Kehraus in der Kreisstadt:Die Ebersberger Innenstadt wird zur Partymeile

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Sogar handzahme Kamele gab es beim Ebersberger Umzug zu bestaunen. (Foto: Christian Endt)

Tanzende Neandertaler, ein Football-Stadion und ein bisschen Politik: Beim Faschingszug in der Kreisstadt geht es bunt und fröhlich zu.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Es ist ein Bild mit Symbolcharakter: Der Regierungsflieger hat mit argen Turbulenzen zu kämpfen. Die Triebflächen wippen auf und ab, die Nase neigt sich zum bedrohlichen Sturzflug nach unten. Da drinnen möchte man jetzt wahrlich nicht sitzen. Grund für die abenteuerliche Reise ist dieses Mal ausnahmsweise aber kein technischer Defekt, sondern der starke Wind, der an diesem Dienstagnachmittag durch die Bürgermeister-Meyer-Straße pfeift. Dort versammeln sich gerade die Teilnehmer am diesjährigen Ebersberger Faschingszug. Während andernorts die Gaudiwürmer abgesagt werden mussten, lassen sich Ebersberger vom frischen Lüftchen aber nicht abhalten. Schon wenig später rollt die Spaßlawine Richtung Marienplatz - und mehrere Tausend Zuschauer im Stadtzentrum jubeln vom Straßenrand aus zu.

Noch am Vormittag hatte es wegen der Wetterkapriolen ein "Krisentreffen" im Rathaus mit Organisatoren, Bürgermeister Walter Brilmayer, Polizei und Feuerwehr gegeben, wie der Chef der Ebersberger Faschingsgesellschaft, Robert Gockner, sagt "Dort haben wir dann aber grünes Licht bekommen." Und so kann der Zug an diesem Faschingsdienstag pünktlich um 14 Uhr in der Baldestraße losrollen.

Es dominieren die Partyanhänger mit wummernden Boxen

Ein kleiner Feuerwehrmann am Straßenrand kann es kaum erwarten. Schon eine halbe Stunde vor dem Start steht er ungeduldig zusammen mit einer Prinzessin und einem Ninja-Turtle auf dem Gehweg und hält seine Tasche für die Süßigkeiten bereit. Diese sind auch heuer wieder ein begehrtes Gut bei den Kindern. Überall stehen die Kleinen in ihren Kostümen und hoffen auf ein ergiebigen Regen aus bunten Leckereien, die sie schnell in ihre Beutel packen können. Doch nicht nur die Nachwuchsnarren haben alle Hände voll zu tun, auch die Eltern sind an diesem Nachmittag gefordert. "Nicht auf die Straße laufen!", hört man immer wieder, wenn die schweren Zugmaschinen vorbei an den Zuschauern durch die engen Gassen tuckern.

Die Wägen haben aber noch weit mehr zu bieten als Gummibärchen, Bonbons und Co. Auch heuer haben sich die Vereine und Gruppen wieder alle Mühe gegeben, um ein möglichst ausgefallenes Gefährt zu basteln. Auch die Mottos sind vielfältig, wenngleich sie thematisch meist recht seicht daherkommen. Der Wagen mit dem baumelnden Regierungsflieger ist einer der wenigen mit einer politischen Botschaft. Ansonsten dominieren unter den rund 20 Teilnehmern die hüpfenden Partyanhänger mit den riesigen Lautsprecherboxen.

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(Foto: Christian Endt)

Es war zwar ein bisschen kühl und windig, davon ließen sich die Narren aber den Spaß nicht verderben.

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(Foto: Christian Endt)

Manche feierten in farbenprächtigen Kostümen...

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(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

...andere wurden auch ein bisschen politisch. Die Boandlkramer beklagen das Bauernsterben.

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(Foto: Christian Endt)

Für diese kleine Festbesucherin gibt es hingegen keinen Grund zum Klagen: Bonbons waren für alle reichlich da.

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(Foto: Christian Endt)

Eine wahre Öko-Karre, dieses Steinzeit-Gefährt. Nur leider ein bisschen schwer zu steuern.

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(Foto: Christian Endt)

Die Hexe hatte einen echten fliegenden Besen dabei. Naja, fast echt.

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(Foto: Christian Endt)

Und dieser Besucher hat ganz offensichtlich den Durchblick.

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(Foto: Christian Endt)

Auch die ganz Kleinen fahren schon wacker im Zug mit...

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(Foto: Christian Endt)

...die etwas Größeren sind einfallsreich, was ihre Kostüme betrifft.

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(Foto: Christian Endt)

Manchmal reicht schon ein Ausflug in den Gartenmarkt, um bestens gerüstet zu sein.

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(Foto: Christian Endt)

Es gibt jedenfalls eine Menge zu sehen für die vielen Besucher.

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(Foto: Christian Endt)

Doch Obacht: Wer zu feuchtfröhlich feiert, wird das am Aschermittwoch bereuen.

Viele kleine Neandertaler sind aus Hohenlinden gekommen

Ein echter Hingucker ist das Gefährt vom Verein "Einer für alle, alle für einen" aus Hohenlinden. Darauf haben die Faschingsnarren eine riesige Dino-Attrappe installiert, mit der sie bereits am vergangenen Wochenende beim Umzug in Edling den ersten Platz für den schönsten Wagen abgeräumt haben. "Wir wollten was machen, bei dem wir auch die Kinder mitnehmen können", sagt Vereinsvorsitzende Barbara Meyer. Und so hüpfen an diesem Dienstag in Ebersberg viele kleine Neandertaler zwischen Holzbrettern auf und ab - zwei von ihnen sitzen sogar auf einer Schaukel an der Gabel des Zugfahrzeugs. Zu trinken gibt es Apfelschorle.

Das ist selbstredend nicht bei allen Gefährten so, denn zumeist geht es doch eher feuchtfröhlich zu - und vor allem laut. Der Burschenverein Oberndorf zum Beispiel braucht gleich zwei Kompressoren, um die stattliche Soundanlage zum Laufen zu bringen. Aus den Boxen dröhnen die an Promis angelehnten Partyknaller "Johnny Depp" und "Anthony Modeste". Nur "Barbra Streisand" fehlt.

Aber auch wenn zudem Andreas Gabalier immer noch nicht weiß, was denn eigentlich "Hulapalu" ist, geschweige denn wie man es schreibt, tut das der Stimmung freilich keinen Abbruch - ganz im Gegenteil. Auch auf dem Ballermann-Express, einem vom Burschenverein Pastetten zur Partymeile umgebauten Sattelschlepper, auf der Almhütte vom Burschenverein St. Christoph oder im Football-Stadion der "Stoanaringer" wird wild gefeiert.

Die Polizisten müssen immer wieder erklären, dass sie echt sind

Je weiter sich der Faschingszug seinen Weg in Richtung Stadtzentrum bahnt, desto ausgelassener wird die Faschingsparty. Dafür, dass das wilde Treiben nicht aus dem Ruder läuft, sorgen Polizisten, die an mehreren Stellen positioniert sind. Doch anstatt maßregelnd eingreifen zu müssen, sind die Beamten an diesem Dienstag eher damit beschäftigt zu erklären, dass ihre Unform keine Verkleidung ist. "So ein Faschingszug ist an sich eine recht harmonische Veranstaltung", sagt deshalb einer der Polizisten und schmunzelt.

An "echten" Kostümen mangelt es im bunten Faschingstreiben dennoch nicht. Die Garderobe der Narren reicht von den Klassikern wie Cowboy und Indianer bis hin zu wahren Exoten. Neben einem rosafarbenen Plüsch-Einhorn stehen am Straßenrand etwa zwei Zahnpastatuben im Partnerlook, die einem riesigen Kamel zujubeln. Kreativ sind auch die Kinder vom Grafinger Bärchenzirkus, der seinem Namen alle Ehre macht. Vom Wagen herunter winken wilde Tiere wie Pandabären, Tiger oder Leoparden in die Menge. Wenig später folgt die Trachtenjugend Ebersberg, die als Verkehrsschilder verkleidet den "Schilderwald" in ihrer Stadt auf die Schippe nimmt.

Sie alle trudeln am späten Nachmittag nach und nach am Marienplatz ein, wo der mächtige Tanker der Ebersberger Faschingsgesellschaft bereits seinen Anker ausgeworfen und die Bar eröffnet hat. An den zahlreichen Essens- und Getränkeständen geht die laut Polizeibilanz friedliche Party bis in den Abend hinein ausgiebig weiter - ganz im Sinne eines weiteren gern gespielten Partyhits: "Uh, Ah, Morgen wieder Aua im Kopf."

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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