Geschichte im Landkreis Ebersberg:Erfolgs- statt Leidensgeschichte

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Erstrahlt nun wieder in neuem Glanz: der restaurierte Kreuzweg bei Gut Kaps in Ebersberg. (Foto: Christian Endt)

Dem Verschönerungs-Verein Ebersberg ist es gelungen, innerhalb nur eines Jahres den Kreuzweg der Kapser Allee zu restaurieren und so ein Stück lokaler Kulturgeschichte für die nächsten Jahrzehnte zu sichern. Am Samstag wird das gefeiert.

Von Anja Blum, Ebersberg

War es aus Dankbarkeit? Zur Buße? Oder bloßer Frömmigkeit wegen? Man weiß es nicht, nicht mehr. Fest steht nur, dass ein nobler Ebersberger Spender namens Georg Hieber vor genau 120 Jahren einen Kreuzweg für seine Heimatstadt gestiftet hat. Errichtet an einem der schönsten Flecken des Landkreises Ebersberg, entlang der Kapser Allee am südlichen Ortseingang. Sie wird gesäumt von teils 170 Jahre alten Ahornbäumen und steht unter Denkmalschutz: Jeder Stamm, der dem Zahn der Zeit zum Opfer fällt, muss sogleich durch einen neuen ersetzt werden. Denn nur so bleibt die wunderbare grüne Sichtachse von Nord nach Süd erhalten.

Um Erhalt geht es auch dem Verschönerungs-Verein Ebersberg, der sich nun des in die Jahre gekommenen Kreuzwegs angenommen hat. "Wir kümmern uns um Sachen fürs Herz", umschreibt Georg Schuder die Aufgabe des Vereins. Um Bankerl zum Beispiel, oder um Wanderwege. "Jede Generation muss sich einbringen, um unsere Lebensqualität zu erhalten - und jetzt sind eben gerade wir dran", so der Vorsitzende. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Thomas Warg, seines Zeichens Historiker und Kreisheimatpfleger, führt Schuder an diesem Vormittag durch die Allee, um eine Erfolgsgeschichte zu erzählen: Innerhalb nur eines Jahres ist es gelungen, den Kreuzweg zu restaurieren und so ein Stück Ebersberger Kulturgeschichte für die nächsten Jahrzehnte zu sichern.

Bei Gut Kaps kann man der Passion gedenken und zugleich einen wunderschönen Ort genießen. (Foto: Christian Endt)

Im Juni wurden die Arbeiten abgeschlossen, und nun, am Samstag, 3. September, wird die Wiederherstellung des Kreuzwegs gebührend gefeiert. Zu der ökumenischen Veranstaltung inklusive Weißwurstfrühstück sind alle Interessierten eingeladen - denn der Ort erfreut sich schon lange großer Beliebtheit. Seit mehr als 30 Jahren treffen sich hier an jedem ersten Freitag im Juli zahlreiche Gläubige und beten den ökumenischen Kreuzweg. Oft begehen aber auch einzelne Menschen oder Familien die wunderschöne Allee, betrachten die Tafeln und genießen den sensationellen Ausblick.

Die Allee, die zu Gut Kaps führt, steht unter Denkmalschutz und darf von jedem begangen werden. (Foto: Christian Endt)

"Das ist nämlich keine private Zufahrt, sondern ein öffentlicher Weg, den jeder entlang gehen darf", betont Schuder. Die Allee ist ein alter Wirtschaftsweg des Gutes Kaps, das heute der Familie Beffa gehört, die Stadt aber habe ein Wege- und Pflegerecht, wie Schuder erklärt. Das Gut selbst übrigens sei "uralt": Bereits um das Jahr 900 herum, zur Zeit der Ungarneinfälle, habe es den Ebersberger Grafen als Spähwarte gedient. Später sei es als Schwaige, also Viehbetrieb, Teil des Klosters gewesen. "Eine Legende besagt, dass diese beiden Orte mit einem unterirdischen Gang verbunden waren", erzählt Warg. Auch der heutige Gutshof aus dem Jahr 1686, ein zweigeschossiger Putzbau mit Fassadengliederung und steilem Satteldach, steht unter Denkmalschutz.

Seit 120 Jahren nun schon stehen entlang des Kapser Wegs vierzehn gusseiserne Relieftafeln, vierzehn berührende Bilder, kleine Kunstwerke, die den Weg Jesu von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zur Kreuzigung und Grablegung darstellen. So wollen die Tafeln einladen, zu verweilen, zu beten, Ruhe zu finden. Eingeläutet wird der Kreuzweg von einem großen Eisenkreuz am alten Wallfahrerweg, zu Beginn der Allee. Es ist mit einer gusseisernen, vergoldeten Christusfigur versehen. Darunter hängt eine ovale Spruchtafel: "O Wanderer, stehe still, Betrachte dein letztes Ziel, Gehe nicht vorbei, Ohne dass Jesus gegrüßet sei. 1903." Laut Heimatforscher Hans Obermayr ist anzunehmen, dass dieses Kreuz aus der selben Gießerei stammt wie die vierzehn Stelen und auch vom selben Stifter bezahlt wurde. Ein Unikat ist der Ebersberger Kreuzweg im Landkreis zwar nicht, doch es gibt laut Schuder lediglich zwei weitere: in Maria Altenburg und in Anzing.

Am Beginn der Allee steht das Kapser Kreuz. (Foto: Christian Endt)

Obwohl aus Eisen gegossen, verfallen die Stelen mit der Zeit dem Rost und verlangen daher immer wieder Pflege, bereits 1930 und 1951 waren Restaurierungen notwendig, jedes Mal fanden sich hilfsbereite Menschen. Zuletzt, 1983, hatte der Verschönerungs-Verein die Initiative zu einer gründlichen Restaurierung ergriffen. Die Tafeln waren verrostet, die Betonsockel brüchig, die Bepflanzung wies Lücken auf. Ebersberger Bürger arbeiteten selbstlos viele Stunden, tauschten etwa die Betonsockel gegen heimischen Nagelfluh aus, pflanzten Weißdorn und Wildrosen nach.

Auch die Lourdesgrotte, eine Wallfahrtskapelle am Ende des Kreuzwegs, ließ der Verschönerungs-Verein damals aufwändig restaurieren. Der dreiseitig geöffnete Holzbau mit Tuffsteinmauerwerk unter einer Gruppe großer Linden stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und steht ebenfalls unter Denkmalschutz. Um die Grotte für das Fest am Samstag vorzubereiten, braucht Schuder an diesem Vormittag indes nur einen belaubten Ast: Ganz schnell hat er damit alle Spinnweben entfernt.

Am Ende des Kreuzwegs steht diese Lourdesgrotte. (Foto: Christian Endt)

Dem Kreuzweg aber hatten Wind und Wetter nun eben erneut zugesetzt. Doch Vereinsmitglied Mathias Larasser-Bergmeister, Fachmann für Metallkunst, machte die gusseisernen Stationen wieder fit für die nächsten Jahrzehnte, und Malermeister Markus Hülser erneuerte die Bemalung - "beide zu einem vernünftigen Preis", wie Schuder betont. Überhaupt sei es gar kein Problem gewesen, Unterstützer für die Restaurierung zu finden und die Kosten von 23 000 Euro zusammenzubekommen. Die Familie Beffa sei sofort dabei gewesen, genauso wie die katholische Pfarrei, die Stadt und diverse andere Spender. "Insofern ist diese Aktion auch wieder ein schönes Beispiel dafür, wie viel man schaffen kann, wenn alle zamhelfen", sagt Schuder. Sei es nun aus Dankbarkeit, Frömmigkeit oder irgendeinem anderen Grund.

Sowohl Schuder als auch Warg ist deutlich anzumerken, dass sie stolz sind auf ihre Heimat. Auf ihre Schönheit genauso wie auf ihre reiche Geschichte. So habe sich auf einem Feld gleich neben der Allee eine Keltenschanze befunden, erzählt der Kreisheimatpfleger, außerdem seien im Stadtgebiet jüngst mehrere Fundstücke aus der Bronze- und sogar Steinzeit aufgetaucht. "Das Gebiet hier wurde also schon viel früher besiedelt!"

Kein Wunder, dass dem Ebersberger Verschönerungs-Verein die Ideen so schnell nicht ausgehen. "Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, sieht man: Es gibt so viel zu tun", sagt Schuder. Die nächsten beiden großen Projekte stehen dementsprechend bereits an. Zunächst einmal möchte man in Zusammenarbeit mit der Stadt das Umfeld des Aussichtsturms neu gestalten, um dieses Wahrzeichen Ebersbergs wieder ins rechte Licht zu rücken und einen neuen Begegnungsort zu schaffen. Bauzäune, Stromkästen und kaputte Treppenstufen sollen weichen, der Zugang soll verschönert und erleichtert werden, außerdem ist ein großer Spielplatz nahe des Waldmuseums geplant. "Es gibt dort so viel Infrastruktur, die müssen wir doch nutzen", erklärt Schuder. Darüber hinaus soll aber auch der kürzlich wiederentdeckte Brunnen im Forst ein Anziehungspunkt werden, dessen Umgebung der Verein in Kooperation mit den Staatsforsten gestalten will. Lauter Sachen fürs Herz also.

Wiederherstellung des Kreuzweges bei Gut Kaps in Ebersberg, ökumenische Feier am Samstag, 3. September, um 10 Uhr.

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