Projekt im Kreis Ebersberg:Radeln auf dem Bahndamm ist "verboten"

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Seit acht Jahren wird um den neuen Radweg zwischen Grafing und Glonn gestritten. Nun nimmt die Regierung von Oberbayern Stellung.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Mehr Leute aufs Fahrrad bringen, mit dieser Forderung liegt man zur Zeit nie verkehrt. Auch im Landkreis Ebersberg gibt es entsprechende Ansätze, etwa das Radwegekonzept für die Kreisstraßen. Ein besonders ambitioniertes Vorhaben ist der Radweg zwischen Grafing-Bahnhof über Moosach nach Glonn, seit knapp acht Jahren wird darüber diskutiert, im vergangenen Herbst erfolgte ein entsprechender Beschluss im Umwelt- und Verkehrsausschuss. Ob dieser auch umgesetzt werden kann, ist indes fraglich, wie nun aus einer Stellungnahme der Regierung von Oberbayern hervorgeht.

Sie ist eine Antwort auf eine Anfrage des AfD-Kreisrates Manfred Schmidt. Hintergrund ist eine lange dauernde Kontroverse um die Frage, ob der Radweg auf den Überresten der 1971 stillgelegten Bahnstrecke von Grafing nach Glonn verlaufen soll. Schwellen und Schienen sind dort zwar längst abmontiert, der Bahndamm selbst ist aber noch vorhanden. Nach Ansicht vieler Umweltschützer hat er sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem einzigartigen Biotop entwickelt. Das etwa zehn Kilometer lange Band vernetze verschiedene Lebensräume miteinander, durch die Reste des Bahnschotters gebe es dort außerdem ein einzigartiges Mikroklima, was etwa Reptilien, aber auch vielen Insektenarten zugute komme. Die ökologische Bedeutung des Streifen-Biotops ist auch von offizieller Seite anerkannt: Seit 27 Jahren steht der alte Bahndamm unter Schutz.

Darauf beriefen sich im Kreistag sowohl Schmidt als auch die Fraktionen von SPD, Grünen und die Ausschussgemeinschaft ÖDP/Die Linke. Sie forderten, eine Radwegverbindung zwischen Grafing-Bahnhof, Moosach und Glonn an beziehungsweise auf bestehenden Straßen wie der Staatsstraße 2351 beziehungsweise der EBE 13. Sogar eine reine Fahrradstraße zwischen Moosach und Glonn wurde beantragt. Dies fand im Umwelt- und Verkehrsausschuss indes keine Mehrheit, mit den Stimmen von CSU, FDP und Freien Wählern wurde im November beschlossen, den Bahndamm zu nutzen, soweit das möglich ist.

Diese Einschränkung ist nicht unbedeutend, denn was es auch nach dem Willen der Befürworter des Radelns auf dem Bahndamm nicht geben soll, ist ein asphaltierter Weg. Geplant ist eher eine Art gepflegte Schotterstraße, die auch von Radlern genutzt werden kann. Was im Übrigen ein weiterer Kritikpunkt der Gegner der Bahndammvariante ist: Für Pendler, die einfach schnell von Glonn Richtung Grafing-Bahnhof radeln wollten, sei ein Kiesweg nicht unbedingt attraktiv, besonders im Winter oder bei Regen.

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Ob sich auf der Strecke durch den südlichen Landkreis nun aber überhaupt jemals Radler über die möglicherweise schwierigen Straßenverhältnisse ärgern werden, ist zumindest unsicher. Denn, wie die Regierung von Oberbayern nun auf die Anfrage Schmidts schreibt, ist das Radeln auf dem alten Bahndamm grundsätzlich nicht zulässig. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: "Nach der Verordnung über den Schutz des Alten Bahndammes zwischen der Stadt Grafing und dem Markt Glonn als Landschaftsbestandteil vom 04.11.1994 ist es verboten, im Landschaftsbestandteil mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, ausgenommen landwirtschaftliche Anlieger."

Allerdings nicht folgen will die Regierung der Forderung Schmidts, gleich den Beschluss des Umwelt- und Verkehrsausschuss vom vergangenen November wegen Rechtswidrigkeit aufheben zu lassen: "Die Vorbereitung und Koordinierung einer Radwegeplanung unter Einbeziehung der Strecke im Landschaftsbestandteil verstößt als solche im Sinne eines Prüfungs- und Untersuchungsauftrages nicht gegen die Verordnung; aus dem zitierten Verbot kann daher nicht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses hergeleitet werden." Zumal die Planung im Rahmen des Radwegekonzeptes des Landkreises erfolge und somit eine seiner Aufgaben sei.

Für Schmidt ist damit klar, dass die zwar für zulässig erklärte Planung des Radweges eine "letztlich nutzlose" sei. Denn "es darf zwar geplant und auch vorbereitet, aber eben nichts verwirklicht werden, was der ausschließlichen Fußgängernutzung widersprechen würde". Eine solche entnimmt Schmidt dem Verordnungstext, wo explizit von "Fahrzeugen aller Art" die Rede ist, weshalb "eben auch künftig für Fahrräder auf der gesamten Strecke kein Raum ist".

Aus dem Ebersberger Landratsamt heißt es dazu, man teile diese Interpretation nicht. Ob durch den geplanten Radweg überhaupt die Schutzverordnung für den Bahndamm verletzt werde, ergebe sich erst, wenn die im Verfahren vorgeschriebenen Untersuchungen zu Belangen des Umweltschutzes abgeschlossen seien. Daher werde das Prüfverfahren wie gehabt weitergehen.

Was aber definitiv nicht geht, ist eine Änderung der Schutzverordnung durch den Landkreis oder die beteiligten Kommunen. Denn die Verordnung, so die Auskunft aus dem Landratsamt, falle in die Zuständigkeit des Bezirks. Ein Kreistagsbeschluss dazu - vergleichbar mit jenem zur Änderung des Landschaftsschutzgebietes Ebersberger Forst für den Bau der fünf Windräder - sei darum für den Bahndamm nicht möglich.

© SZ vom 04.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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