Neue Jazz-Reihe im Landkreis Ebersberg:Zeitreise im Offbeat

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Josef Ametsbichler ist in der Schlossgaststätte aufgewachsen, jetzt will er mit einem neuen Jazz-Format zurück zu seinen Wurzeln. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Grafinger Musiker Josef Ametsbichler will einen regelmäßigen Jazz-Frühschoppen im Biergarten der Unterelkofener Schlossgaststätte etablieren. Er ist selbst dort aufgewachsen.

Von Alexandra Leuthner, Grafing

Wenn Sepp Ametsbichler und Rudi Baumann ins Plaudern kommen, dann werden sie lebendig, die alten Zeiten. Und nein, nein, nicht jene, in denen alles immer besser war als heute, sondern jene, in denen alles anders war. Ziemlich anders. Wir reden von den Siebzigern, von jungen Menschen, die der Freiheit huldigten, der neuen Musik und vermutlich der einen oder anderen rauschfördernden Substanz, von einem Kräuterschnaps ist da unter anderem die Rede.

Im, an diesem Samstagnachmittag etwas kühlen, fast schon nüchternen Nebenzimmer der Unterelkofener Schlossgaststätte haben sich die beiden Musiker zusammengesetzt; Erinnerungen austauschen, ein wenig ratschen und vorbesprechen der neuen Pläne für den Sommer beim Schloss.

Ametsbichler und Baumann haben schon als Kinder hier zusammen gespielt, draußen im Biergarten, im Dobel und in der Kiesgrube ein paar Meter weiter. Gitarrist Baumann hat an diesem Nachmittag ein Plakat dabei, das sein nächstes Konzert ankündigt, "Songs for the Island". Nebenan brummt die Gaststube: Zu einem Skatturnier sind sämtliche Tische besetzt. Alle nasenlang hört man von drüben, wenn die Tür aufgeht, Stimmengewirr und Lachen, immer dann, wenn ein oder zwei der Kartenspieler zum Rauchen vor die Tür gehen.

In jungen Jahren schleppte Ametsbichler seinen Kontrabass noch über der Schulter

Früher, in den erwähnten alten Zeiten, hat es auch drinnen gedampft, am Abend vor allem, in der Haupt- und auch in der Nebenstube, zwischen Gitarrensaiten und offenen Hemdkrägen, als hier gejammt wurde, der "Wirts-Sepp", der Ametsbichler also, seinen Kontrabass so gezupft hat, dass er ins Beben kam, Frank Haschler die Trommelfelle ins Schwingen brachte oder Mic Oechsner seine Geigensaiten. Alles Namen, die in der Jazzszene seit Jahrzehnten einen Klang haben, nicht nur im Landkreis Ebersberg. Baumann, Oechsner, Haschler, Michael Heigenhuber, Hans Wohlrab, Bernhard Lammel, Hubsi Ametsbichler und Sepp Ametsbichler, hier haben sie miteinander angefangen zu jazzen, einfach so, weil es Spaß gemacht hat. Und weil sie den Ort dafür hatten - Ametsbichlers Eltern waren die Wirte der Schlossgaststätte.

Josef Ametsbichler in jungen Jahren beim Jammen im Nebenraum der Schlossgaststätte Unterelkofen. 22 ist er auf dem Bild, das 1976 entstanden ist. (Foto: privat)

Aus den jungen Wilden wurden Profis, und dennoch karrten sie ihre Instrumente schon auch mal zu Fuß durch die Gegend. Einmal, erzählt Ametsbichler, habe er seinen Kontrabass über der Schulter zu einem Auftritt geschleppt, kilometerweit. "Hinterher hab ich meine Schulter nicht mehr gespürt." Doch auch solche Erinnerungen sind es, die ihn dazu bewogen haben, nun wieder anzuknüpfen an die alten Zeiten, "back to the roots" gewissermaßen.

Anfang Mai soll es losgehen mit regelmäßigen Jazz-Frühschoppen im Biergarten hinter dem Haus. An jedem ersten Sonntag im Monat will der heute in Grafing beheimatete Jazz-Musiker ausgewählte Bands nach Elkofen bringen, "solche, die ehrlich und authentisch" sind, erklärt er. So wie Mardi Gras, die legendäre Band seines Freunds Rudi Baumann, die hier in den 80er- und 90er-Jahren gespielt hat, bis sich die Tradition in Folge wiederholter Pächterwechsel irgendwann verlaufen hat.

Nun aber werde die Gaststätte wieder von jungen Wirtsleuten geführt - Rafael Schmieschek und Gernot Mühlbacher haben den Gasthof im November übernommen - und die hätten signalisiert: Jetzt darf es auch wieder musikalisch werden. Wenn das Wetter nicht passe für den Biergarten, dann sollen Musiker und Gäste eben nach drinnen umziehen, in die Gaststätte. Und auch der rustikale Nebenraum soll wieder belebt und an manchen Abenden in cooles Schwarz gehüllt werden, mit Jazzplakaten an den Wänden und lockerer Bestuhlung. Kleinere Formationen vor kleinerem Publikum sollen dort spielen, so um die 35 Gäste will Ametsbichler hier unterbringen, bei freiem Eintritt - Spenden sind natürlich erbeten. "Ein bisserl eng darf's dann schon sein", sagt er, "wie im gemütlichen Wohnzimmer". So wie früher halt.

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Den Auftakt machen wird bereits am Freitag, 15. März, die Organic Combo, drei Münchner, die mit ihrem Hammond-Trio ihrer gemeinsamen Leidenschaft für Jazz, Blues und Afrobrasil nachgehen. Mit Eigenkompositionen der international auftretenden Jazzpianistin und Sängerin Alexandra Fischer sowie Standards aus Swing, Soul-Jazz, Funk und Bossa nova versprechen Organic Combo einen hochenergetischen Abend, zumal der Jazzgitarrist Chris Zelter und der Drummer Ludwig Bergner das Trio komplettieren.

Wenn es wieder grün ist im Biergarten der Unterelkofener Schlossgaststätte, soll es an jedem ersten Sonntag im Monat einen Jazzfrühschoppen geben. Im Mai geht es los. (Foto: Christian Endt)

Fast möchte man meinen, der Groove läge schon in der Luft an diesem Nachmittag, wenn man den beiden Musikern zuhört, es ist, als scharrten die abendlichen Gäste erwartungsvoll mit den Füßen. Doch noch ist es still im Nebenzimmer. Josef Ametsbichler steht auf, die kalte Platte mit dem Braten, die er bestellt hat, wird in der Küche gerade hergerichtet, er geht nach draußen und schaut von dort aus auf das Haus. Viel verändert habe sich hier nicht seit den 70-er Jahren, bis 1976 seien seine Eltern hier Pächter gewesen, erzählt er. Das dunkle Schild über den Fenstern, auf dem in altdeutscher Schrift "Schlossgaststätte" steht, schaue noch so aus wie früher. "Da oben", sagt er dann und deutet hinauf zu einem Fenster im ersten Stock, "da bin ich geboren. Gleich über der Stube." Mitte der 50er-Jahre war das - und das waren nun wirklich ganz andere Zeiten.

"Organic Combo" spielen am Freitag, 15. März, in der Schlossgaststätte Unterelkofen. Beginn 20 Uhr. Um Anmeldung unter (08092) 863 80 79 wird gebeten.

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