Grafinger Finanzen:Dunkelroter Horizont

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Mit 2,4 Millionen Euro, die in diesem Jahr für den Grundstückserwerb veranschlagt sind, macht das geplante Berufsschulzentrum den größten Posten - im September 2018 haben Landrat Robert Niedergesäß und die damalige Bürgermeistern Angelika Obermayr das Grundstück vorgestellt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei den Haushaltsaufstellungen der vergangenen Jahre wechselten in Grafing Entwarnungen und Hiobsbotschaften einander ab. Damit dürfte es nun vorbei sein.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) kann als ehemaliger Kämmerer auf eine lange Finanzgeschichte seiner Stadt zurückblicken. Wenn er also wie am Dienstagabend im Finanzausschuss von "einem der schwierigsten, wenn nicht dem schwierigsten Haushalt" spricht, dann mag das was heißen. Und tatsächlich: Wenig später reihte Kämmerin Veronika Kainz die schlechten Nachrichten nur so aneinander.

Die erste, nämlich die auch in diesem Jahr unvermeidliche Rücklagenentnahme, war mit gut einer Million Euro noch halbwegs verschmerzbar. Umso weitreichender dagegen die perspektivische Komponente: Mit dem diesjährigen Zugriff ist der Rücklagentopf leer. Künftig kann sich die Stadt Geld ausschließlich auf dem Kreditmarkt besorgen.

Kredite in Höhe von fünf Millionen Euro will die Stadt Grafing aufnehmen

Auf eben jenen greift sie bereits im laufenden Jahr kräftig zu. Ganze fünf Millionen Euro sollen es laut Ansatz sein. Damit springt der Schuldenstand binnen Jahresfrist von 11,5 Millionen Euro auf 19,6 Millionen. "Das macht eine Steigerung von um die 70 Prozent", rechnete CSU-Ortsvorsitzender Florian Wieser mahnend vor. "Da wünsche ich mir eigentlich anderes." Gleichwohl komme der Zuwachs ja nicht überraschend, schob SPD-Stadträtin und Dritte Bürgermeisterin Regina Offenwanger hinterher. "Das meiste von den Posten haben wir ja hier verabschiedet, das ist jetzt das Spiegelbild."

Zu diesen Posten gehören zum Beispiel die 2,4 Millionen Euro, die in diesem Jahr für den Erwerb des Berufsschul-Grundstücks veranschlagt sind, die Stadthallensanierung mit 1,2 Millionen Euro oder der Kauf des alten Eisenbahner-Hauses in der Hauptstraße 25 in Grafing Bahnhof. 400 000 Euro kostet die Umgestaltung des Pausenhofs im Schulzentrum. Mit 250 000 Euro bezuschusst die Stadt die Stiftung Seniorenhaus. Gut 210 000 Euro werden für Sanierungsmaßnahmen in der Mittelschule fällig. Immerhin: Rechnungen in Höhe von knapp 1,8 Millionen Euro fürs Kinderzentrum in der Forellenstraße sowie die 750 000 Euro für den Grunderwerb der Tiefgarage am Hans-Eham-Platz lassen sich noch mit Haushaltsresten des vergangenen Jahres begleichen.

Die Höhe der Kreisumlage hält Bürgermeister Christian Bauer für "absolut unnötig"

Aber, und das gehört natürlich auch zur Wahrheit, die Stadt hat nicht alles selbst im Griff. "Bei den Personalkosten rechnen wir mit einer Erhöhung um 5,5 Prozent", erklärte Bauer. "Das bedeutet zusätzliche 400 000 Euro." Die städtischen Energiekosten würden womöglich um rund 800 000 steigen. Und überhaupt, die Kreisumlage. Deren Höhe sei "absolut unnötig", wetterte Bauer. Grafing führe über eine Million Euro mehr ab, als im vergangenen Jahr. "Wenn sich das nicht ändert, droht uns der finanzielle Kollaps!"

Derartige Schelten gen Ebersberg gehören im Grafinger Rathaus mittlerweile zur Folklore. Aber auch in dieser Sache gibt es nicht nur eine Perspektive: Die Umlage steigt auch deshalb, weil Grafing eine vom Landkreis finanzierte Berufsschule bauen will. Und dass Grafing im Landkreisvergleich schlechter dastünde als im Vorjahr, so ist es auch nicht. Bei der Kreisumlagen-Rangzahl der 21 Landkreisgemeinden landet die Stadt wie damals auf Rang 13.

Unsicherheiten gehören bei der Haushaltsaufstellung dazu

Freilich ist eine Haushaltsaufstellung immer von Unsicherheiten geprägt. Wer weiß schon, ob der Ansatz der 5,8 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer zum Jahresende tatsächlich so in den Büchern steht? Oder ob es nicht vielleicht ein paar hunderttausend Euro weniger sind.

Aber in Grafing kommt das Problem zum Teil auch hausgemacht daher. Beispiel in Form einer Nachfrage von Grünen-Stadtrat Sepp Biesenberger: Der wunderte sich, warum plötzlich fürs Gründerzentrum 181 000 Euro veranschlagt seien. "Der Beschluss im Stadtrat war doch irgendwas mit 70 000 Euro." Kurzes Überlegen bei Bürgermeister Bauer, dann seine Antwort: Ja, der Einwand sei berechtigt. Baumaßnahmen seien nicht geplant. Die 181 000 Euro werde man wohl nicht ganz brauchen. Bis zum Haushaltsbeschluss im Stadtrat im März werde das korrigiert.

Am Ausblick für die kommenden Jahre ändern solche Korrekturen freilich wenig. "Wir müssen uns einfach von 'alles top' und 'alles edel' verabschieden", befand CSU-Chef Wieser. Sollte das bis zu den nächsten Beschlüssen wieder vergessen sein, dürfte der Kontostand die Dinge regeln: Das Investitionsbudget fürs laufende Jahr liegt bei rund zwölf Millionen Euro. Im nächsten Jahr sollen es laut Finanzplan etwa noch acht Millionen Euro sein sowie im übernächsten Jahr nur noch rund sechs Millionen Euro. Das dunkelrote Ende des bis Jahresende 2026 reichenden Finanzplans: Ein Schuldenstand in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro. Eine wie auch immer problemgelöste Rotter Straße 8 ist da noch gar nicht eingerechnet.

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