Gewaltschutz:Frauenhaus soll 2024 eröffnet werden

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Ein Platz, an dem man sich sicher fühlen kann: Das ist für Frauen, die Gewalt erlebt haben, wichtig. Doch oft dauert die Suche lang. (Foto: Sophia Kembowski/dpa)

Das Thema habe höchste Priorität, versichert Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß nach Kritik des Weißen Rings.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Eigentlich sollte der Landkreis Ebersberg bereits 2022 ein eigenes Frauenhaus bekommen, so war der ursprüngliche Plan. Doch die Realisierung hat sich immer wieder verzögert - nach wie vor gibt es in Ebersberg oder Umgebung keinen Ort, wo Frauen, die von Gewalt betroffen sind, Schutz finden können. Nun hat der Weiße Ring den Landkreis deshalb massiv kritisiert - und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) verspricht: 2024 soll das Frauenhaus kommen, nun aber endgültig.

Seit 1995 ist der Landkreis Ebersberg über Verträge mit dem Landkreis Erding verbunden, der ein Frauenhaus betreibt und dort - so jedenfalls war die Idee - auch Platz für Frauen aus dem Landkreis Ebersberg bietet. In der Realität funktionierte das freilich nie so recht, nur einzelne Frauen aus dem Landkreis Ebersberg fanden in der Erdinger Einrichtung Zuflucht. 2019 fiel deshalb schließlich im Ebersberger Kreistag die Entscheidung, bis März 2022 ein eigenes Frauenhaus einzurichten.

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Dies ist bekanntlich nicht gelungen - weshalb der Weiße Ring nun nachgehakt hat. In einem Schreiben an die Mitglieder des Kreistags beschreibt Martin Ache, Leiter der Ebersberger Außenstelle der Opferhilfsorganisation, die Verschärfung der ohnehin kritischen Situation im Landkreis. Man habe einen deutlichen Anstieg an Beratungsgesprächen und Hilfsleistungen verzeichnet, so Ache, dabei werde immer wieder deutlich, dass sich die Betroffenen in einer "absoluten Ausnahmesituation" befänden, die "besonders auch dadurch entsteht, dass die Opfer meist ohne Wohnsitz sind, finanziell abhängig, oft noch Kinder versorgen". Damit werde der Verbleib in der Wohnung oft als das "geringere Übel" angesehen. Wie Ache ausführt, sind dabei nicht nur Frauen, sondern auch Männer, von Gewalt bedroht.

Das Projekt dürfe nicht "an der Tatenlosigkeit des Kreistags scheitern"

Gerade im Landkreis Ebersberg sei die Notlage besonders groß, doch der versprochene Zeitpunkt für die Realisierung sei verstrichen, "immer noch lässt man Betroffene im Regen stehen", so Ache. Er fordert deshalb in dem Brief die Kreisrätinnen und Kreisräte auf, "schnellstens die notwendigen Beschlüsse zu fassen und für deren Umsetzung zu sorgen". Am Ende wird Ache noch einmal sehr deutlich: "Es geht um Menschen, deren Zukunft nicht an der Tatenlosigkeit eines Kreistags scheitern darf."

Nun reagiert Landrat Niedergesäß (CSU), der in einer Pressemitteilung aus dem Landratsamt anmerkt, ihm selbst liege das Schreiben Aches bis heute nicht vor. "Ich verstehe die Sorge von Herrn Ache, was die dringende Notwendigkeit des geplanten Frauenhauses betrifft, allerdings hätten wir das auch direkt beantworten können, hätte sich Herr Ache direkt an das Landratsamt oder mich gewandt", wird Niedergesäß der Pressemitteilung zitiert. Der Vorsitzende des Weißen Rings dürfe aber versichert sein, "dieses Thema hat für uns Priorität 1!"

Der Landrat verweist auf die schwierige Suche nach Immobilien

Die Planungen liefen bereits seit längerer Zeit "auf Hochtouren", so Niedergesäß. Die landkreisweite Suche nach einer geeigneten Immobilien beziehungsweise einem Grundstück habe sich allerdings schwierig gestaltet, obwohl auch alle Gemeinden einbezogen worden seien. Nun habe aber der Kreistag in seiner Julisitzung die entsprechenden Beschlüsse einstimmig gefasst und auch die Finanzierung gesichert. "Aktuell gehen wir sehr zuversichtlich davon aus, dass wir das Frauenhaus im Landkreis Ebersberg im kommenden Jahr eröffnen können", so Niedergesäß.

Mit Blick auf die Betroffenen, deren Schutz selbstverständlich im Vordergrund stehe, müssten die Vorgänge rund um Planung oder Standortfindung in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt werden. "Ich bitte daher alle Beteiligten und auch die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis, wenn wir uns bei diesem sensiblen Thema öffentlich bedeckt halten müssen", so Niedergesäß in der Presseerklärung. Man sei "sehr daran interessiert, das neue Frauenhaus so schnell wie möglich zu eröffnen", dann werde natürlich auch die Öffentlichkeit zeitnah informiert. Im nächsten Schritt folgt nach Angaben des Landrats nun die Suche nach einem geeigneten Träger, sie soll im Herbst starten.

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