Kommunalwahl in Kirchseeon:Sekt oder Sekt

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Bei einer Podiumsdiskussion in der vollbesetzten ATSV-Halle stellen die vier Kandidaten ihre Ideen für die Marktgemeinde vor. Über einen Abend, an dem es nur Gewinner gibt

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Während man im Falle von Siegen und Niederlagen gerne als Antonym die Getränke Sekt und Selters heranzieht, wären es in Kirchseeon wohl eher Weißbier und stilles Wasser. Das zumindest sind die Erfrischungen, die sich die vier Bürgermeister-Kandidaten am Mittwochabend auf der Bühne der ATSV-Halle reichen lassen. Während Jan Paeplow (CSU), Andrea Oberhauser-Hainer (Grüne) und Domenico Ciccia (SPD) auf Wasser setzen, fällt Klaus Seidingers (UWG) Wahl auf eben jenes Weißbier. Was man im Gegensatz zu Sekt oder Selters allerdings nicht machen kann, ist, daraus einen Rückschluss auf Erfolg oder Misserfolg zu ziehen, denn alle vier Bewerber um das höchste Amt in der Marktgemeinde verkaufen sich bei der Podiumsdiskussion sehr ordentlich - und machen den Kirchseeonern die Wahl am 15. März dadurch nicht gerade leichter.

Zusammen mit Moderator Robert Langer hatten sich die Kandidaten bereits im Vorfeld auf sieben Themenbereiche rund um die Gemeindepolitik verständigt, zu denen schließlich jeder Bewerber zwei Minuten Redezeit bekommt. Als erstes geht es in der mit etwa 350 Besuchern vollbesetzten ATSV-Halle gleich um eines der drängendsten Themen der Wachstumsgemeinde: die Ortsentwicklung und Baupolitik von Kirchseeon. Alle Bewerber sind sich einig, dass es in Zukunft auch weiterhin bezahlbaren Wohnraum in der Marktgemeinde geben müsse, für den Weg dorthin gibt es aber unterschiedliche Ansätze. Domenico Ciccia etwa fordert mehr genossenschaftliches Bauen. "Dann kann in Zukunft eben nicht mehr ein jeder ein Einfamilienhaus haben", so der SPD-Kandidat. Klaus Seidinger outet sich dagegen als "kein Freund von Genossenschaften". Denn dadurch verliere die Gemeinde den Zugriff auf die Wohnungen.

Grundsätzliche Einigkeit herrscht dagegen beim Punkt Schulden und Finanzen. Der Ort stehe trotz Verschuldung finanziell eigentlich recht gut da, sagt Andrea Oberhauser-Hainer. Dennoch gibt die Kandidatin der Grünen Liste eine klare Marschroute vor: "Eine Gemeinde soll langfristig nicht mehr ausgeben, als sie einnimmt." Einen größeren finanziellen Posten sieht Jan Paepolw in der anstehenden Sanierung der Grundschule Eglharting: "Das ist ein Brocken, der auf uns zukommen wird."

Über ihre Vorstellungen von der Zukunft der Marktgemeinde sprechen die Kirchseeoner Bürgermeister-Kandidaten Jan Paeplow (von links), Andrea Oberhauser-Hainer, Klaus Seidinger und Domenico Ciccia. (Foto: Christian Endt)

Ein leidiges Thema ist in der Gemeinde seit Jahren die Verkehrssituation, schließlich wird der Markt von der Bundesstraße B304 quasi durchschnitten. Immer wieder kochen deshalb Diskussionen über eine Umgehungsstraße hoch. Eine solche brauche es auf jeden Fall, stellt Paeplow klar. Mit den Planungen dafür müsse man so früh wie möglich beginnen. "Es geht nicht ohne Umgehungsstraße. Ein Tunnel ist utopisch", sagt auch Seidinger. Einen eben solchen würde sich allerdings Oberhauser-Hainer wünschen, die ebenfalls dafür plädiert, einen Arbeitskreis Verkehr ins Leben zu rufen.

In Sachen Energiewende ist Domenico Ciccia der Erste, der das Wort Windräder in den Mund nimmt. Eben solche könne er sich im Gemeindegebiet durchaus vorstellen, allerdings nur unter Beteiligung der Bürger. Ähnlich sehen das Seidinger und Oberhauser-Hainer, nur Paeplow ist etwas kritischer: "Ich will mich der Technologie nicht grundsätzlich verschließen, aber bei dem Thema bin ich skeptisch."

Ebenfalls skeptisch ist der CSU-Kandidat auch als es um Transparenz und Offenheit geht. Informationen für die Bürger müssten zwar gewährleistet sein, allerdings nur wenn es keinen Konflikt mit den Datenschutz gebe. Diesen befürchte er nämlich beim von Oberhauser-Hainer geforderten für alle zugänglichen Bürgerinformationssystem. Ciccia entgegnet, es könne nicht sein, dass Bürger im Rathaus mühsam um Einsicht in Anträge und Beschlüsse kämpfen müssen. Eine Live-Übertragung der Gemeinderatssitzungen lehnen die meisten Bewerber aber ab.

Als die Sprache auf Familien, Senioren und Jugendliche kommt, muss Jan Paeplow im Nachgang der Debatte einen kleinen Dämpfer einstecken. Er fordert in seinem Kirchseeon-Plan die Einführung eines Jugend- und Seniorenbeirates, der dann auch Mitspracherecht im Gemeinderat haben soll. Letzterer sei von den älteren Mitbürgern allerdings gar nicht gewünscht, sagt bei der anschließenden offenen Diskussion Seniorenbeauftragte und Grünen-Gemeinderätin Natalie Katholing. Für Klaus Seidinger ist gerade die Seniorenarbeit "eine große Herzensangelegenheit", auch er spricht sich deshalb für einen entsprechenden Beirat aus. Domenico Ciccia will vor allem die Ganztagsbetreuung in den Schulen angehen und die Spielplätze in der Gemeinde aufhübschen. Eine gebundene Ganztagsklasse in Eglharting verspricht Oberhauser-Hainer zu etablieren.

(Foto: oh)

Während der gesamten Podiumsdiskussionen geben sich die vier Konkurrenten sehr fair und versuchen sich - mal mehr, mal weniger erfolgreich - an die vorgegebene Redezeit zu halten. Und so gibt es auch beim letzten Thema wenig Anlass zu Streitigkeiten. Bei Brauchtum, Zusammenhalt und Vereine sind sich alle einig, dass gerade das Ehrenamt eine wichtige Stütze der Marktgemeinde ist. Seidinger sieht es deshalb als Pflicht der Gemeinde, dafür zu sorgen, dass die Vereine auch ausreichend Räumlichkeiten zur Verfügung haben. Dass der Zusammenhalt am Ort noch mehr gelebt wird, fordert Paeplow, der sich die Einführung eines Christkindlmarktes vorstellen kann. Auch Neubürgern eine Heimat geben will Domenico Ciccia und Oberhauser-Hainer würde sich wünschen, dass auch zukünftige Generationen noch mit Brauchtum und Vereinen am Ort verwurzelt sind.

Nach einem knapp dreistündigen Abend, an dem es keine Verlierer gibt, scheinen alle Fragen der Kirchseeoner geklärt. Bleibt nur noch, dass sie dem gemeinsamen Wunsch der Kandidaten folgen und am 15. März ihre Stimme abgeben - dann wird sich zeigen, bei wem es tatsächlich Sekt und bei wem Selters gibt.

© SZ vom 28.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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