In der Klosterschule Glonn:Farbrausch vor dem Bierzelt

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Ein ganz seltenes Exemplar: der "Feuerfisch" von Maria Theresia Schade. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Kulturverein Glonn lädt just am kommenden Dorffest-Wochenende zu seiner Kunstausstellung ein. So gerät der Start in den Sommer nicht nur fröhlich, sondern auch besonders bunt.

Von Anja Blum, Glonn

Menschen, die eigentlich schon auf dem Weg ins Bierzelt sind, noch zu einem kurzen Abstecher in die Welt der Kunst zu verführen: Das ist nun das Anliegen des Glonner Kulturvereins. Nicht von ungefähr hat er seine Mitgliederausstellung auf das kommende Wochenende gelegt, an dem die Gemeinde die Ferienzeit traditionell mit einem großen Dorffest einläutet. Die Klosterschule liegt auf dem Weg dorthin - und direkt vor der Galerie setzt die Kunst diesmal eine unübersehbare "Duftnote": eine meterhohe Holzskulptur von Johannes Gottwald.

Eine schon etwas ältere Arbeit sei das, erklärt der Bildhauer, deswegen habe er, um der Verwitterung des Eschenstammes etwas entgegenzusetzen, ihr einen neuen Sockel aus Beton verpasst und einen bunten Anstrich. Doch gerade damit passt die Skulptur wunderbar zum diesjährigen Thema der Schau, denn dieses lautet "Farbrausch". Der Kulturverein nämlich hat das im vergangenen Jahr neu entwickelte und für gut befundene Konzept beibehalten: Erneut gibt es ein überwölbendes Motto für die Ausstellung in der wunderschönen Klosterschule, erneut wurden die Arbeiten luftiger gehängt und vor allem thematisch sortiert, anstatt nach ihren Schöpfern. So nämlich entstehen intensive wechselseitige Bezüge zwischen all den malerischen und bildhauerischen Exponaten.

Die meterhohe "Duftnote" von Johannes Gottwald zählt zu einer Serie von Skulpturen, die den menschlichen Sinnen gewidmet ist. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Insgesamt hat der Glonner Verein rund 240 Mitglieder, ihnen allen liegen die Kultur, Geschichte und Schönheit ihrer Heimat am Herzen. Und das äußert sich in verschiedenen Aktivitäten, im Betrieb eines Museums unter dem Dach der Klosterschule, im Aufstellen von Ruhebänken oder im gemeinsamen Besuch von Konzerten. Außerdem gibt es diejenigen Mitstreiter, die selbst aktive Künstlerinnen und Künstler sind. Auf der ebenfalls neu gestalteten Homepage des Vereins werden sie in kleinen Porträts vorgestellt, das Kapitel befindet sich noch im Aufbau. Live und, vor allem, in Farbe erleben kann man sie aber nun wieder bei der Mitgliederausstellung.

Bespielen gemeinsam mit vielen anderen die Galerie in der Glonner Klosterschule: Gerlinde Back, Reinhard Riedel, Angelina Adams-Kolbeck, Colin Duncan und Rüdiger Thorwarth (von links). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

22 Kreative aus Glonn und Umgebung stellen nun ihr Schaffen in der Klosterschule vor, viele sind dem Publikum vermutlich bereits bekannt, aber es sind auch jedes Jahr frische Gesichter vertreten. Zu sehen gibt es vor allem Malerei diverser Stile und Techniken sowie Dreidimensionales aus verschiedenen Materialien. Das Thema Farbrausch kommt freilich vor allem jenen entgegen, die mit dem Pinsel arbeiten, doch auch so manche Skulptur geizt nicht mit Pigmenten.

Vielschichtige Apsis: Von Reinhard Riedels Frauenfiguren bewacht scheint Vasco Kintzels futuristische Installation zu sein. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gleich der erste Raum, die wunderschöne Kapelle, ist in erster Linie dem Skulpturalen gewidmet. Reinhard Riedel hat dort zwei Frauen platziert, eine "Pandora" und "Die Tochter des Königs", denn die Verehrung der Weiblichkeit ist sein Thema, auch in der Malerei. Beide mythologisch anmutenden Figuren bestehen aus gegossenem Epoxidharz, also Kunststoff, und wurden mit Oxidationsfarbe bemalt. "Mich fasziniert besonders", sagt Riedel, "welche Wirkung sie hier in der Kapelle plötzlich entfalten: die eine bekommt was Religiöses, die andere etwas Böses".

In der Mitte der Apsis, zwischen den beiden Frauen, kann man einen Blick in die Zukunft werfen, die uns zugleich fasziniert wie herausfordert: Vasco Kintzel hat eine rätselhafte Installation erschaffen, die futuristisch und zugleich verwittert daherkommt. Außerdem kann "KI GED 1.0" sprechen: Es erklingen von einer künstlichen Intelligenz hergestellte Gedichte zum Thema Farbrausch. Die Stimme ist zwar relativ schwer verständlich - was bei genauerem Hinhören jedoch als Segen bezeichnet werden muss.

"Blue Planet" heißt diese beeindruckende Collage von Johanna Bell-Hartl. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht fehlen dürfen freilich die "Großkopferten in handlichem Format" von Rüdiger Thorwarth: kleine Szenen aus Ton, die gekonnt Politisches wie Allzumenschliches aufspießen. Dabei ist der Künstler seiner Zeit sogar manchmal voraus: Bereits vor zehn Jahren habe er festgehalten, wie Putin eine siegesgewisse Merkel aufs Kreuz lege. Mit Farbe etwas schwerer tut sich Achim Ehaus, dessen Markenzeichen schwarze Steinskulpturen sind. Doch seine "Träumende" aus Serpentin, ein außerirdisch anmutender Kopf, setzt das Thema durchaus um - wenn auch eher subtil.

Ergänzt werden die bildhauerischen Arbeiten von diversen malerischen Abstraktionen. Da gibt es einen Blick ins Universum von Johanna Bell-Hartl, eine Collage mit erstaunlicher Tiefenwirkung. Dazu eine fröhlich-bunte, dynamische "Summertime" von Waltraud Fichter sowie vier kleinere Arbeiten von Maria Teresa Schade, die in einem meditativen Prozess florale wie maritime Motive marmoriert. Der Zentralraum gehört ganz Gabi Craemer-Schaepe, die hier zwei Hingucker in Acryl platziert hat: einen "Blütenrausch" und "Wo bleibt er nur?" - eine Frau mit Hut und langem Kleid am Meer.

Karin Nahr hat dieses "Rapsfeld mit Gewitterhimmel" in der Filzen entdeckt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wer ein Faible hat für Aquarell, sollte an dieser Stelle rechts abbiegen. Denn dort gibt es zierliche Elfen und wilde Raubkatzen von Gerlinde Back zu sehen sowie malerisch-abstrahierte Landschaften aus Yorkshire von Colin Duncan. Und beide gehen - für diese Technik ungewöhnlich - beim Thema Farbe in die Vollen. Zarter hingegen die poetischen Unterwasserwelten von Anni Widmann, die jüngst in Kroatien urlaubte. Doch so weit muss man gar nicht fahren, um Inspiration zu finden, das beweisen zwei Bilder von Karin Nahr. Eines zeigt - regelrecht augenzwinkernd - einen Glonner Supermarkt, das andere ein "Rapsfeld mit Gewitterhimmel, entdeckt in der Filzen.

Was so alles in der Malschule von Angelika Oedingen passiert, die im ersten Stock der Klosterschule beheimatet ist, verrät der Raum im Nordosten. Obwohl dort die Farben quasi explodieren, ist die Gesamtwirkung eher beruhigend. Von der Dozentin selbst hängt da ein großformatiger Dschungel organischer Formen in allen erdenklichen Grüntönen. Waltraud Utz hat sich dem "Sommer" verschrieben, ebenfalls dargestellt durch angedeutete Blüten und Blätter, und Elfi Jung-Strauss mag es offenbar ganz abstrakt: Ihre Variationen in rot und orange sind Collagen, die ganz auf die Wirkung der Farbe setzen.

Helmut Kirchlechner zeichnet seine Kreise mit der freien Hand - trotzdem sind sie von schier unheimlicher Präzision. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weiter geht es mit einem vergleichsweise bunt zusammengewürfelten Raum, schließlich lassen sich nicht immer Parallelen finden. Helmut Kirchlechner steuert freilich wieder einen seiner die Unendlichkeit berührenden Kreise bei, allerdings diesmal einen in fröhlicher Regenbogenmanier. Zwei Mal zarte Makrofotografie gibt es von Helmut Scholz: eine Rose und eine "Wassermusik". Für mediterrane Motive hat sich hingegen Richard Salobir entschieden, seine romantischen Ölmalereien schwelgen in hübschen Damen und üppigen Rosenstöcken.

In Anbetracht der Gemälde von Richard Salobir möchte man doch am liebsten sofort den Koffer packen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine Art abstraktes Bergmassiv aus kontrastreichen, leuchtenden Farben, geschaffen von Regina Bösl, läutet den Westraum ein. Außerdem zu sehen gibt es dort ein mit viel Farbe verfremdetes, sinnliches Frauenporträt von Reinhard Riedel, einen ikonenhaften "Blütenbaum" mit viel Gold von Barbara Maniu sowie eine bemalte Holzskulptur von Angelina Adams-Kolbeck. Sie trägt den Titel "Seelenpfade" und versinnbildlicht quasi unsere ganze Welt. Vom Tor der Geburt über die vier Elemente bis hin zum schützenden Engel. Und so einer kann schließlich nie schaden, selbst auf dem bestimmt friedlich-ausgelassenen Glonner Dorffest.

Mitgliederausstellung des Glonner Kulturvereins : "Farbrausch" in der Galerie Klosterschule, Klosterweg 7. Vernissage am Donnerstag, 27. Juli, ab 19 Uhr. Ausstellungsdauer: Freitag, Samstag, Sonntag, Montag jeweils von 14 bis 19 Uhr. Eintritt frei

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