Ausstellung in Glonn:Farbverwandtschaft

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Kreatives Duo: Yannick und Achim Booth vor einem Kreis-Bild des Jüngeren. Titel vergibt der angehende Kunststudent noch keine. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Kunstbegegnung" von Vater und Sohn: Achim und Yannick Booth zeigen in der Klosterschule ein spannungsvolles Aufeinandertreffen von Spontanität und Planung, Realismus und Abstraktion.

Von Anja Blum, Glonn

Eltern prägen ihre Kinder, keine Frage. Doch je älter diese werden, desto mehr kann sich der Prozess auch umkehren. Dann haben wir plötzlich eigenständige Persönlichkeiten vor uns, die ganz andere Wege gehen und uns - wenn wir Glück haben - sogar ein Stückchen mitnehmen. Ein schönes Beispiel dafür ist die "Kunstbegegnung", die nun in der Glonner Klosterschule stattfindet: Achim Booth stellt dort diesmal nämlich nicht alleine aus, sondern zusammen mit seinem Sohn Yannick Booth, angehender Kunststudent. Und im Gespräch zeigt sich, dass nicht nur der Jüngere vom Älteren gelernt hat, sondern durchaus auch umgekehrt.

Zu sehen gibt es Malerei, Objekte, Video und Fotografie, wobei die Räume in der wunderschönen Galerie weder nach Genre noch nach Künstler aufgeteilt sind. Vielmehr sind die Werke von Vater und Sohn ganz bewusst miteinander verschränkt. "Wir wollen, dass die Korrespondenzen und Abgrenzungen zwischen uns sichtbar werden", erklärt Achim Booth. Außerdem verfolge die Hängung die Idee von "Erlebnisräumen": Die Besucher sollen mit allen Sinnen vom Gesamteindruck gefangen genommen werden. Das gelingt - vor allem auch deshalb, weil große dreidimensionale Installationen die malerischen Arbeiten ergänzen.

"Erlebnisraum": Achim Booth mit seiner Installation aus Naturmaterialien. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Achim Booth, geboren in München, kann man guten Gewissens als kreativen Tausendsassa bezeichnen. Er ist gelernter Fotograf, hat Philosophie und Kunst studiert, nebenbei "immer schon geschrieben", in seinem Lebenslauf findet sich sogar "der Versuch eines bohemienhaften Daseins", dazu gesellen sich diverse Reisen und Künstlergruppen. Heute lebt Booth mit seiner Familie in Hohenthann, arbeitet als freiberuflicher Künstler und Grafikdesigner. Von strengen, minimalistischen Kunst- sowie Ausstellungskonzepten hält er nicht viel. "Ich interessiere mich für fast alles, bin sehr offen und versuche dabei, meine eigene Sprache zu finden", sagt Achim Booth.

Und nun schickt sich der Sohn an, in die Fußstapfen dieses Freigeistes zu steigen: Yannick Booth konnte einen der begehrten Plätze an der Kunstakademie in Wien ergattern, Ende Oktober geht es los. Kunst sei dank seines Vaters zuhause natürlich allgegenwärtig gewesen, erzählt er, doch sein eigenes Interesse daran sei erst mit etwa 15 Jahren erwacht. Dafür aber umso dringlicher: Yannick Booth begann zu malen und zu zeichnen, beschloss, Kunst zu studieren und zog, in der Hoffnung auf einen Platz an der Akademie, nach Wien. Die ersten beiden Bewerbungen scheiterten knapp, doch Booth Junior ließ sich nicht entmutigen. Er fand einen ebenso malbegeisterten Freund sowie ein großes Atelier - und legte los. "Dort ist ganz viel Platz, keinerlei Ablenkung und man muss überhaupt nicht aufpassen", sagt der 22-Jährige und strahlt dabei mit seinen Bildern um die Wette. Mit Farbe zu spritzen, sie laufen zu lassen: Das sei dort alles kein Problem, ganz anders als daheim im Kinderzimmer.

Yannick Booth malt sehr gerne großformatig. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Große Formate, vom Zufall beeinflusste Farbexperimente: Da ist er schon, der Unterschied zum Vater. "Ich habe und mag einfach einen sehr freien Zugang zur Kunst", sagt Yannik Booth, wie im Flow lässt er seiner Inspiration freien Lauf. Für Achim Booth hingegen ist die Malerei eigentlich ein hochkonzentriertes, akribisches, minutiös geplantes Schaffen, sein Metier sind fast fotorealistische Szenen. Doch zuletzt hat er sich sichtlich inspirieren lassen von seinem Sohn: In seine imaginären, bühnenbildartigen Landschaften schleichen sich nun immer wieder expressive Details ein. "Kleine, mutige Eingriffe", nennt sie Achim Booth selbst. Ein verlaufender, knalloranger Himmel etwa. Oder wilde Sprenkel.

Generell kommen seine kleinen quadratischen Bilder sehr aufgeräumt und freundlich daher. Auf meist pastelligen malerischen Raum setzt Achim Booth diverse Versatzstücke, rätselhafte Kombinationen von ornamental anmutenden Pflanzen, architektonischen Bruchstücken, Wegen, Bergen, Wäldern und teils auch Figuren. "Von meinen fotografischen Vorlagen habe ich mich entfernt", sagt er, vielmehr schöpfe er nun frei aus seinem inneren Formenrepertoire.

Irgendwie fotorealistisch und doch rätselhaft: Achim Booths Landschaften schweben zwischen den Welten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Außerdem zeigt Booth wieder Beispiele seiner Land-Art: einerseits mit der Kamera direkt in der Natur festgehaltene Objekte, andererseits als raumgreifende Installation. Aus pittoresken Ästen einer Korkenzieherweide schafft der Künstler große, magische Mobiles, denn einmal aufgehängt, fängt das filigrane Holz sofort an, sich sachte zu drehen. Darunter, am Boden, hat Booth Fundstücke drapiert, veredelte Naturmaterialien wie Blätter, Gräser oder Beeren. Das sei der Raum der "Schwebezustände", sagt er.

Passend dazu gibt es von Yannick Booth einen wilden, großen Wald in Schwarz-Weiß sowie ein Gemälde, auf dem das Wort "vorbeischwebend" geschrieben steht: nur anskizzierte Menschen mit Schirmen auf einem weiten Feld. "Ich stehe ja noch ganz am Beginn - und bin deshalb für alle Experimente offen", sagt der 22-Jährige bescheiden. Seien sie figürlich oder abstrakt. Auch male er nicht nur, sondern zeichne und schreibe viel, führe stets kleine Skizzenbücher. "Im Machen den Weg finden", auch wenn das mal in eine Sackgasse führe: So laute derzeit seine künstlerische Devise.

Fröhliche Leichtigkeit strahlt dieses Bild von Yannick Booth aus. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Seine Ideen entwickelt der 22-Jährige oftmals auch in Skizzenbüchern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Und wer sich die Glonner Ausstellung anschaut, kann Yannick Booth beim Suchen und Finden quasi begleiten. Da gibt es zum Beispiel mehrere große, betörende Gemälde, die über und über bedeckt sind mit Kreisen. Mal düster, mal bunt, mal alle gleich groß, dann wieder verschieden. Ein anderes Bild zeigt zwei Typen in roten Hosen, eine sehr kraftvolle Komposition, und wieder ein anderes bietet eine abstrakte Farbexplosion, die die große Geste feiert.

Er habe dank seines Vaters vieles kennengelernt, unterschiedliche Sichtweisen, verschiedene Künstler und entsprechende Bücher, erzählt Yannick Booth, und dass er für diese Impulse sehr dankbar sei. "Am Anfang war das alles ja ein großes Mysterium für mich." Und was sagt nun der Papa über seinen malenden Sohn? "Ich bin sein größter Fan!" Wie könnte es anders sein.

"Kunstbegegnung" in der Klosterschule Glonn, Achim und Yannick Booth, Vernissage am Freitag, 29. September, 19 Uhr, geöffnet am Samstag, 30. September, sowie Sonntag und Dienstag, 1./3. Oktober, von 13 bis 18 Uhr, am Freitag, 6. Oktober, von 14 bis 18 Uhr sowie am Samstag und Sonntag, 7./8. Oktober von 13 bis 18 Uhr.

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