Neueröffnung:Krimi, Kunst und Kaffeeduft

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Geschäftsführerin Regina Sotta-Rothmoser (Mitte) wird tatkräftig unterstützt von Christine Schweinböck (links), der Spezialistin fürs Kinderbuch und Susanne Kiermeier, deren Leidenschaft dem Krimi gehört. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach Fusion mit der Buchhandlung Braeuer eröffnet "Bücher Herzog" sein Geschäft am Grafinger Marktplatz. Der Zugang erfolgt über das Café Hasi - gemeinsame Aktionen sind in Planung.

Von Michaela Pelz, Grafing

"Wie viel möchten Sie denn zahlen?", fragt Regina Sotta-Rothmoser den verdutzten jungen Mann, der mit einem Leitz-Ordner vor ihrer Kasse steht. Die Frage ist aber nicht etwa ein Hinweis darauf, dass im neu eröffneten " Bücher Herzog" am Grafinger Marktplatz der Preis Verhandlungssache wäre, sondern die Geschäftsführerin und ihr Team haben einfach noch nicht alle Produkte im Kopf. Dasselbe gilt für das Kassensystem, das im Bereich Schreibwaren noch nicht ganz auf dem neuesten Stand ist.

Ohne diese kleine Verzögerung käme niemand auf den Gedanken, dass sich noch kurz zuvor das komplette Inventar in den alten Räumen in der Jahnstraße befunden hatte. Nur dem unermüdlichen Einsatz der geballten Frauenpower beim Ein- und Auspacken unzähliger Kisten ist es zu verdanken, dass nun Bücher, Karten, Kalender, Stifte, Papier sowie Tassen und Schalen, hübsch arrangiert und ordentlich verstaut in den neuen Regalen einen Platz gefunden haben.

Auch Schreibwaren bekommt man nach wie vor in Grafing - keine Selbstverständlichkeit. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gleichzeitig wurde so in der Bärenstadt ein neues Kapitel in Sachen Buchversorgung aufgeschlagen. Schon vor zweieinhalb Jahren war die "Bücherstube Slawik" Teil der "Bücher Herzog"-Familie mit Filialen in Wasserburg, Mühldorf und Waldkraiburg geworden. Als dann auch Cathrin Braeuer von der gleichnamigen Grafinger Traditionsbuchhandlung beschloss, in Ruhestand zu gehen, lag es für das Ehepaar Kölbl, Inhaber von "Bücher Herzog", nahe, eine Fusion anzustreben. Zudem ergab sich parallel die Option eines Umzugs direkt an den Marktplatz, in die hinteren Räume des ehemaligen "Kipfelsberger" und damit unmittelbar angrenzend an den Cafébereich der Bäckerei "Hasi".

Knapp vier Wochen nach der Eröffnung noch ohne Zwischentür: Das neue Geschäft von "Bücher Herzog", das unmittelbar an den Hasi-Cafébereich angrenzt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht nur am Eröffnungstag gehen Schlemm- und Schmökerstube direkt ineinander über, auch knapp vier Wochen später gibt es noch keine Ladentür. "Keine Ahnung, wann die kommt, es fehlt noch ein Teil", erklärt die Buchladen-Chefin. Aktuell behelfe man sich mit Drehständern und Kartenaufstellern, um den Zugang zu "versperren", wenn die Bäckerei am Sonntag oder morgens schon vor sechs ihre Pforten öffnet. Dennoch ist Sotta-Rothmoser entspannt: "Wir haben großes Vertrauen in die Grafinger, dass sie uns den Laden nicht leerräumen."

Zu den regulären Öffnungszeiten ist es aber durchaus möglich bei frischen Brezn und Kaffee gleichzeitig den Lesehunger zu stillen. Einmal im Buchladen selbst, in dem sich jetzt schon bequeme Sitzmöglichkeiten befinden, die noch mit kleinen Tischchen zum Abstellen von Tellern und Tassen ergänzt werden sollen. "Wenn ich einen Kunden kenne, darf er natürlich auch vorne im Café sitzen und ein wenig stöbern," sagt Sotta-Rothmoser, die sich keine Sorgen um die Unversehrtheit ihrer Ware macht, kennt sie doch die Kombination von Lektüre und Leckereien schon durch ihre frühere Tätigkeit bei Hugendubel in München.

Zumal die Wahrscheinlichkeit durchaus hoch sein dürfte, dass ihr jemand, der den Genuss von Cappuccino mit dem Durchblättern eines Kunstführers verbinden möchte, persönlich bekannt ist. Mindestens die Hälfte ihrer Klientel bestehe aus Stammkunden, schätzt die Buchhändlerin, die im September ihr 50-jähriges Berufsjubiläum feiern wird. Dass die Buchhandlungen in dieser Zeit ihr "elitäres Image" verloren haben, könne, so sagt sie, durchaus auch mit dem ungezwungeneren Umgang mit dem Medium Buch zusammenhängen.

Bei "Bücher Herzog" zählen mit Sicherheit zudem der Charme und die Fröhlichkeit, mit denen das Personal geduldig jede Frage beantwortet und auch jene zahlreichen Passanten willkommen heißt, die "einfach nur mal schauen" wollen.

Was natürlich auch eine entscheidende Rolle spielt: Die Expertise, die das insgesamt siebenköpfige Team ("alles Frauen, nur ein junger Student als Springer für die schweren Sachen") an den Tag legt. Ganz viel laufe über Empfehlungen, sagt die Geschäftsführerin, individuelle Buchtipps also.

Jede Mitarbeiterin verfügt dabei über einen anderen Schwerpunkt. Sotta-Rothmoser selbst hat ein Faible für Reise und Kochen. Derzeit steht für sie hoch im Kurs der aktuelle Titel von Sternekoch Ali Güngörmüş, in dessen Münchner Restaurant sie schon mehrfach vorzüglich gespeist habe. "Eine ganz, ganz große Empfehlung," sagt die Expertin über "Meze vegetarisch".

Für die kleinen Buchfans wird es bald noch einen Teppich und eine Kiste mit Spielsachen geben, damit ihre Eltern in Ruhe stöbern können. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Unweit vom Kochregal befindet sich die Kinderecke, die demnächst noch mit einem Teppich und einer Spielkiste komplettiert werden soll. Dort ist in erster Linie Christine Schweinböck zuständig. Als gelernte Erzieherin weiß sie, was die Kleinsten mögen, hat aber auf Nachfrage auch für größere Kinder einen Tipp parat. Mit ihrem warmen Lächeln empfiehlt sie die "Penderwick"-Reihe - "eine stille, aber emotionale und wunderschöne Geschichte und das Lieblingsbuch meiner Tochter".

Die ist schon 21 und damit genauso alt wie ein zweites Mitarbeiterinnen-Kind. Amelie Kiermeier arbeitet zwar nicht im Buchladen, ist aber dennoch verantwortlich für die überaus gelungenen Schilder in Handlettering-Technik, die Orientierung bieten, wo welches Genre zu finden ist. Wie etwa der "Krimi".

Auf 160 Quadratmetern alles, was man für Büro und Freizeit braucht

Mutter Susanne Kiermeier zieht dort gleich den neuesten Band der Milla-Nova-Reihe von Schweizerin Christine Brand aus dem Regal. "Tolle Geschichten um eine Journalistin und ihren blinden Ermittler-Freund." Weil es für die Spannungsspezialistin aber auch gerne mal richtig blutig zugehen darf, reicht sie gleich ihren nächsten Favoriten nach: Steve Cavanaugh. Mit dessen Romanen könne man hervorragend der Realität entfliehen - "wenn man gute Nerven hat".

Nerven wird die Truppe rund um Sotta-Rothmoser sicher in der nächsten Zeit noch einige brauchen, bis sie sich auf den 160 Quadratmetern - hinten die Schreibwaren, vorne alles, was gedruckt ist, und schöner "Schnickschnack" - mit derselben traumwandlerischen Sicherheit zurechtfinden wird wie im alten Laden.

Die Bilder an den Wänden des Hasi-Cafébereichs sind eine Leihgabe von Ingrid Wieser-Kil, die darüber hinaus dem Buchladen-Team angehört. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bald schon will man die Chance für Lesungen nutzen, die sich durch ein Café unmittelbar vor der (irgendwann sicher vorhandenen) Ladentür bietet. Der erste Schritt zur Kooperation ist allein schon durch die farbenfrohen, stimmungsvollen Bilder an den Wänden gegeben. Denn diese Leihgabe stammt von Ingrid Wieser-Kil, die nicht nur Malerin ist, sondern auch seit Jahren in der Buchhandlung tätig. Und die bestimmt, wie dann alle Kolleginnen, demnächst wieder sämtliche Preise aus dem FF kennen wird.

"Bücher Herzog", Marktplatz 4, Grafing. Montag bis Freitag 9 bis 18.30 Uhr. Samstag 9 bis 14 Uhr.

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