Klimaneutralität:Musterschüler aus der Eichthalstraße

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Obwohl auf seinem Dach bereits eine Photovoltaikanlage installiert wurde, ist das Ebersberger Landratsamt eines der wenigen kreiseigenen Gebäude, das noch auf fossile Rohstoffe angewiesen ist. Doch das könnte sich bald ändern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bis zum Jahr 2030 will der Landkreis Ebersberg die Nutzung von fossilen Energieträgern beendet haben. In der Fläche betrachtet, dürfte das kaum zu schaffen sein - das Landratsamt selbst ist jedoch auf einem guten Weg.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

2040, 2045 und 2050 - das sind die Jahre, in denen Bayern, Deutschland sowie die Europäische Union ihre Klimaneutralität erreichen wollen. Der Landkreis Ebersberg dagegen hat sich ein noch ambitionierteres Ziel gesetzt und sich die Zahl 2030 auf die Fahne geschrieben. Bis dahin will man in der Region nicht nur frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgern sein, sondern auch im Wärmebereich 50 Prozent des Verbrauchs im Vergleich zum Ausgangsjahr 2007 eingespart haben. Was gut klingt, dürfte zumindest flächendeckend jedoch kaum zu erreichen sein. Zwar hat der Kreistag dieses Ziel 2006 beschlossen und 2015 angepasst, auf das Verhalten der einzelnen Ebersberger Bürger sowie der hier ansässigen Firmen haben die Lokalpolitiker allerdings wenig Einfluss. Umso mehr kommt es darauf an, dass das Landratsamt bei der Klimaneutralität selbst als gutes Beispiel vorangeht.

Und momentan scheint man in der Ebersberger Kreisbehörde auf dem richtigen Weg zu sein. Das geht aus einer Übersicht über die Energieverbräuche und den Stand der Klimaschutzmaßnahmen an den kreiseigenen Liegenschaften hervor, die Susanne Kinze vom Landratsamt in der jüngsten Sitzung des zuständigen Kreisausschusses vorstellte. Demnach lag der Anteil der regenerativen Energieträger an den Landkreisschulen und Verwaltungsgebäuden 2023 bei 59 Prozent, 2024 soll er auf 66 Prozent steigen. Fast die Hälfte der Liegenschaften ist bereits jetzt CO₂-neutral: etwa die Realschule Ebersberg, die Landwirtschaftsschule, das Haus der Straßenmeisterei oder das Verwaltungsgebäude in der Kolpingstraße. Alle diese Einrichtungen werden schon jetzt ohne endliche Energieträger betrieben.

Das Landratsamt selbst gilt als CO₂-neutral, obwohl es das eigentlich gar nicht ist

Andernorts gibt es noch etwas Nachholbedarf, wie Kinze erklärte: "Drei unserer Liegenschaften werden derzeit noch mit Gas beheizt." Dazu zählen die Realschule und das Gymnasium Markt Schwaben, die aber noch heuer an das Fernwärmenetz angeschlossen werden sollen. Übrig bleibt dann nur noch das Landratsamt selbst. Zwar gilt auch das Verwaltungsgebäude in der Ebersberger Eichthalstraße als CO₂-neutral, allerdings nur deshalb, weil das emittierte CO₂ durch Ausgleichszertifikate kompensiert wird. Doch auch damit könnte Susanne Kinze zufolge bald Schluss sein. "Es gibt Gespräche mit Bayernwerk Natur, ob man vielleicht auch das Landratsamt auf Fernwärme umstellen kann." Der Energieversorger jedenfalls werde die Möglichkeit einer Erweiterung des bestehenden Netzes in der Kreisstadt prüfen.

Damit würde der Landkreis - also zumindest dessen Verwaltung - seinem Ziel, komplett frei von fossilen Energieträgern zu werden, ein großes Stück näherkommen. Bleibt noch die Frage nach der Wärmeenergieeinsparung, die ja bis 2030 um 50 Prozent in Vergleich zu 2007 sinken soll. Auch hier sind inzwischen deutliche Fortschritte zu erkennen. Noch etwas holprig lief es im Corona-Jahr 2021, als der Landkreis erst bei 15 Prozent stand. Ein Sprung auf 21 Prozent folgte 2022, und im Folgejahr lag man bereits bei 23 Prozent Einsparung von Wärmeenergie im Vergleich zu 2007. Das ist vor allem verschiedenen Baumaßnahmen an den kreiseigenen Gebäuden geschuldet, etwa der Sanierung des Heizverteilersystems in der Dreifachturnhalle in Markt Schwaben oder der Erneuerung der Lüftungsanlage in der Dr.-Wintrich-Halle in Ebersberg.

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Aber auch die Einführung eines Energie-Monitorings für alle Gebäude des Landkreises spielt dabei eine Rolle, wie Kinze erklärte. "Ziel dabei ist es, hohe Energieverbräuche zu erkennen, um etwas dagegen unternehmen zu können." Noch stecke das Tool zwar in den Kinderschuhen, es lägen aber bereits Anfragen mehrerer Kommunen vor, die ebenfalls daran interessiert seien. Diesen soll das Dashboard bei Bedarf auch zur Verfügung gestellt werden.

Fast noch besser als beim Vermeiden fossiler Energieträger und beim Einsparen von Wärmeenergie läuft es für das Landratsamt bei der Stromgewinnung. Die Photovoltaikanlagen auf den Dächern der kreiseigenen Gebäude haben im Jahr 2023 rund 3700 Megawattstunden erzeugt, verbraucht haben die Liegenschaften in diesem Zeitraum aber lediglich 2500 Megawattstunden. Der Anteil des erzeugten Solarstroms beträgt demnach etwa 145 Prozent des Stromverbrauchs der landkreiseigenen Gebäude. "Wir haben unser Klimaziel eigentlich schon erreicht", freute sich deshalb Landrat Robert Niedergesäß (CSU), dessen Euphorie von Energieagentur-Mitarbeiterin Elisabeth Buchmann aber etwas eingebremst werden musste: Ja, über die gesamte Landkreisfläche hinweg betrachtet sei das schon richtig. Ziel sei es jedoch, den Strom direkt dort zu erzeugen, wo er verbraucht wird - auch, um die Netze zu entlasten.

Noch in diesem Jahr sollen drei weitere PV-Anlagen gebaut werden

An ebendieser Stellschraube will der Landkreis heuer weiter drehen. Noch im laufenden Jahr nämlich sollen drei weitere Photovoltaikanlagen auf kreiseigenen Gebäuden in Betrieb gehen. Die Größte von ihnen ist auf dem Mitteltrakt des Vaterstettener Gymnasiums geplant: Dort sollen 242 neue Solarmodule eine Gesamtleistung von 96,8 Kilowatt Peak liefern und dazu beitragen, dass die Schule ihren Verbrauch künftig zu einem Großteil selbst erzeugen kann. 74 weitere Module mit einer Leistung von 31,08 Kilowatt Peak werden noch heuer auf dem Dach des Max-Mannheimer-Gymnasiums in Grafing angebracht, und auch die Realschule Vaterstetten soll eine neue PV-Anlage bekommen: Hier sind 236 Module mit 94,4 Kilowatt Peak Gesamtleistung vorgesehen.

Der "Musterschüler" Landratsamt macht also langsam aber sicher ernst, was seine selbst gesteckten Energieziele angeht. Damit der Landkreis 2030, 2040 oder auch 2050 tatsächlich klimaneutral ist, werden aber die Gemeinden, die Unternehmen und letztlich auch alle einzelnen Bürgerinnen und Bürger mit an diesem Strang ziehen müssen.

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