Vaterstetten:Humboldt-Gymnasium wird Notunterkunft

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In der Turnhalle der Schule werden an diesem Dienstag 200 Flüchtlinge untergebracht - mindestens bis zur Verleihung der Abiturzeugnisse.

Von Karin Kampwerth und Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Turnhalle des Humboldt-Gymnasiums wird früher als geplant zur Notunterkunft. Nach letztem Stand werden am heutigen Dienstag in der Dreifachhalle Asylbewerber erwartet. Gegen 14 Uhr sollen sie nach Auskunft des Landratsamts ankommen. Die Aufforderung, die Halle freizumachen, ging bei Landratsamt und Schulleitung kurzfristig am Montagvormittag ein. Wie lange die Flüchtlinge beherbergt werden, steht noch nicht fest, und damit auch nicht, ob die Abiturfeier des Gymnasiums nächsten Monat wie geplant stattfinden kann.

Die Halle war bereits für den Winternotfallplan gemeldet

Die neue Entwicklung kommt im Grunde nicht überraschend, schließlich ist die Halle des Gymnasiums seit vergangenen Herbst Bestandteil des sogenannten Winternotfallplanes. Dieser ist inzwischen zum dauerhaften Notfallplan fortgeschrieben worden und verpflichtet die bayerischen Landkreise, dafür Sorge zu tragen, dass kurzfristig bis zu 300 Personen untergebracht werden können. Überraschend ist allerdings der Zeitpunkt. Denn zwar hatte die Regierung von Oberbayern bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass man mangels anderer Unterkünfte den Notfallplan in Kraft setzen werde. Gleichzeitig war man im Ebersberger Landratsamt nach einem Gespräch zwischen Landrat Robert Niedergesäß, Vertretern der Regierung von Oberbayern sowie der Staatsregierung aber davon ausgegangen, dass der Bezirk mit der Belegung der Turnhalle am Vaterstettener Gymnasium zumindest bis zur Verleihung der Abiturzeugnisse wartet, die dort Ende Juni stattfinden soll.

Doch am gestrigen Montag, zwei Stunden nach Schulbeginn, ging eine anders lautende Anforderung der Regierung beim Landratsamt ein. Darin wird der Landkreis aufgefordert die Halle "bis spätestens heute Abend bezugsfertig zur Verfügung zu stellen." Grund dafür ist, so Regierungspräsident Christoph Hillenbrand, dass sämtliche Unterkünfte des Bezirks belegt seien: "Unsere eigenen Pufferkapazitäten, über 4500 Plätze, mussten wir am vergangenen verlängerten Wochenende komplett ausreizen und in Anspruch nehmen." Zwar bemühe man sich "um Entlastung durch die anderen Regierungsbezirke", da diese aber vor ähnlichen Herausforderungen stünden, sei dadurch nicht viel Entlastung für Oberbayern zu erwarten. Zudem müsse der Bezirk sicherstellen, dass auch am kommenden langen Pfingstwochenende ausreichend Unterkünfte für ankommende Flüchtlinge bereitstünden, so Hillenbrand.

Der Regierungspräsident führt weiter aus, dass "der nun erforderliche Rückgriff auf dieses Objekt wohl auch aus Sicht der Kultusverwaltung vertretbar" sei. Schließlich sei die Halle "ausschließlich zur Absolvierung der schriftlichen Abiturprüfungen benötigt" worden, die anstehenden mündlichen Prüfungen könnten andernorts in der Schule abgehalten werden. Die Abiturfeier soll wie geplant stattfinden können. Man werde "alles uns Mögliche unternehmen", um spätestens am Montag vor der Feier "die Nutzung der Not-Aufnahmeeinrichtung zu beenden", schreibt Hillenbrand. "Hierfür sind gegebenenfalls auch Abverlegungen in andere Objekte des Notfallplanes möglich."

Doch zunächst muss die Sportstätte zum Schlafquartier werden. Am späten Montagnachmittag hat dazu das Technische Hilfswerk die Halle eingerichtet, wie die Pressesprecherin des Landratsamtes, Evelyn Schwaiger, erläutert. Dazu wurden 200 Betten aufgestellt und sanitäre Einrichtungen vorbereitet. Die ersten Bewohner sollten ursprünglich am späten Montagabend kommen.

Dann hieß es schließlich, sie würden voraussichtlich doch erst tags darauf eintreffen.

Noch am Montagnachmittag hat Schulleiter Rüdiger Modell eine Zusammenkunft mit Lehrern und Elternvertretern anberaumt. In erster Linie ging es darum, wie der Stundenplan angepasst werden kann. "Wir haben ja nun die Situation, dass ab sofort kein Sportunterricht mehr stattfinden kann", sagte Modell. Das sei eine große Einschränkung des Schulbetriebes. Was aber nicht heißen soll, dass er die Belegung der Halle mit Flüchtlingen ablehnt. "Unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung sind wir uns natürlich bewusst und nehmen diese auch wahr." Dass Schüler und Lehrer die neuen Nachbarn schnell willkommen heißen werden, darüber muss sich der Schulleiter keine Sorgen machen. Bereits als im Herbst bekannt wurde, dass das Landratsamt die Turnhalle des Gymnasiums für den Winternotfallplan der Regierung von Oberbayern als Flüchtlingsunterkunft gemeldet hatte, hat sich in der Schule umgehend ein Helferkreis gebildet, dem Schüler, Lehrer und Eltern angehören.

Zum jetzigen Zeitpunkt geht Modell davon aus, dass die Turnhalle spätestens zur Verleihung der Abiturzeugnisse am 26. Juni wieder zur Verfügung steht. Einen Plan B gebe es deshalb noch nicht, "aber Gedanken werden wir uns sicher machen".

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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