Ebersberg/München:Erfolgreiche Berufung

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Justitia vom Landgericht kommt zu einem anderen Urteil als die Kollegin vom Amtsgericht Ebersberg. (Foto: David Ebener/dpa)

Die frühere Vorsitzende des Poinger Diakonievereins muss nicht in Haft. Das Landgericht reduziert das Strafmaß auf Bewährung

Von Andreas Salch, Ebersberg/München

Eine frühere Vorsitzende des Poinger Diakonievereins muss nicht ins Gefängnis. Die 53-Jährige hatte von 2010 an drei Jahre lang zu Unrecht staatliche Fördergelder für zwei Kindertagesstätten beantragt und auch erhalten. Es geht um einen Betrag von rund einer Million Euro. In erster Instanz verurteilte das Amtsgericht Ebersberg die Frau zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Gegen diese Entscheidung legte die Angeklagte an diesem Freitag vor dem Landgericht München II Berufung ein - und hatte Erfolg. Das Gericht reduzierte das Strafmaß auf ein Jahr und zehn Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt sind.

Voraussetzung hierfür war vor allem, dass die 53-Jährige ihre Berufung nurmehr auf die Rechtsfolgen beschränkte. Dies kommt einem Geständnis gleich. Vor dem Amtsgericht Ebersberg hatte die Frau noch versucht, einen Teil der Schuld auf die Verantwortlichen im Landratsamt und der Gemeinde Poing abzuwälzen. Um an die Fördergelder zu gelangen, hatte sie bewusst falsche Angaben unter anderem zur Arbeitszeit und zur Qualifikation ihrer Mitarbeiterinnen gemacht. Außerdem hatte sie nicht das von ihr erstellte pädagogische Konzept sowie Elternbeiträge veröffentlicht.

Der Verteidiger der 53-Jährigen, Rechtsanwalt Peter Guttmann, erklärte in der Verhandlung vor dem Landgericht München II, seine Mandantin sehe ein, dass sie Fehler gemacht habe. Gleichwohl wies der Verteidiger daraufhin, dass die Politik zwar für jedes Kind einen Kindergartenplatz fordere, die Träger in den Kommunen aber nicht mit entsprechenden Mitteln ausstatte. Angesichts dessen habe sich die Angeklagte unter Druck gesetzt gefühlt und bei der Beantragung von Fördermitteln "Fachkräfte und Stunden angegeben, die es nicht gab." Wegen des gerichtlichen Verfahrens sei seine Mandantin nicht nur gesundheitlich angeschlagen, auch ihr Ruf habe gelitten, so Guttmann. Außerdem sei sie finanziell ruiniert. Denn die Gemeinde Poing verlange die Fördergelder, die der Freistaat der Kommune gewährt habe, wieder zurück. Auch wenn der Verteidiger immer wieder betonte, er wolle die Tat nicht relativieren, argwöhnte er, dass man der Angeklagten womöglich übel mitgespielt habe. Denn die Vorwürfe gegen sie seien erst "hochgekommen", als sie für das Bürgermeisteramt der Gemeinde Poing kandiert habe. Andernfalls, so Rechtsanwalt Gutmann, wäre die Sache vielleicht nie ans Licht gekommen.

Auf die Frage von Richter Martin Hofmann, was sie sich dabei gedacht habe, als sie bei der Beantragung von Fördermitteln falsche Angaben gemacht habe, antwortete die 53-Jährige: "Es war meine Motivation, den Laden am Laufen zu halten." Dass sie bestraft werden könnte, sei ihr in dem Moment "nicht bewusst" gewesen.

Bei seinem Plädoyer betonte der Verteidiger, dass die Angeklagte die Gelder nicht "förderungswidrig verwendet" habe. Die Beträge seien alle in die Kitas geflossen. Der Verteidiger forderte eine Bewährungsstrafe deutlich unter der Obergrenze von zwei Jahren. Da die Angeklagte die Taten eingeräumt hatte, beantragte auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft zwei Jahre Haft, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Dennoch verwies er darauf, dass das, was die Angeklagte getan habe, nicht nur ein "formaler Verstoß" sei. Sie habe sich eine "Position angemaßt", die ihr nicht zustehe. Da es sich um öffentliche Gelder gehandelt habe, sei die Tat "gemeinschädlich". Um der Angeklagten zu zeigen, dass es sich um "keine Lappalie" handele, forderte der Staatsanwalt 640 Sozialstunden zu verhängen. Mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sei dem Strafanspruch des Staates und der Person der Angeklagten genüge getan, befand indes Richter Hofmann bei der Urteilsbegründung. Außerdem machte er der 53-Jährigen zur Auflage, in dieser Zeit 550 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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