Ausstellung in Glonn:Von Menschen und Strukturen

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Malerin Yvonne Reber und Bildhauer Hanno Größl zeigen in der Schrottgalerie neue Werke. Beide arbeiten sowohl figürlich als auch abstrakt. (Foto: Christian Endt)

Malerin Yvonne Reber und Bildhauer Hanno Größl zeigen in der Glonner Schrottgalerie neue Werke. Beide arbeiten sowohl figürlich als auch abstrakt, ihr Zusammenspiel bietet spannende Perspektiven.

Von Anja Blum, Glonn

Wer kennt das nicht: Wenn der Druck hoch ist, wenn ein Termin immer näher rückt, "dann geht plötzlich was". So jedenfalls beschreibt Bildhauer Hanno Größl jenen Moment, als der Herrmannsdorfer Weihnachtsmarkt kurz bevorstand. "Da ist es einfach geflossen, es sind super viele neue Sachen entstanden." Doch dann, mit der Flex in der Hand, schaut Größl auf sein Handy und erfährt von der kurzfristigen Absage des Marktes, wegen des Schneechaos'. "Das kann jetzt nicht wahr sein", habe er da gedacht, und sofort die Initiative ergriffen. "Gerade neue Sachen will man doch herzeigen!"

Größl rief also seine Künstlerfreundin Yvonne Reber an und organisierte mit ihr innerhalb weniger Tage eine eigene Ausstellung in der Glonner Schrottgalerie, einer freien Musikbühne, zu deren Team beide gehören. Und weil diese spontane "Kunstöffnungszeit" großen Zuspruch fand, und obendrein der Konzertbetrieb gerade pausiert, die Galerie also ohnehin nicht bestuhlt ist, gibt es nun eine Wiederholung: Am kommenden Sonntag, 7. Januar, kann man in der Schrottgalerie bei Glühwein und Gebäck neue Arbeiten von Reber und Größl bewundern.

Schon öfter haben die beiden miteinander ausgestellt, doch dass sie dabei unter sich sind, ist eine Premiere. Eine hochwillkommene Premiere. "Zu zweit entwickelt sich eine ganz neue Intensität", sagt Größl, und Reber fügt an: "Vor allem, weil unsere Arbeiten sich unglaublich gut ergänzen." Tatsächlich: Skulpturen einerseits, große Gemälde andererseits - da entstehen viele spannende Perspektiven und neue Räume.

"Sie posiert" heißt diese Figur, entstanden aus einem schwungvollen Zwetschgen-Ast. Sie korreliert wunderbar mit den Aktzeichnungen an der Wand. (Foto: Christian Endt)

Yvonne Reber ist freischaffende Künstlerin und Pädagogin. In ihrem "Atelier 41" in Kleinhöhenrain entstehen großformatige Bilder, in deren Zentrum der Mensch steht, eingebunden in seine Gefühle, Träume und Begegnungen. Momentan sind Rebers Arbeiten vom Aktzeichnen inspiriert. Und gleichzeitig von dem Bestreben, tiefer in die Welt der Abstraktion vorzudringen.

"Körperlinien erfassen, Spannung spüren, in Beziehung treten, Momente voller Intensität und Dynamik erleben": All das biete das Aktzeichnen nach Modell, sagt Rebers. Deswegen besuche sie so gerne solche Kurse. Im Gepäck hat die Malerin dabei meist große Leinwände, die bereits bearbeitet sind. Die dem Akt einen abstrakten Hintergrund liefern. Überwiegend sind diese in zarten Pastelltönen gehalten, die Reber gelegentlich aber auch um leuchtendes Neon ergänzt.

Abstrakte Street-Art trifft Akt: Yvonne Reber kombiniert gerne diverse Techniken. (Foto: Christian Endt)

Überhaupt ist diese Malerin sehr offen, was Material und Technik angeht. Sie arbeitet mit Pigment, Kreide, Acryl und Wachs. Sie kratzt, schüttet, druckt, klebt, rollt, näht und sprüht, ganz wie es ihr gefällt. Gerne probiere sie immer wieder etwas Neues aus, erklärt Reber während eines Rundgangs durch die Galerie. "Aber das Schönste ist, dass jetzt endlich meine Linie da ist." Eine eigene Handschrift, die sich erkennbar durch alle Werke zieht. Reber hat sie gefunden.

Geht man von einem Bild zum anderen, wird aber auch eine Entwicklung deutlich: hin zu mehr Freiheit und Abstraktion. Die ersten Akte sind noch merklich planvoller gestaltet, hier haben konkretere Formen und Ideen Regie geführt. "Aber ich wollte vom Äußeren ins Innere gelangen, dort meine Inspiration finden", sagt Reber. Deswegen habe sie sich auf einen Prozess eingelassen, der sie durchaus herausgefordert habe, ein paar Mal sei sie sogar regelrecht gescheitert bei dem Versuch, ein abstraktes Werk mit Tiefe, Spannung und Tempo zu erschaffen. Denn erst, wenn diese drei Dinge vorhanden sind, ist Reber zufrieden.

Den Durchbruch habe dann eine neue, intuitivere Malweise gebracht: Reber legte die Leinwand auf dem Boden, bearbeitete sie aus großen Bewegungen heraus, von allen Seiten, teils mir geschlossenen Augen und in vielen, vielen Schichten. "Da habe ich gemerkt: Gerade von seinen Lieblingsfächern muss man sich immer wieder verabschieden, sonst bekommt das Bild keine Tiefe." Und es gelang. Reber war bereichert, beflügelt. "Pures Glück" heißt eines der beiden so entstandenen Werke.

Yvonne Rebers Durchbruch in die Abstraktion: "Großes Glück" und "Poudre". Emotionen und Gedanken verweben sich zu Linien und Farben. (Foto: Christian Endt)

Hanno Größl hingegen findet seine Inspiration zumeist im Rohmaterial. Der Bildhauermeister will herausarbeiten, was bereits im Holz oder Stein steckt. "Kopf aus - und los geht's", sagt er. Und dass dann während des Tuns die passende Idee schon reife. Doch egal, ob es sich um eine Figur, Skulptur oder Schale handelt: Die Herkunft des Werkstücks bleibt stets sichtbar und spürbar. Dabei wählt Größl allerdings nicht nur alle möglichen, sondern auch scheinbar unmöglichen Materialien aus. Tuffstein zum Beispiel, der ja extrem porös ist. Trotzdem hat der Künstler daraus ein Gefäß geschaffen und die Innenfläche derart poliert, dass sie nun wirkt wie Marmor. Von den vielen Löchern mal abgesehen.

Noch viel erstaunlicher aber ist, was Größl mit Schiefer anstellt. Alte Dachplatten hat er sich beschafft und daraus diverse Wandobjekte geschaffen. Hat sie behauen, angefräst und auf Holz genagelt - ohne dass der Stein komplett zerbrochen wäre. Hier und da sind höchstens ein paar Schichten abgeblättert. "Schiefer kann das alles", sagt Größl. Eine dunkle Steinfeder hat er hergestellt und als Druckstock verwendet, manche Platten widmen sich dem Kreuzsymbol, andere dem Kreis. Hier stechen zwei Interpretationen des einen Themas besonders ins Auge: Auf angehobelte Siebdruckplatten hat Größl Schieferstücke genagelt. In beiden Fällen sind die Metallstifte im Rund angeordnet - doch einmal in Reih und Glied, das andere Mal kreuz und quer.

Chaos ist die eine Seite... (Foto: Christian Endt)
...Ordnung die andere. (Foto: Christian Endt)

Es ist das Spiel mit Strukturen, das Größl fasziniert, in den verschiedensten Ausprägungen. Wobei sich der Bildhauer aber keinesfalls in Details verzetteln will. Wenn er mit Holz arbeitet, nimmt er deswegen ausschließlich die Ketten- oder Bandsäge zur Hand, nie filigraneres Werkzeug. "So schränke ich mich absichtlich ein", erklärt er. Denn bei seinen Skulpturen gehe es allein um den Ausdruck - eben jene Idee, die dem Material bereits innewohnt - nicht um "die Ausarbeitung einer Augenbraue".

Manchmal aber spukt in Größls Kopf auch schon ein bestimmter Begriff herum, auf dessen Spur er sich im Schaffensprozess begibt. Der sich dann in einer Arbeit manifestiert. "Follower" zum Beispiel war so ein Wort, das Größl inspirierte, nach der Säge zu greifen. Entstanden ist eine sehr abstrahierte Figurengruppe. Vier längliche Gestalten, erkennbar nur an ihren Köpfen, die nicht ausformulierten Körper sind mit Ritzen - Narben? - übersät. Einer von ihnen ist besonders hoch und scheint voranzuschreiten, die anderen bilden sein treues, aber stummes Gefolge.

Diese "Follower" sind aus Holz, sie können also gar keine Likes vergeben. (Foto: Christian Endt)

"Kunstöffnungszeit - Neue Arbeiten von Yvonne Reber und Hanno Größl" in der Schrottgalerie Glonn, geöffnet am Sonntag, 7. Januar, von 10 bis 18 Uhr. Es gibt Glühwein und Gebäck.

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