In Krimikreisen weiß man natürlich, dass die oberbayerische Provinz gespickt ist mit Leichen. Zuhauf findet man sie im Vorabendprogramm und zwischen den Buchdeckeln einschlägiger Regioliteratur. Wasserburg bildet da keine Ausnahme: Gleich zwei Personen kommen in "Mords-Engerl" von Monika Nebl auf schreckliche Weise zu Tode, obendrein hat eine Kinderbande ihr kleinen Hände im Spiel, und ohne die Endzwanzigerin Arminia, genannt Krimi-Minnie, wäre dem sympathischen Personal rund um die Hobby-Ermittlerin sicher kein stimmungsvolles Weihnachtsfest beschieden.
Im Dezember und hauptsächlich auf dem Christkindlmarkt spielt nämlich der sechste Band der humorvollen Krimireihe aus der Feder einer gebürtigen Münchnerin, die seit mehr als 20 Jahren in der Nähe von Wasserburg lebt. Allerdings bietet der Roman definitiv auch ganzjährig bestes Lesefutter für Krimifans mit einem Faible für Lokalkolorit: Dialoge in Dialekt sowie eine rothaarige Protagonistin mit viel Herz, die mit einem pensionierten Polizisten zwischen Töpferwerkstatt, Patenkindbespaßung und nachbarschaftlicher Fürsorge auf Verbrecherjagd geht.
Wobei die Schwere und Dichte der Delikte, im Unterschied zum Domizil der Hauptfigur inmitten der malerischen Altstadt, keineswegs der Realität entspricht. Zu erfahren ist dies vom Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Wasserburg, Markus Steinmaßl. "Natürlich gibt es auch bei uns Gewaltkriminalität wie Körperverletzung bei Veranstaltungen oder häusliche Gewalt, aber Tötungsdelikte sind sehr selten", sagt der Ebersberger über seinen Zuständigkeitsbereich, in dem rund 46 000 Menschen in zwölf Kommunen leben.
Polizist Steinmaßl steht Autorin Nebl seit dem ersten Band, erschienen 2020, als Berater zur Seite - obwohl er eigentlich lieber Bücher von Torsten Sträter oder Tommy Jaud liest, also solche, in denen der Humor dominiert. "Ich mag auch keinen Tatort", ergänzt der Hauptkommissar lachend. Doch gerade, weil er weiß, dass die Vorstellungen vieler Krimi-Liebhaber von oft unrealistischen Fernsehbildern geprägt sind, möchte er durch seine Expertise das ein oder andere geraderücken. Darum versorgt er Nebl mit Informationen über Dienstgrade, Abläufe oder Fachbegriffe. Oder über die Wasserburger Inspektion, wie ein Blogartikel der Autorin beweist.
Doch nicht nur für realitätsnahe Beschreibungen von Polizei und Ermittlungsarbeit lässt Nebl sich unterstützen - das gilt auch für den kunsthandwerklichen Beruf ihrer Krimi-Minnie. "Ich bin bei sowas total unbegabt, aber mein Schwager hat als Keramikermeister ein Geschäft in Passau", erzählt die Autorin. Er liefere ihr also jede Menge Informationen - die Töpferware, die Nebl bei Events auch schon mal als Deko benutzt, stammt hingegen von der Stiftung Attl.
In Minnies zweitem Job als Fantasy-Autorin kennt sich Nebl wiederum bestens aus. Zahlreiche ihrer mittlerweile mehr als zwei Dutzend Veröffentlichungen, die sich als E-Book teilweise bis über den großen Teich verkaufen, gehören zu diesem Genre. Hier lautet das Pseudonym der Autorin Ainoah Jace. Als Katie S. Farrell wiederum verfasst sie Romantikthriller. Daran reize sie das Schreiben aus der Sicht stets wechselnder Protagonistinnen - mal Kinderpsychologin, mal Cowgirl, mal Geigerin. Außerdem liebt die gelernte Reiseverkehrskauffrau ferne Länder, weswegen ihre Bücher in Colorado, Irland oder Schottland spielen. Zu den Treffen der 2016 von ihr gegründeten Rosenheimer Autoren hat die Griesstätterin es indes nicht so weit. Aktuell organisiert sie mit der Gruppe die " südlichste Buchmesse Deutschlands" für Mitte April.
Selbst eingelesene Hörbücher
Wer den Krimi-Minnie-Kosmos kennenlernen möchte, kann sich übrigens auch vorlesen lassen. Noch gibt es nur den ersten Band als Hörbuch, doch die restlichen Romane sollen zeitnah folgen. Dass Nebl die fünf Stunden und 32 Minuten von "Mords-Trara" selbst eingesprochen hat, lag an der fehlenden Eignung der zunächst vom Verlag vorgeschlagenen Sprecherinnen. "Die Erste konnte kein Bairisch, die Zweite hatte eine für 'Shades of Grey' sicher perfekte Stimme, die nur leider nicht zu meiner Heldin passte, und die Dritte war Österreicherin." Wie gut, dass die Mutter von drei erwachsenen Kindern einst als Schulsekretärin an der FOS/BOS Wasserburg bei vielen Durchsagen Sprecherfahrung gesammelt hat - und darum übernehmen konnte.
Wer weiß, vielleicht wird Monika Nebl auch mal ihre Erfahrungen an dieser Schule literarisch verarbeiten. Dass auch dann die kriminalistischen Details der Realität entsprechen, dafür wird sicher auch in Zukunft Markus Steinmaßl sorgen - auch wenn spektakulären Morde im beschaulichen Wasserburg hoffentlich weiter im Reich der Fiktion angesiedelt bleiben.
Am Donnerstag, 14. März, um 19 Uhr liest Monika Nebl zusammen mit Peter Brand und Ilona Picha-Höberth unter dem Motto "Rätselhaftes und Kurioses aus dem Inntal" in der Aßlinger Martermühle . Anmeldung: (08092) 330 91 11 oder info@martermuehle.de.