In Grafing:Ein Abend zum Staunen, Lachen und sogar Weinen

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Ein Klassiker des Faschingsvarietés: der Showtanz mit Hebefiguren von "High Energy". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Faschingsvarieté begeistert mit einer bewährten Mischung aus Tanz, Turnen und Theater. Der emotionale Höhepunkt allerdings ist ein Abschied.

Von Anja Blum, Grafing

Nach dem emotionalen Höhepunkt des Grafinger Faschingsvarietés muss man diesmal nicht lange suchen: Es ist der Abschied von einem, der diesen Veranstaltungsmarathon des TSV über Jahrzehnte geprägt hat. Sogar in diesem, seinem letzten Jahr tritt Hermann Holzmann nicht nur als Clown auf, sondern zeichnet, neben Carmen Remplewski von der Garde, für den ganzen bunt-närrischen Reigen aus Turnen, Tanz und Theater in der Stadthalle verantwortlich.

Kein Wunder also, dass angesichts dieses Verlusts so einige mit den Tränen kämpfen, sei es während der vielen lustigen Überraschungslieder oder herzlichen Worte zum Abschied, sei es auf der Bühne oder unten im Saal. Holzmann wird fehlen, so viel ist jetzt schon gewiss.

Ein letztes Mal zu dritt: Wiggal (Hermann Holzbauer), Giagl (Martin Weigand) und Ferdl (Stefan Marschner) füllen mit Spottliedern die Umbaupausen des Varietés. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Zukunft werden Giagl (Martin Weigand) und Ferdl (Stefan Marschner) also ohne den Wiggal (Hermann Holzmann) ihre Späße treiben müssen. Ihr Geschäft ist das Derblecken von in Grafing bekannten Persönlichkeiten, liebend gerne singen und erzählen sie von peinlichen privaten Eskapaden von Politikern oder Unternehmern.

Insofern freuen sich die Clowns bestimmt, dass diesmal besonders viele ihrer Adressaten im Publikum sitzen, sprich: lokale Promis, die wieder jede Menge Spott abbekommen. Allen voran der Bürgermeister der Nachbarstadt, Uli Proske, aber zum Beispiel auch der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz, dem nachgesagt wird, jüngst sehr unter einer Anhalterin mit spezieller Duftnote gelitten zu haben. Ein gefundenes Fressen für die Clowns ist aber freilich auch das Freibadfest aus dem vergangenen Sommer, bei dem kein Grafinger Bier, sondern welches aus Rosenheim ausgeschenkt wurde. Das ist dem hiesigen Bräu doch wirklich sehr übelzunehmen!

Die Grafinger "Faschingsbären" laden zum Volksfest mit Bürgermeister Christian Bauer, Festwirt Anton Kainz und dem Bräu Gregor Schlederer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch nicht nur die Clowns, auch andere Varietégruppen nehmen Persönlichkeiten aus der Stadt aufs Korn, vom Bürgermeister bis zum Feuerwehrchef - ganz nach dem Motto: "Vielleicht finden Sie sich in der ein oder anderen Rolle wieder." Beim Theater der Feuerwehr geht es ganz närrisch um "Krapfen", während die Faschingsbären, ebenfalls bekannt für "absichtlichen Schmarrn und andere Absurditäten", das Stück "Vo-Fee" zeigen: Szenen vom Grafinger Volksfest mit Touristen aus anderen Teilen der Republik sollen erklären, was so die No-Gos sind. Dann wird kurz zurückgespult und vorgeführt, wie man sich denn richtig verhält auf so einem bayerischen Rummel.

Durch das Programm führen in bewährter Weise zwei junge Fußballer, Felix Richter und Thomas Urban. Als Direktoren geben sie dem vielgestaltigen Reigen einen Rahmen mit Witz und Verstand - obwohl sie nach eigener Aussage jedes Mal wieder "die Hosen gestrichen voll haben". Doch gegen Nervosität gebe es ja ein probates Mittel, nämlich Schnaps. Eine Bitte, der so mancher Spender aus dem Publikum gerne nachkommt.

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz spendiert den beiden Direktoren Felix Richter und Thomas Urban etwas Hochprozentiges. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht fehlen darf beim Varieté freilich auch die TSV-Garde, die den Abend mit ihrem Showtanz eröffnet und auch beschließt. Zum Schluss heißt es von den Mädels in den kurzen Röcken: "Lose control, heads will roll" - was womöglich für den ein oder anderen Grafinger noch zum Motto des restlichen Abends wird. Nicht minder schwungvoll kommen die Tänzerinnen der Gruppe High Energy daher, die dem Publikum wie immer Showtanz mit Hebefiguren kredenzen.

Die TSV-Garde eröffnet traditionell das Varieté in der Stadthalle. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein weiterer großer, traditioneller Block des Varietés sind die Auftritte von Turngruppen des TSV Grafing. Bei ihnen allen ist zu spüren, dass Spaß und Gemeinschaft im Vordergrund stehen, jeder lernt in seinem Tempo. Die ganz Kleinen erwärmen das Herz mit Rolle, Rad und Handstand, die Fortgeschritteneren präsentieren bereits flotte Saltos, gehen locker in den Spagat oder formieren sich zu bemerkenswerten Hebefiguren.

"Eine Reise ins Weltall" mit Bändern und süßen Sternchen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
"Rise and Cheer" heißt es bei den Kids in Motion. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Kopfüber geht's rein in die "Traumwelten". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein echter Hingucker ist der Auftritt von Movimento. Die Artistikgruppe mit rund 200 aktiven Mitgliedern ist bekannt für imposante Gruppenchoreografien sowie faszinierende Einzeldarbietungen in unterschiedlichen Disziplinen. Diesmal wird am Vertikaltuch geturnt, der Titel der Nummer lautet "Bad Dream": Scheinbar im freien Fall stürzen sich die beiden Artistinnen immer wieder nach unten - nur um dann doch noch Halt zu finden im Netz. Atemberaubend.

Vertikale Anmut: "'Bad Dream" von Movimento. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aber "Das Beste kommt vorm Schluss" - ist doch klar. Die Grafinger Kuschelbärenbande, so liebenswert wie tanzwütig, begeistert einmal mehr mit ihrer Travestieshow. Bereits das vierte Mal sind die Jungs nun schon Teil des Faschingsvarietés, man könne sie also beileibe nicht mehr als One-Hit-Wonder bezeichnen, verkünden die Bärchen stolz. Und dass man wohl auch in Zukunft mit ihren coolen Performances rechnen kann, haben sie nun wieder eindrücklich bewiesen.

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