Im Schilde geführt, Folge 5:Moosacher Wappen: Unter den Schwingen des Urfalken

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Seit Hunderten von Jahren teilen sich Moosach und Markt Schwaben ein Wappentier, das seinen Ursprung in der Nähe eines bekannten Biergartens hat.

Von Michaela Pelz, Moosach

Egal, aus welcher Richtung man sich Moosach nähert, man wird von einer hölzernen Willkommenstafel begrüßt. Vorne und hinten zeigt sie das Wappen der Gemeinde; gut erkennbar handelt es sich dabei um einen Raubvogel, der - so mag der Laie denken - auf einer Ackerpflanze steht. Tatsächlich aber ist es, laut Blasonierung, also der fachsprachlichen Beschreibung: "In Gold ein schwarzer Falke, der von zwei gesenkten, schräg gekreuzten grünen Mooskolben überdeckt ist."

In der Gemeinde Moosach laden kleine Pfade zum Flanieren am gleichnamigen Bach ein. (Foto: Christian Endt)

Moos-, nicht etwa Maiskolben, und damit ein anderes Wort für Schilf. "Wasser war gewissermaßen eine Lebensader für den Ort. Es gab früher zahlreiche Mühlen", sagt Bürgermeister Eugen Gillhuber. Logisch also, dass auch der von einer Vielzahl von Quellen aus dem Altenburger Hang gespeiste Bach Moosach Platz finden sollte im Wappen, das die Gemeinde seit 1974 führt. Zumal eben jenes Gewässer bereits 774 in einem Nachlass eine Rolle spielte. Zusammen mit diversen Ländereien und Wald ging es an den Bischof von Freising, der nach damaligem Brauch zusammen mit einem Dutzend anderer Zeugen des Vermächtnisses zur bleibenden Erinnerung daran am Ohr gezogen wurde.

Gut erkennbar zeigt das Moosacher Wappen einen Raubvogel, der - so mag der Laie denken - auf einer Ackerpflanze steht. (Foto: N/A)

So ist es dem zweibändigen Moosacher Heimatbuch zu entnehmen, das seit 2015 auf 1168 Seiten wirklich jede Frage zu Geschichte und Gegenwart der zwölf Ortsteile - von Altenburg bis Schattenhofen - beantwortet. Zusammengestellt und geschrieben wurde das Mammutwerk in fünfjähriger Arbeit von elf Geschichtsinteressierten - einer davon ist Peter Maicher. Fragt man ihn nach der Geschichte des Wappens, weist der Landtagsdirektor a.D. darauf hin, dass es noch vor den Zeiten von Burg Falkenberg, von der gleich die Rede sein soll, eine andere Burg hoch über Moosach gegeben habe. Zum Schutz vor einfallenden Truppen aus Ungarn stand sie wohl dort, wo man heute nach dem Aufstieg entlang eines Kreuzwegs mit steinernen Stationen die wunderschöne Wallfahrtskirche Maria Altenburg erreicht.

Ausflugslokale wie die Schlossgaststätte Falkenberg bieten den Gästen regionale Schmankerl. (Foto: Christian Endt)

Entsprechende Urkunden gibt es nicht. Anders verhält es sich bezüglich der "Burg zu Falkenberg", der das heutige Wappen sein wesentlichstes Element verdankt. Der zwischen 1120 und 1160 errichtete Bau trug nämlich als zentraler Stützpunkt maßgeblich dazu bei, den Wittelsbachern die Macht im südlichen und östlichen Teil ihres Herzogtums gegen Konkurrenz etwa vom Bischof von Freising zu sichern. Dieser durfte zwar überall Besitz und Untertanen haben, konnte als Geistlicher jedoch kein Richteramt ausüben. Das übernahm der von den Wittelsbachern eingesetzte "Judex" - welcher bei jedem Urteil ein Neuntel der Strafsumme für seinen Lehnsherrn kassieren konnte. Außerdem trieb der Verwalter als "Kastner" die Abgaben der Bauern ein. Im 13. Jahrhundert fand dieses einträgliche Geschäft auf Burg Falkenberg statt, wo man natürlich auch ein Wappen führte - darauf der namensgebende Vogel in Weiß auf einer schwarzen Anhöhe.

Wer einen Ausflug in die Natur plant, der muss nicht zwingend in die Ferne schweifen. (Foto: Christian Endt)

Wem dies bekannt vorkommen sollte, der hat es vielleicht tatsächlich schon als Gemeindewappen gesehen - allerdings rund 20 Kilometer weiter nördlich, nämlich in Markt Schwaben.

Das ist mitnichten ein Zufall, denn die Wittelsbacher hielten diesen Standort mit der Zeit für strategisch günstiger. Deswegen übertrugen sie erst nach und nach die Herrschafts- und Verwaltungsfunktionen dorthin und 1409 gleich das Wappen selbst. Grafen von Falkenberg gab es da schon längst keine mehr und vielleicht nicht einmal mehr eine Burg. Genau kennt man den Zeitpunkt ihrer Zerstörung nicht, fest steht aber, dass an ihrer Stelle 1579 ein Schloss gebaut wurde, bis ins 19. Jahrhundert Sitz des Hofmarkherrn. Es steht noch heute, befindet sich aber in Privatbesitz. Aus diesem Grund ist das vordringliche Ziel heutiger Ausflügler und Einheimischer eher die Schlossgaststätte Falkenberg. Sie kommen zu Fuß, mit Bus oder Auto, nutzen die kurvenreichen Zugangsstraßen für einen Motorradtrip oder strampeln sich auf den Radwegen Sempt-Mangfall und Isar-Inn ab. Über den Zulauf freut sich Inhaber Dieter Karweina, der seinen Gästen bayerische Küche aus regionalen Produkten serviert. Die Nachfolge des Lokals, das sich schon seit den 1920er Jahren in Familienbesitz befindet, ist gesichert - der 30-jährige Sohn stehe schon in den Startlöchern, sagt der Wirt. Was er nicht erzählt, aber in der Chronik zu finden ist: Sein Gasthof mit dem schattigen Biergarten diente sogar schon als Filmkulisse, unter anderem für die "Blechtrommel".

Das imposante Schloss Falkenberg ist ein echter Hingucker. (Foto: Christian Endt)

Bekannt über die Grenzen Moosachs hinaus wurde der Name Falkenberg aber auch durch seinen Ski-Club. Im März 1969 als allererster Wintersportverein des Landkreises Ebersberg gegründet, hat der SCF mittlerweile mehr als 800 Mitglieder, die sich ganzjährig nicht nur beim Sport im Schnee ertüchtigen, sondern auch gemeinsam wandern, laufen, Radl fahren oder Fitness betreiben.

Wer hingegen lieber ins kühle Nass springt, der hat es von Moosach aus nicht weit zum Steinsee, der als einer der wärmsten natürlichen Badeseen Deutschlands gilt. Das haben offenbar auch schon zu früheren Zeiten Einheimische wie Sommerfrischler geschätzt. In einer ortspolizeilichen Vorschrift von 1890 macht der Bürgermeister bekannt, dass bei Strafe von "bis zu neun Mark" - ziemlich happig, verglichen mit dem durchschnittlichen Monatsverdienst von 55 Mark, wie die Bundeszentrale für politische Bildung weiß - das Baden nur an Stellen erlaubt sei, "welche hinreichend gegen die Blicke Vorübergehender geschützt sind". 1899 war es damit ohnehin vorbei: Der neue Gutsbesitzer von Niederseeon kaufte den Grund rund um den See und sperrte mit einem Zaun den Badezugang.

Das hat sich mittlerweile zum Glück wieder geändert, und so kann man in der Gemeinde Moosach nach dem Willkommen genießen, was das Wappen verspricht: Freude im Wasser und danach Fisch beim alteingesessenen Neuwirt am Kirchplatz aus der bekannten Altenburger Zucht Plenagl. Doch selbst wenn die Fische anderswo herkämen, störte es den Moosacher nicht. Er kennt sich ja aus mit gemeindeübergreifenden Kooperationen - schließlich teilt er "seinen" Falken schon seit Jahren problemlos mit den Markt Schwabenern.

© SZ vom 06.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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