Ebersberg:Landkreis wird Vermieter für Briefkastenfirmen

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Das verlassene Büro im Ebersberger Forst, in dem acht internationale Fonds ihren Sitz haben, wird künftig vom Landratsamt verwaltet. Die möglichen Einnahmen sind einfach zu verlockend.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Der Landkreis Ebersberg hat eine neue Immobilie angemietet. 292,75 Euro zahlt er von Januar 2017 an monatlich für 20 Quadratmeter Bürofläche, nicht ganz zentral, dafür höchst idyllisch mitten im Forst gelegen. Doch der Raum wird nicht etwa dazu dienen, erholungsbedürftigen Mitarbeitern eine reizarme Umgebung zu verschaffen - schließlich übernimmt der Kreis auch die Untermieter, die es möglichst nicht zu vergraulen gilt.

Denn die zahlen hoffentlich irgendwann einmal wesentlich mehr in die Kreiskasse als die paar Euro Miete: Es handelt sich um derzeit acht international agierende Fonds, die zu einem Münchner Konzern gehören. Und den reizt an der Adresse nicht die gute Luft und der schöne Ausblick, sondern der sensationell niedrige Gewerbesteuerhebesatz. Weniger zahlt man nirgendwo in Deutschland, dazu müsste man schon weiter in die Ferne schweifen.

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Die Briefkastenfirmen in St. Hubertus 2, so die offizielle Adresse, sind nichts Neues, es gibt sie schon seit 2004, damals hatte eine Kreisrätin die Idee, auf diese Weise etwas Geld in die Kreiskasse zu bringen. Denn der Forst ist "außermärkisches Gebiet", er gehört zu keiner Gemeinde - die Einnahmen, die hier erzielt werden, fließen also dem Landkreis zu.

Als die Süddeutsche Zeitung im Frühjahr freilich im Zuge der Berichterstattung über die Panama Papers auch wieder einmal an die winzige Steueroase im Forst erinnerte, griffen das Medien in ganz Deutschland auf. "Ich habe mich 14 Tage mit fast nichts anderem beschäftigt", erinnert sich Brigitte Keller, die Finanzmanagerin des Kreises. Auch die Staatsforsten, denen der Stadel mit dem Büro im Forst gehört, blieben von dem großen öffentlichen Interesse nicht verschont - schließlich waren sie bisher die Vermieterin für die Briefkastenfirmen.

Doch das soll sich nun ändern: "Der den Nutzen hat, soll auch über das Gebäude verfügen", sagt Heinz Utschig, Leiter des Forstbetriebs Wasserburg der Bayerischen Staatsforsten, die für den Ebersberger Forst zuständig ist.

Der Kreis hat nichts dagegen, ihm ist jedenfalls sehr daran gelegen, den "Seegrasstadel", wie er neuerdings heißt, als Firmensitz zu erhalten. Zwar hat er in diesem Jahr wenig Geld in die Kasse gebracht - laut Keller war der Betrag "nicht einmal fünfstellig" -, doch es hat auch schon ganz andere Zeiten gegeben: Sechs Millionen Euro Gewerbesteuer wurden allein im Jahr 2010 gezahlt, andere Jahre waren ähnlich lukrativ. Und es könnte wieder besser werden, denn wenn die Fonds auslaufen, entsteht Gewinn - und somit Gewerbesteuer.

Zudem muss es ja auch nicht bei den bisherigen acht Firmen bleiben. "Ich habe mehr als 40 Anfragen von Firmen, die ebenfalls an dem Standort Interesse hätten", sagt Brigitte Keller. Ein bisschen was ginge ihrer Einschätzung nach vielleicht noch, schließlich steht der Raum derzeit die meiste Zeit leer, nur drei Bürostunden - eine am Mittwochmorgen, zwei am Freitagnachmittag - gibt es bisher.

Allerdings ist die Ausweitung des Mini-Gewerbestandorts zwischen Tannen und Fichten laut Keller auch nicht beliebig möglich. Zwar sei der Stadel groß, baurechtlich sei aber nur dieses eine Büro genehmigt, erläutert Keller. Ein weiterer Ausbau sei an dem sensiblen Standort kaum möglich. Dass die Firmen an ihrem Sitz in irgendeiner Form tätig sind, ist Bedingung dafür, dass ihre Tätigkeit dort legal ist.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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