Ehrenamt:"Endlich Zeit für andere Dinge"

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20 Jahre lang war Gerda Rothhaupt in Kirchseeon als Vorsitzende des Vereinskartells das Gesicht der Vereine. Nun hofft sie, dass ihre Nachfolge bald geregelt wird. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wenige sind so eng verbunden mit dem Kirchseeoner Vereinswesen wie Gerda Rothhaupt. Doch nach 20 Jahren Vorstandsarbeit im Vereinskartell ist es auch für die erste Trägerin der neu geschaffenen Ehrenmedaille des Marktes Zeit, den Staffelstab weiterzureichen. Ein Nachfolger wird allerdings noch gesucht.

Von Michaela Pelz, Kirchseeon

Was macht eine studierte Mathematikerin, beschäftigt in einem großen Industrieunternehmen, um mit ihrem Mann an einem neuen Wohnort schnell Fuß zu fassen - ohne Kinder zu haben, die über Schule oder Kindergarten Kontakte schaffen könnten? Sie tritt in den Obst- und Gartenbauverein ein, übernimmt in diversen anderen Vereinen diesen oder jenen Posten und wird schließlich Vorsitzende im Vereinskartell. 20 Jahre lang füllt Gerda Rothhaupt den Posten aus - bis zu ihrem altersbedingten Rückzug im November 2023.

So erzählt es die jetzt 71-Jährige. Seit ihrem Umzug nach Kirchseeon 1985 ist sie für die Vereinslandschaft des Marktes unentbehrlich. Mit Ideen und Tatkraft bereicherte die gebürtige Dillingerin neben den Gartlern die Eigenheimervereinigung, die Krieger- und Soldatenkameradschaft, die Aktion Maibaum, die Faschingsfreunde, die Schützen - 2018 war sie sogar Schützenkönigin in Kirchseeon-Dorf - und all die anderen Gruppen, denen sie im Lauf der Zeit beitrat. Auf ihren Vorschlag hin kam vor etwa 15 Jahren die Aktion "Weihnachtswunschbaum" zustande, und auch in der Arbeit mit syrischen Geflüchteten engagierte sich die Frau mit dem stets offenen Ohr anderen.

Vor allem dem Vereinskartell ließ Rothhaupt ihr Organisationstalent zugutekommen und ihre Fähigkeit, bei den unterschiedlichsten Anlässen, ob Ehrung oder Trauerfeier, als Sprachrohr aller die richtigen Worte zu finden. Denn das Kartell ist als "Vereinsverein" die koordinatorische Schnittstelle sämtlicher Einzelorganisationen.

Reich an Auszeichnungen: Zum Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten, das Rothhaupt seit 2009 besitzt, gesellte sich 2024 die Ehrenmedaille des Marktes Kirchseeon, (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nun erhielt Rothhaupt beim Neujahrsempfang die neu geschaffene Ehrenmedaille der Marktgemeinde. Diese würdigt, wie Bürgermeister Jan Paeplow es in einer Mail formuliert, Rothhaupts langjährigen Einsatz "mit Herzblut und Hingabe" für die Vereine. "Ihr Beitrag hat Spuren hinterlassen und das Miteinander in unserer Gemeinde maßgeblich beeinflusst", fügt der Rathauschef hinzu.

Über die Jahre entstand eine Freundschaft zwischen Gerda Rothhaupt und Altbürgermeister Udo Ockl (li.). Auch der aktuelle Rathauschef Jan Paeplow schätzt die frühere Vereinskartellvorsitzende sehr. (Foto: privat)

Die Laudatio bei der Verleihung allerdings hielt sein Vorgänger, Altbürgermeister Udo Ockl. Der ehemalige Rathauschef kennt die Preisträgerin gut, verbindet die beiden doch nicht nur eine jahrzehntelange enge Zusammenarbeit - bis 2020 war sie zwei Wahlperioden lang Gemeinderätin - sondern auch eine "über die Jahre gewachsene Freundschaft", wie Rothhaupt erklärt.

Die Auszeichnung habe sie nicht erwartet, denn "ich habe das Amt ja mit Begeisterung ausgeübt", sagt die Geehrte. Dennoch freue sie sich sehr über die Würdigung. Ihre erste ist es nicht - seit 2009 besitzt sie das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten. Mindestens ebenso hochgeschätzt ist die jüngst erhaltene Scheibe der Hubertusschützen mit der Aufschrift "Danke, Gerda!", von der sie gerührt berichtet.

Vom Dank der Hubertusschützen für ihren unermüdlichen Einsatz war Gerda Rothhaupt besonders gerührt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Wehmut, die Rothhaupt nun verspürt, sei aber nicht auf einen künftigen mangelnden Kontakt zu den Vereinen zurückzuführen, erzählt sie, "mein Mann und ich werden ja nach wie vor am gesellschaftlichen Leben teilnehmen." Viel mehr könne sie keinen richtigen Abschluss finden, weil sich für den Vorsitz im Vereinskartell noch kein Nachfolger gefunden hat. "Es geht ja nicht nur darum, die Termine zu koordinieren. Einer muss sich hinstellen und für die Vereine sprechen. Es wäre wirklich schade, wenn man sagt, das gibt es nicht mehr und jeder macht, was er will und für sich allein." Der bisherige Stellvertreter Josef Schmölzl kommt dafür nicht infrage, er hat sich gleichzeitig in den Ruhestand verabschiedet.

Laut Bürgermeister Paeplow laufe bis zur Klärung der Nachfolgefrage alles über die Verwaltung im Rathaus. "Anfang Februar ist eine Kartellversammlung geplant, um das weitere Vorgehen zu besprechen." Rothhaupt sagt: "Das müsste jetzt ein Junger machen, denn durch die Pandemie hat die Gemeinschaft so gelitten, da braucht man Kraft, um das wieder in die richtigen Bahnen zu lenken." Gerne werde sie in der Anfangszeit einen Nachfolger unterstützen - um dann die neue Freiheit zu genießen und Dinge zu tun, die sie gerne tut: Ausführlich Zeitungen lesen, zählt sie auf, Sportereignisse wie die Handball-WM verfolgen oder mal einen Kuchen backen. Ganz ohne Termindruck und im Bewusstsein, dass sie "endlich Zeit für andere Dinge" habe.

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