Ärztlicher Bereitschaftsdienst:Zum Hausarzt in die Klinik

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In der Fürstenfeldbrucker Klinik gibt es bereits eine Bereitschaftspraxis, so wie sie jetzt Ebersberg plant. (Foto: Günther Reger)

Die bisherigen ärztlichen Bereitschaftsdienste im Landkreis werden im Juli abgeschafft. Abends und an den Wochenenden gibt es nur noch eine zentrale Anlaufstelle im Krankenhaus.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Patienten im Landkreis müssen sich umstellen: Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird vom 4. Juli an neu organisiert. Ärztliche Versorgung außerhalb der regulären Sprechzeiten gibt es dann nur noch zentral an der Kreisklinik in Ebersberg, die Bereitschaftsdienste in den im Landkreis verteilten Praxen fallen weg. Hausbesuche für Patienten, die zu krank sind, um nach Ebersberg zu fahren, wird es aber weiter geben. Auch im Nachbarlandkreis Erding wird dieses Modell zum Tragen kommen, beide Landkreise zusammen sind eine der Modellregionen in Bayern, mit denen die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) diese Art der Patientenversorgung erprobt.

Die Umstellung wird seit längerem vorbereitet, nur der Starttermin stand noch nicht fest. Inzwischen müssen laut Klinik-Geschäftsführer Stefan Huber noch die Vertragsverhandlungen abgeschlossen werden, aber am Starttermin ist nicht mehr zu rütteln. Die Ärzte im Landkreis haben bereits ihre Bereitschaftsdienstpläne für das zweite Halbjahr erhalten. Denn sie werden auch künftig Patienten außerhalb der Sprechzeiten versorgen - nur eben in den Praxisräumen an der Klinik statt in eigenen Räumen.

Das Pendeln zwischen Praxis und Hausbesuch entfällt

Darüber hinaus werden auch die Ärzte der Kreisklinik Schichten übernehmen, diese Aufteilung steht ebenfalls weitgehend fest. Die Klinikärzte sollen demnach die Patienten in der Regel nach 21 Uhr betreuen, die niedergelassenen Ärzte sind meist von 18 Uhr an, mittwochs und freitags schon von 16 Uhr an im Bereitschaftsdienst im Einsatz. An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen sollen zwischen 9 und 21 Uhr die niederlassenen Ärzte in der Bereitschaftsdienstpraxis tätig sein, die Nachtschicht übernimmt dann wieder die Klinik.

Niedergelassene Ärzte wären also grundsätzlich nachts nicht mehr im Einsatz - es sei denn, sie übernehmen Fahrdienste. Dass die sogenannten Sitz- und Fahrdienste getrennt werden, das Pendeln zwischen Praxis und Hausbesuch also entfällt, ist eine der großen Neuerungen des Modells.

In der Ärzteschaft gibt es zwar auch Kritik an dem Vorhaben, doch die positive Einstellung scheint zu überwiegen, jedenfalls lässt eine Umfrage der Klinik unter den 207 niedergelassenen Ärzten diesen Schluss zu. 51 - das sind 24,6 Prozent - von ihnen haben sich beteiligt. 34 signalisierten Zustimmung, so Huber, zehn sprachen sich dagegen aus, und sieben sehen in der Neuerung weder eine Verbesserung, noch eine Verschlechterung. "Sinnvoll", "längst überfällig", so lauteten einige der Argumente der Befürworter; die Gegner kritisierten nicht nur die Neuerung, sondern auch die ihrer Meinung nach "schlechte Kommunikation" durch die KVB. Der Ebersberger Ärzte-Sprecher Werner Klein hat sich schon vor längerer Zeit klar positioniert, für ihn ist das neue Konzept zukunftsweisend.

Immer weniger Ärzte konnten oder wollten die Dienste machen

Mit der Neuorganisation soll auf Entwicklungen reagiert werden, die zunehmend die Organisation des Bereitschaftsdienstes schwierig gemacht haben. So gibt es immer weniger Ärzte, die Dienst machen können oder wollen - was bedeutet, dass manche Kollegen immer häufiger nachts und am Wochenende ran mussten. Laut einem KVB-Referenten absolvierten manche Ärzte in der Vergangenheit vor allem in ländlichen Gebieten mit wenigen Ärzten bis zu 800 Stunden Bereitschaftsdienst im Jahr. Dies soll sich nun auf 80 Stunden reduzieren.

Zudem können auch nicht niedergelassen Kollegen Dienste übernehmen - beispielsweise Berufsrückkehrer-, die nur wenige Stunden pro Woche arbeiten wollen. Auch der Tatsache, dass gerade Ärztinnen nachts oft nur mit mulmigem Gefühl ihre Hausbesuche absolvierten, wird nun Rechnung getragen. Die Fahrdienste werden zu zweit absolviert; der Fahrer, der über medizinische Grundkenntnisse verfügen muss, kann also bei Bedarf den Arzt oder die Ärztin ins Haus des Patienten begleiten. Wie viele Fahrdienste jeweils an den Wochentagen im Einsatz sind, das soll sich laut dem Fachmann von der KVB nach dem bisherigen Einsatzaufkommen richten. Nachjustierungen seien aber möglich.

Manche Patienten werden künftig weitere Wege auf sich nehmen müssen, die Entfernung zur Bereitschaftsdienstpraxis in Ebersberg - oder für die Patienten im Landkreisnorden in Erding - kann bis zu 25 Kilometer betragen. Andere werden sich nicht umstellen müssen - sie nutzten ohnehin keine Bereitschaftspraxen, sondern kamen zur Behandlung abends oder am Wochenende in die Notaufnahme der Klinik. Statistiken besagen laut Huber, dass 40 bis 60 Prozent der Patienten es so gehandhabt haben. Aus der Sicht der Klinik sei das neue Modell "praktikabel". Allerdings würde es ohnehin nichts nützen, sich gegen die Neuerung zu stellen, wie er sagt: In diesem Fall würde sich die KVB eben einen anderen Partner - etwa die Klinik in Wasserburg - suchen, das wäre nicht wünschenswert.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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