Vernissage am Freitag:Der Gaul und die Leinwand

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Rundungen, Ecken und Kanten: Beatrix Koberger zeigt in der Galerie Riederer am Grafinger Marktplatz die unterschiedlichen "Konturen einer Frau". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beatrix Koberger aus Grafing offenbart mit ihrer Malerei die Konturen ihrer Persönlichkeit, vor allem jede Menge Temperament. Nun stellt sie in der "Werkstatt 18" aus.

Von Anja Blum, Grafing

Beatrix Koberger ist eine temperamentvolle Frau. "Ja, wenn ich was mache, dann g'scheid - und manchmal geht auch der Gaul mit mir durch", sagt sie selbst und schiebt sogleich ein entwaffnendes Lächeln hinterher. Fest steht jedenfalls, dass die Künstlerin Koberger vor kaum etwas Angst hat. Nicht vor bunten Farben oder starken Kontrasten, nicht vor Gegenständlichkeit, und erst recht nicht vor der Abstraktion. Vielmehr lässt sie sich stets antreiben von ihrem wachen Blick und ihrer Neugier: alles auszuprobieren, darum geht es.

Großformatige Gemälde in kräftigen Farben, kleine Zeichnungen, figürliche neben abstrakten Arbeiten, monochrome Grafiken, pastose Collagen: Die Grafingerin Beatrix Koberger lässt sich nicht gern in ein Schema pressen. Dementsprechend breit gefächert ist die Auswahl an Techniken und Stilistiken, mit denen sie sich ausdrückt - und mit der sie nun ihre erste Einzelausstellung bestückt. In der "Werkstatt 18" am Grafinger Marktplatz, der Galerie von Reinhardt Riederer, hat Kobergerer einen Raum für ihre Kunst gefunden, Vernissage wird gefeiert am Freitag, 26. Mai.

Ein Prosit auf die Kunst! Dieses Bild ziert die Einladung zur Vernissage. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beatrix Koberger, 1960 im Schwäbischen geboren, ist eigentlich Veterinärin, sie lebt und arbeitet seit mehr als 30 Jahren in Grafing. Ihre kreative Karriere habe sie als Tänzerin und Musikerin begonnen, seit nunmehr einer Dekade beschäftige sie sich mit Zeichnung und Malerei, erzählt sie. Gerade schließt Koberger ein berufsbegleitendes Studium an der Akademie der Bildenden Künste an der Alten Spinnerei Kolbermoor ab. "Ich muss immer kreativ sein, egal auf welche Weise", sagt sie, "sonst bekomme ich Kopfverstopfung".

Malerei, Grafik, Aquarell: So vielgestaltig wie Kobergers Werke sind auch ihre Inspirationsquellen. Mal seien es gesellschaftliche Themen, die sie beschäftigten und künstlerisch anregten, zum Beispiel das Gendern. "Was ist denn überhaupt eine Frau?" Diese Frage hat die Malerin zu einem Porträt animiert: ein androgynes Wesen neben einer übergroßen Papaya, die nicht nur von ungefähr an ein weibliches Geschlechtsteil erinnert. Ein anderes Mal nehme sie bestimmte Stimmungen aus der Natur mit nach Hause und verarbeite diese malerisch weiter. Nicht kopierend, sondern abstrahierend, immer dem seelischen Eindruck des Moments auf der Spur. Birken, Schilf, eine winterliche Landschaft: All das reduziert Koberger auf ein malerisches Minimum - wenn da nur nicht manchmal der Gaul wäre, der über die Auslassungen einfach hinweggaloppiert.

Gendern oder nicht? Ihre Ratlosigkeit drückt Beatrix Koberger in diesem Gemälde aus. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch nach Musik entstehe so manches Gemälde, erzählt Koberger, da gehe es dann vor allem um rhythmische, gestische Pinselschwünge. Klar, dass ein Tango sich in kräftigem Rot und höchst dynamischen Strichen widerspiegelt. Manchmal sei es aber auch die bloße Lust an der Farbe, die sie zu völlig intuitiver, spontaner Malerei inspiriere, so Koberger. Deutlich kontrollierter hingegen gehe sie vor, wenn die Freude am Fabulieren sie packe. Einen Gockel, der glaubt, ein Phönix zu sein, und deshalb abstürzen muss ins Fegefeuer der Eitelkeiten: So etwas wirft man eben nicht mal schnell auf die Leinwand.

Ein weiterer Quell der Inspiration ist für Koberger aber auch der Humor. Er bricht sich Bahn zum Beispiel in ihren "bösen Stuhlgeschichten": wunderbare Wortspiele, feine Zeichnungen mit Titeln wie "Stuhlgang", "Stuhlprobe" oder "Heiliger Stuhl". Über letzterem schwebt tatsächlich ein Heiligenschein. Dafür sind die Beine ganz kurz, Stummel bloß.

Welche Musik wohl lief, während Koberger dieses Bild malte? Natürlich, es war Tango! (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Immer ist also ein persönliches Anliegen spürbar, selbst abstrakte Werke erhalten durch ihre Titel eine Sinnhaftigkeit, werden zu einem Angebot zur Auseinandersetzung. Koberger kommentiert und spitzt zu, wirft als Frau und Künstlerin einen mal spöttischen, mal empörten Blick auf das, was sie umtreibt und inspiriert. Und ihre Figuren schauen zurück, blicken den Betrachter, die Betrachterin fordernd, teils geradezu provokant an. Diese Einladung zum Austausch geht mitunter sogar von Tierporträts aus, von einer "Schönheitsgalerie" bestückt mit Federvieh, zum Beispiel: Ente, Möwe und Co. schauen da so dodschad und zugleich vorwitzig drein, dass es eine helle Freude ist.

"Konturen einer Frau" ist die Ausstellung überschrieben, ein Titel, der sowohl malerisch als auch im übertragenen Sinne zutrifft. Koberger zieht Konturen mit dem Pinsel, schafft so Kompositionen von großer Aussagekraft. Die Konturen von Kobergers Kunst selbst aber, ihrer Themen, ihrer Materialien sind fluide, denn Begrenzungen dürfen in ihrem Universum stets nur temporär sein. Trotzdem vermittelt die Ausstellung als Ganzes einen deutlich erkennbaren Umriss dieser Künstlerin, denn jedes Werk ist eine Manifestation ihrer Persönlichkeit. Die Schau spiegelt die Konturen dieser Frau wider, mit allen Ecken, Kanten und Rundungen, mit all ihrem Temperament.

Beatrix Koberger: "Konturen einer Frau", Ausstellung in der "Werkstatt 18" (Galerie Riederer am Marktplatz 18 in Grafing), Vernissage am Freitag, 26. Mai, um 19 Uhr, Finissage am 9. Juni, 19 Uhr. Geöffnet samstags von 10 bis 13 Uhr sowie sonntags von 14 bis 17 Uhr (in Anwesenheit der Künstlerin) oder nach Vereinbarung unter (0162) 634 93 84 oder per Mail an bea.koberger@gmail.com.

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