Energiewende im Landkreis Ebersberg:Ein Stück weitergedreht

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Windrad am Horizont: In Ebersberg soll bis Herbst das Standortkonzept beschlossen werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ebersberg bringt die Ausweisung von Windkraftflächen voran. Geht alles nach Plan, könnte das Konzept bis Jahresende beschlossen sein.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Ausweisung potenzieller Windkraftstandorte rund um die Kreisstadt ist wieder einen Schritt weiter gekommen: Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat nun die voraussichtlich letzte Auslegung der Pläne auf den Weg gebracht. Geht alles nach Plan, könnte der entsprechende Flächennutzungsplan im Oktober beschlossen werden, Ebersberg wäre damit die erste Kommune im Landkreis mit einem solchen Standortkonzept.

An diesem wird auch schon geraume Zeit gearbeitet, der Startschuss fiel vor gut drei Jahren. Damals beschloss die Politik Vorrangflächen, wie es sie schon lange etwa für Kiesabbau gibt, auch für Windkraftnutzung zu erstellen. Gewissermaßen ein Präzedenzfall, solche sogenannten Teilflächennutzungspläne in den Dienst der Energiewende zu stellen, gab es da in Ebersberg bereits: das Standortkonzept für Freiflächen-Solaranlagen.

Trotz gelockerter Abstandsregeln bietet das Konzept viele Vorteile

Vor drei Jahren war ein solcher Flächennutzungsplan zudem die einzige Möglichkeit, auf Ebersberger Gemeindegebiet überhaupt Windkraft zu ermöglichen. Die damals noch geltende 10H-Regel - ein Windrad muss mindestens das Zehnfache seiner Höher von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein - hätte gar keinen Standort in Ebersberg möglich gemacht. Außer eben, die Stadt ändert den Flächennutzungsplan. Denn dieser leitet sich aus Bundesrecht her, die 10H-Regel ist dagegen ein niederrangigeres Landesgesetz.

Mittlerweile ist diese Regel zwar aufgeweicht, dennoch geht die Planung in Ebersberg sogar über die gelockerten Abstandsvorgaben hinaus. Wie Adrian Merdes vom Büro TB Markert nun in der Sitzung vorstellte, gibt es im Norden Richtung Forst und besonders ganz im Südosten teilweise erhebliche Abweichungen, je nachdem, ob man die neuen bayerischen Abstandsregeln oder jene des Flächennutzungsplanentwurfes zugrunde legt.

Auch aus einem anderen Grund hat sich die Planung trotz der gelockerten Abstandsregeln gelohnt: dem neuen Wind-an-Land-Gesetz. Demnach muss der Freistaat bis in zehn Jahren schrittweise 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraft ausweisen. Legen die Kommunen keine entsprechenden Planungen selbst vor, könnten diese von übergeordneten Stellen vorgegeben werden. Ein Szenario, das - sollte der Flächennutzungsplan gültig werden - den Ebersbergern wohl nicht droht: Ihre Windkraft-Potenzialflächen machen unter Berücksichtigung aller Ausschlusskriterien mit 356,5 Hektar ganze 8,7 Prozent der Gemeindefläche aus.

Wie umfangreich Untersuchungen zu Arten- und Naturschutz sein müssen, ist noch offen

Theoretisch könnte es auch etwas mehr sein, dieser Wert ist gewissermaßen das Minimum, welches die Planung vorsieht. Wie Merdes auf Nachfrage von Christoph Münch (SPD) erklärte, gebe es auch weiterhin die Möglichkeit, Projekte wie jenes, das aktuell bei Pollmoos geplant ist, durch einen eigenen Bebauungsplan zu ermöglichen. Im Norden könnten zudem in einigen Jahren weitere Flächen dazukommen, derzeit ist das Gebiet aber für den Kiesabbau reserviert. Außerdem leben dort offenbar Uhus. Solange die geschützten Greifvögel dort ihr Revier gaben, scheidet der Standort aus.

Da kann man kein Auge zudrücken: So lange rund um die Kiesgrube im Norden der Kreisstadt Uhus leben, scheidet der Standort aus. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Bei wie vielen anderen Potenzialflächen ähnliche Einschränkungen gelten könnten, steht im Detail noch nicht fest, dies hänge auch davon ab, wie das Ebersberger Standortkonzept planerisch zu beurteilen ist, so Merdes. Idealerweise könnten die Regelungen des neuen Windenergiebedarfgesetzes greifen, dann wären die Vorrangflächen sogenannte Windenergiegebiete. Damit wären weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nötig, sofern es bereits aktuelle Biotopkartierungen für das Gebiet gibt. Solche lägen im Ebersberger Gemeindegebiet größtenteils vor.

Einige Stadträte hätten gerne mehr Bürgerinformation gehabt

Mit Ausnahme des bekennenden Windkraftgegners Toni Ried (FW) - "ich halte das für ausgesprochenen Schwachsinn" - gab es grundsätzlich keine Einwände gegen die Standortplanung. Josef Peis (Pro Ebersberg) stellte angesichts der Tatsache, dass bislang keinerlei Stellungnahmen von Bürgern in dem Verfahren eingegangen waren, die Frage, ob man vor der endgültigen Verabschiedung des Konzepts noch eine Infoveranstaltung machen sollte. Sein Fraktionskollege Gerd Otter führte aus, dass sich die Bürger zwar noch bis 22. September, dem Ende der Auslegungsfrist, Stellungnahmen einreichen könnten - aber dies vielleicht nicht wüssten. Den Zeitplan solle man zwar auf jeden Fall einhalten, aber "ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, dass wir hier im stillen Kämmerlein etwas beschließen".

Dass die Sache so still nun auch wieder nicht abgelaufen sei, befand dagegen Florian Brilmayer (CSU): "Es beschäftigt uns seit Jahren, es ist X mal im Stadtrat und allen Gremien behandelt worden, wir sollten es jetzt zeitnah und zügig erledigen." Der Meinung war auch Susanne Schmidberger (Grüne), sie erinnerte daran, dass die Thematik bereits seit 2012 diskutiert werde. Stefan Mühlfenzl (SPD) verwies darauf, dass es ja bereits Beteiligungsmöglichkeiten gegeben habe und im Rahmen der aktuellen Auslegung wieder gebe. Wenn das jemandem im Gremium als zu wenig erscheine, könnte man ja selbst tätig werden und "die Information streuen".

Gegen die Stimme Rieds wurde der Planentwurf schließlich gebilligt und die Auslegung beschlossen.

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