Stadtentwicklung:Vom Fehlkauf zum Goldesel

Lesezeit: 3 min

Insgesamt wird das frühere Sparkassengebäude bald Platz für mehr als 200 Geflüchtete bieten. (Foto: Christian Endt)

Die Zukunft des ehemaligen Sparkassengeländes in Ebersberg steht fest: Neben einem modernen Erweiterungsbau für das Landratsamt sollen dort auch Wohnungen entstehen. Dafür muss der Landkreis allerdings einen Großteil des Areals an einen Investor abtreten.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Viel Spott und Häme mussten sich die Verantwortlichen im Landratsamt gefallen lassen, als sie im Jahr 2016 das Gebäude der ehemaligen Kreissparkasse in der Ebersberger Kolpingstraße erworben haben. Dort sollte eine Außenstelle der Behörde entstehen, um das chronisch überbelegte Hauptgebäude zu entlasten - doch diverse, zu spät erkannte Baumängel drohten den Kauf zum Millionenflop werden zu lassen. Sechs Jahre später hat sich das Blatt endgültig gewendet: Wie am Montagnachmittag im Kreis- und Strategieausschuss bekannt gegeben wurde, soll ein Teil des Areals im Herzen der Kreisstadt an einen Investor verkauft werden, der dort neben neuen Wohnungen auch ein modernes Verwaltungsgebäude errichten soll, das er dann wieder dem Landkreis überlässt. Somit bekommt eben jener seine Behördenerweiterung quasi zum Nulltarif.

Dass eine solche notwendig ist, steht schon lange fest. Das Landratsamt in der Eichthalstraße ist zwar 2014 erweitert worden, dennoch reicht der Platz angesichts der wachsenden Aufgaben kaum mehr aus. Zum Rettungsanker soll nun das ehemalige Sparkassengrundstück werden, dessen Ankauf dem Landkreis einmal mehr zugute kommt: Das Gebäude war zwar als Verwaltungsbau nicht nutzbar, während der Hochphase der Corona-Pandemie konnte der Kreistag dort aber seine Sitzungen weiterhin in Präsenz abhalten. Im vorderen Teil des Hauses richtete der Landkreis das Impf- und Testzentrum ein, das zur zentralen Anlaufstelle in der Covid-Bekämpfung werden sollte. Seit wenigen Tagen hat das ehemalige Sparkassengebäude eine weitere Funktion inne: Dort, wo früher die Kreisräte tagten, ist nun ein Ankunftszentrum für Geflüchtete eingerichtet.

Auf zwei Drittel der rund 1,5 Hektar großen Fläche sollen Wohnungen gebaut werden

Seinen letzten Dienst wird das Gebäude dem Landkreis nun durch den Abriss erweisen. Dieser nämlich ebnet den Weg für einen modernen Neubau, in dem neben Arbeitsplätzen für 92 Mitarbeiter auch ein neuer Sitzungssaal sowie ein Empfangsbereich entstehen sollen. Auf den restlichen beiden Dritteln der insgesamt rund 15 300 Quadratmeter großen Fläche soll ein Investor Wohnungen bauen. Das zumindest ist der Plan, den eine Arbeitsgruppe in den vergangenen vier Jahren ausgetüftelt hat.

Noch wird der vordere Teil des Gebäudes als Impfzentrum genutzt ... (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Die Kapazitäten im ehemaligen Sparkassengebäude sind inzwischen fast vollständig ausgeschöpft. (Foto: Christian Endt)

Obwohl der Landkreis durch diesen Deal ohne größere Kosten - eine erste Modellrechnung beläuft sich auf rund 400 000 Euro - zu einer Erweiterung seiner Kreisbehörde kommt, verursacht der geplante Verkauf auch Bauchschmerzen. "Wenn es irgendwie möglich ist, verkauft man ein Grundstück in der Lage eigentlich nie wieder", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Angesichts der geplanten Investitionen in den nächsten Jahren - allen voran die beiden Millionenprojekte Gymnasium Poing und Berufsschule in Grafing-Bahnhof sowie die Erweiterung der Kreisklinik - stehe der Landkreis vor enormen finanziellen Herausforderungen. "Wir können uns nicht alles leisten", so der Landrat, Bildung und die gesundheitliche Versorgung hätten eben Vorrang.

Obwohl die Entscheidung für den Teilverkauf des Grundstücks keine leichte war, sieht Niedergesäß auch die Vorteile dieses Plans: Neben der Erweiterung des Landratsamtes können so auch eine Vielzahl neuer Wohnungen - auch geförderter Wohnungsbau ist geplant - in unmittelbarer Bahnhofsnähe entstehen. Mit der Stadt Ebersberg sei man bereits in guten Gesprächen, dort stößt das Vorhaben dem Vernehmen nach auf viel Zuspruch.

Der Verkauf der Fläche schmerzt, ist angesichts der Finanzlage aber unvermeidbar

Weniger begeistert äußerte sich dagegen AfD-Kreisrat Manfred Schmidt über die vorgelegten Pläne: "Es wäre eine Sünde gegen die Zukunft, so eine wertvolle Fläche auch nur in Teilen zu verkaufen." Er plädierte stattdessen dafür, dass der Landkreis selbst die Fläche nach und nach bebauen solle und sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen könne. "Ein bisschen müssen wir den Euro schon im Blick haben", entgegnete Landrat Niedergesäß. "Wenn die finanzielle Lage besser wäre, würden wir da keinen Quadratzentimeter verkaufen." Dem pflichtete Thomas Huber (CSU) bei: "Einen Tod müssen wir sterben", sagte der Grafinger Landtagsabgeordnete, der die Wichtigkeit betonte, diesen wertvollen Standort in der Innenstadt baulich zu entwickeln - und dabei auch sozialen Wohnraum zu schaffen.

Wie genau sich die Pläne für den ehemaligen Sparkassenplatz gestalten werden, welche und wie viele Wohnungen dort entstehen sollen und was der Landkreis tatsächlich finanziell noch obendrauf legen muss, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Zunächst einigten sich die Ausschussmitglieder bei einer Gegenstimme von Manfred Schmidt darauf, den Grundsatzbeschluss für das Projekt zu fassen. Diesen muss der Kreistag in seiner nächsten Sitzung noch bestätigen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungZukunft des Sparkassenareals
:Ungute Erinnerungen

Der Landkreis plant, mit Hilfe eines Investors zu einem neuen Verwaltungsbau zu kommen. Eine ähnliche Idee hatte der heutige Landrat schon einmal in seiner Zeit als Vaterstettener Bürgermeister - es ging nicht gut aus.

Kommentar von Wieland Bögel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: