In der Galerie Klosterschule:Visuelle Gesamtpakete

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Nur eine Pfütze? Gisela Wimmer hat einen ganz besonderen Blick für visuelle Momente. (Foto: Gisela Wimmer/oh)

Die "Fotofreunde Glonn" zeigen in ihrer Jahresausstellung keine singulären Eyecatcher, sondern wohlkomponierte Serien. Vorherrschende Themen sind Architektur und Wasserlandschaften.

Von Anja Blum, Glonn

"Bei einem Wettbewerb hätte wahrscheinlich keines dieser Bilder hier eine Chance", sagt Volker Jäger von den Fotofreunden Glonn, als er durch deren Jahresausstellung führt - und lächelt. Denn eine Schmähung soll diese Aussage keinesfalls sein, ganz im Gegenteil. Bei Wettbewerben zähle immer "nur das eine flashy Foto", erklärt Jäger. Die Fotofreunde aber lieferten lieber Gesamtpakete, also in sich stimmige, abgeschlossene Arbeiten - die vielleicht auch erst auf den zweiten Blick ihre Wirkung entfalteten.

Die neue Schau in der wunderschönen Galerie der Glonner Klosterschule zeigt diesen Anspruch denn auch auf eindrückliche Weise. Bis auf eine Ausnahme stellen alle Fotografen und Fotografinnen dort kleine Serien aus. Also jeweils drei, vier oder mal fünf Bilder, die zusammengehören - und eben auch gemeinsam als künstlerischer Ausdruck wahrgenommen werden wollen. Dies sind keine singulären Eyecatcher, sondern wohlkomponierte Gesamtkunstwerke.

Von Jäger selbst zum Beispiel stammt die "Strand-Kalligraphie": Drei Bilder zeigen angeschwemmtes Seegras, das aber kaum mehr als solches zu erkennen ist. Alle Farbe hat der Fotograf den Aufnahmen entzogen, und die Kontraste hochgefahren, so dass feine, grafische Arbeiten entstanden sind. "Jetzt erinnert mich das Gras an Zeichen in einer unbekannten Schrift. Oder was sehen Sie?", fragt er.

Wer kann das lesen? Volker Jäger hat am Strand Kalligrafie entdeckt. (Foto: Volker Jäger/oh)

Ebenfalls ohne Farbe arbeitet Bernhard Jungwirth bei seiner fünfteiligen Serie "Unterwegs", der ein Zitat von Goethe beigestellt ist: "Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen." Als passionierter Wanderer hat Jungwirth auf Fernwanderwegen in Deutschland und der Schweiz fotografiert und dabei unterschiedliche Landschaften als auch Wettersituationen festgehalten. Besonders reizvoll aber sind diese Aufnahmen, weil den eigentlich gängigen Motiven hier die Farbe fehlt.

Mal nicht in schwarz-weiß, sondern mit ein bisschen Farbe hat Sebastian Kugler ein für ihn typisches Sujet gestaltet: die mit einer Folie tanzende Frau. Durch eine vergleichsweise lange Belichtungszeit und eine fast monochrome Farbgebung verleiht er diesen Szenen - Titel: "In Bewegung" - eine sanfte und zugleich geheimnisvolle Wirkung.

Vorhang auf! Sebastian Kugler inszeniert seine Motive sehr gerne. (Foto: Sebastian Kugler/oh)

Mit sehr wenig Farbe kommt auch Gisela Wimmer aus. "Dramatisch..." hat sie ihre kleine Serie getauft - völlig zu Recht. Obwohl eigentlich nur Pfützen zu sehen sind. Doch die darin eingefangenen Spiegelungen von Wolken und Bäumen haben es in sich, vor allem, weil Oberflächeneis die Perspektive verschiebt. Außerdem setzt die Sonne effektvolle Highlights in die düstere Szenerie.

Sehr künstlerisch kommen auch die Arbeiten von Norbert Alexy daher. Er hat mit seiner Kamera die Säulenhalle "Stoa 169" bei Polling besucht und stellt dem Betrachter nun vier dieser individuell gestalteten Pfeiler vor - sowohl mit Aufnahmen aus besonderen Perspektiven als auch von einzelnen Details.

Kunstsäulen künstlerisch in Szene gesetzt hat Norbert Alexy. (Foto: Norbert Alexy/oh)

Ein in der Schau öfter wiederkehrendes Sujet ist die die Architekturfotografie. Da gibt es von Harald Biebel bunte portugiesische Strandhäuser zu sehen und moderne Architektur aus besonderem Blickwinkel, an anderer Stelle den schiefen Turm von Pisa, von Gilbert Pinggera extra verwackelt in Szene gesetzt, oder "Urbane Projektionen" von Sebastian Kugler. Diese Abstraktionen erzeugen durch starke horizontale wie auch vertikale Linien und leuchtende Farbpartien eine nachhaltige Spannung.

Ebenfalls häufig um Architektur geht es bei den diesjährigen AV-Schauen der Fotofreunde. Norbert Alexy belebt am Königsplatz den Slapstick-Stil wieder, Volker Jäger entführt die Zuschauer in den ehemaligen "Regierungsbunker" im Ahr-Tal bei Bonn und Harald Biebel hat sich sowohl die Stadt der Künste und Wissenschaften in Valencia als auch eine ehemalige Porzellanfabrik in Arzberg, Oberfranken, angesehen.

Harald Biebel ist ein Perfektionist. Diese Aufnahme zum Beispiel hat er zeitaufwändig in Fineart-Technik bearbeitet. (Foto: Harald Biebel/oh)

Ebenfalls oft vertreten ist das Thema Strand, nicht nur bei Jägers Kalligrafie. Biebel und Kugler waren an der Atlantikküste unterwegs, beide haben mit längeren Belichtungszeit und bewegter Kamera experimentiert. Bei Kugler besticht der gekonnte Kontrast aus weichgezeichnetem Hintergrund und scharfen, also hart konturierten Menschen, Biebel hingegen legt seinen Fokus auf die Weite und das große goldene Leuchten am Horizont. Wimmer wiederum hat "Das große Aufräumen" an der Adria eingefangen: Zum Ende der Sommersaison werden die Bataillone aus Liegen und Schirmen winterfest gemacht. Eine ganz besondere Stimmung.

Auch jene Arbeiten, bei denen jeweils eine Drohne zum Einsatz kam, haben mit Wasser zu tun: Jäger hat im Po-Delta südlich von Venedig fotografiert, und zwar Fischerhütten mit stationären Netzen, Bilancioni genannt. "Sie nutzen die Gezeitenströmung und werden abgesenkt und wieder hochgezogen um, hauptsächlich, kleine Fische für das Fritto Misto zu fangen", erklärt er. "Von oben sehen sie besonders eindrucksvoll aus." Und Kugler zeigt Wasserlandschaften im Landkreis Ebersberg, die Moosach von oben fotografiert.

Eine Hommage an den Baum der Bäume hat Gilbert Pinggera geschaffen. (Foto: Gilbert Pinggera/oh)

Erstaunlich selten zu sehen sind bei den Glonner Fotofreunden die klassischen Motive aus Flora und Fauna. Hier gibt es lediglich zwei Beispiele, aber die sind beide beeindruckend. Pinggera nämlich hat eine fünfteilige Hommage an den Ölbaum geschaffen, den Baum aller Bäume. "Er steht für Weisheit, Frieden und das Leben. Er hat den Segen der Stille", ergänzt der Fotograf. Dementsprechend liebevoll porträtiert er den Baum, nicht im Ganzen, sondern in seinen Details: pralle und doch weich gezeichnete Oliven und Blätter - vor malerisch-unscharfem Hintergrund.

Außerdem gibt es - last but not least - einen wunderschönen Schmetterling von Inge Kolb aus Oberpframmern, quasi die Alterspräsidentin des Clubs. Mitte Neunzig ist sie bereits, hat allerdings immer noch die Energie, mit der Kamera unterwegs zu sein und sich sogar fortzubilden. Einen Kurs in Makrofotografie hat Kolb jüngst belegt - das Ergebnis kann man nun in Glonn bestaunen. Ihrem Falter ruft sie im Titel zu: "...flieg weg!" Allen anderen möchte man raten: Geht da unbedingt hin!

Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn in der Galerie Klosterschule: Eröffnung am Freitag, 27. Oktober, um 19.30 Uhr, geöffnet am Samstag, 28. Oktober, 14 bis 18 Uhr, Sonntag, 29. Oktober, 10 bis 18 Uhr, Samstag, 4. November, 14 bis 18 Uhr, und Sonntag, 5. November, 10 bis 18 Uhr

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