesmal taucht der Hund in einem Garten auf

Wenige Tage später unternahm der vierjährige Hund wieder einen Ausflug ohne Herrchen und Frauchen. In einem Garten in der Gemeinde sei er dann wieder aufgetaucht - zum Leidwesen der Grundstücksbesitzerin, die sich vor dem fremden Hund mit einem Stockmaß von etwa 70 Zentimetern doch ziemlich erschrocken habe.

Die Gemeinde stellte darauf die Anordnung aus, um die es vor dem Verwaltungsgericht nun ging. Wie aus den Gerichtsakten hervorging, bestreiten die Hundebesitzer, dass ihr Tier an der Wagentüre hochgesprungen sei. Und die andere Frau habe überreagiert, der Hund sei nur ausnahmsweise an diesem Tag einmal nicht angeleint gewesen.

"Eine konkrete Gefahr ist hier nicht gegeben", sagte der Anwalt der Hundebesitzer, die am Verhandlungstag nicht persönlich erschienen waren. "Ich sehe einen Eingriff in die Handlungsfreiheit der Mandanten, der nicht gerechtfertigt ist."

So richtig zustimmen wollte dem der Vorsitzende Richter aber nicht. Zwar ist es seit nunmehr etwas mehr als zwei Jahren zu keinem Vorfall mehr mit dem Hund gekommen, aber nichtsdestotrotz: "Bei dem Tier handelt es sich um einen großen, kräftigen Hund", sagte der Richter. Gemäß der Rechtssprechung stelle ein solcher Hund eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar, "wenn er in bebauten Gebieten frei herumläuft".

Weil die Anordnung dazu aber unglücklich formuliert worden war, änderte der Richter sie entsprechend. Demnach darf der Hund in bebauten Innenbereichen nur mit einer Leine von einem Erwachsenen geführt werden. Im Außenbereich ist das nicht notwendig, wenn keine Menschen in der Nähe sind.

Der Anwalt der Hundehalter schlug daraufhin vor, die Anordnung aufzuheben, sofern es ein weiteres Jahr lang zu keinen Vorfällen kommt und ein Gutachten eines Hundesachverständigen vorliegt. Das aber lehnte ein Verwaltungsrat der Gemeinde ab. "Wir haben das Wohlverhalten ja jetzt auch nur, weil es diesen Bescheid gibt", sagte er. Auch der Richter konnte die Beharrlichkeit, mit der gegen den Bescheid vorgegangen wurde, nicht nachvollziehen. "Die Anordnung verlangt ja nicht mehr, als man ohnehin von einem verantwortungsbewussten Hundehalter verlangt."

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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