Landwirtschaft:Abschreckende Installation

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Ein toter Vogel als Abschreckung für andere Vögel: Das hat in den vergangenen Tagen die Gemüter etlicher Plieninger erregt. (Foto: privat)

Ein zwischen zwei Pfählen aufgehängter Kadaver einer Gans verstört in Landsham etliche Spaziergänger. Das Ebersberger Landratsamt prüft den Fall - der Jagdpächter verweist auf die Nöte des Landwirts.

Von Barbara Mooser, Pliening

Zwei Holzpfähle, dazwischen aufgespannt das Tier: eine tote Wildgans, festgebunden an den beiden Füßen, die Flügel weit gespreizt. "Mir fehlen die Worte, mir ist nicht begreifbar, wieso man ein Wildtier so aufhängt", sagt ein Plieninger, der diese gruselige Installation in einem Feld bei Landsham selbst gesehen hat. Er ist nicht der Einzige: Der für viele verstörende Anblick war in den vergangenen Tagen Tagesgespräch in Pliening. Als "barbarisch" bezeichnet Richard Straub vom Landesbund für Vogelschutz den Vorgang. Auch im Ebersberger Landratsamt gab es nach Angaben einer Sprecherin mehrere Anrufe deshalb: Die Untere Naturschutzbehörde, das Veterinäramt und das Amt für öffentliche Sicherheit seien mit dem Fall befasst. Strafrechtlich relevant ist er aber wohl nicht - so die Bewertung der Poinger Polizei.

Denn eines ist mittlerweile klar: Extra getötet, wie es von manchen vermutet wurde, wurde die Wildgans nicht, um zu dieser sehr speziellen Variante einer Vogelscheuche verarbeitet zu werden - denn so etwas sollte es sein, wie Jagdpächter Emmeran Königer erläutert, der seinerseits die Aufregung um das tote Tier gar nicht verstehen kann. Als "weltfremd" bezeichnet er diejenigen, die kein Verständnis hierfür haben.

Das Tier war von Spaziergängern verletzt gefunden worden

Getötet hat die Gans nach eigenen Angaben Königer selbst. Spaziergänger hätten das Tier gefunden, das schwer verletzt gewesen sei, Beine und Flügel seien gebrochen gewesen, wahrscheinlich durch den Kontakt mit einer Stromleitung. Die Spaziergänger alarmierten die Polizei, diese wiederum Emmeran Königer, der das Tier durch einen Schuss erlöst habe. Eigentlich haben Wildgänse derzeit Schonzeit und dürfen nicht gejagt werden, angesichts dieses Sachverhalts sei aber die Tötung wohl rechtmäßig, so die Sprecherin des Landratsamts. Das bestätigt man bei der Poinger Polizei: "Alles ist rechtens, keinem ist was vorzuwerfen - im Gegenteil." Der Jagdpächter sei in einem solchen Fall verpflichtet, das Tier von seinem Leid zu erlösen, daher hätten die Kollegen von der Streife ihn auch informiert.

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Den Vorschlag, dass die tote Gans noch als Abschreckung verwendet werden könne, habe er selbst dem Landshamer Landwirt gemacht, erzählt Königer. Denn dieser habe schon öfter erzählt, dass die Gänse ihm Sorgen bereiten. An die 80 Tiere lassen sich laut Königer in Landsham regelmäßig nieder: "Die fressen die Wiesen zusammen und scheißen alles voll." Der Landwirt aber brauche das momentan ohnehin aufgrund der Witterung nicht üppig wachsende Gras als Futter für die eigenen Tiere. Die tote Gans habe auf ihre Artgenossen noch abschreckender gewirkt als Plastiktiere, die für diesen Zweck verkauft werden, sagt Königer. So habe das Tier dann ja doch noch einen Nutzen gehabt - er jedenfalls hätte sonst keine Verwendung dafür gehabt.

"So etwas passt nicht mehr in unsere Zeit", sagt ein Naturschützer

Beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz bringt man freilich dennoch kein Verständnis auf. Richard Straub, stellvertretender Kreisvorsitzender, hegt grundsätzlich schon einmal Zweifel, dass ein Vogelkadaver tatsächlich die gewünschte Wirkung erzielen kann. Doch ganz abgesehen davon: "So etwas passt nicht mehr in unsere Zeit", sagt er.

Die Praxis, Vogelscheuchen aus toten Vögeln zu bauen, ist schon alt, das sagt auch der Jagdpächter. Früher habe man neben jedes Fahrsilo eine tote Krähe aufgehängt, um Artgenossen abzuschrecken. Dass das in der Vergangenheit so praktiziert wurde, heißt aber für Vogelschützer Richard Straub nicht, dass das auch heute noch Usus sein kann. Erst kürzlich, sagt er, habe er das Landratsamt Dachau über mehrere tote Krähen informiert, die zur Abschreckung aufgehängt worden seien, und habe um eine Prüfung des Falls gebeten. Vor allem, so Straub, weil die Krähen ja mit Sicherheit eigens dafür getötet worden sein, um als Vogelscheuche zu enden.

Doch auch wenn das im Fall der Landshamer Gans anders war, sieht Straub viele andere und bessere Optionen zu einem toten Vogel als Abschreckung. Beispielsweise gebe es automatische Drachen, die ebenfalls gut Gänse verscheuchen könnten. "Es gibt inzwischen einfach andere Methoden", sagt Straub. Königer hingegen verweist darauf, dass das tote Tier seinen Zweck gut erfüllt hätte - und dann wahrscheinlich noch einem Fuchs als Nahrung gedient habe. Denn inzwischen ist die Gans verschwunden.

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