Lokalpolitik im Internet:Kreistag bleibt analog

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Normalerweise tagt der Ebersberger Kreistag im Landratsamt. Während der Corona-Pandemie war das Gremium aber auf das ehemalige Sparkassengebäude in der Kreisstadt ausgewichen. (Foto: Christian Endt)

Zu teuer, zu aufwendig: Die Sitzungen des Ebersberger Gremiums und seiner Ausschüsse werden auch künftig nicht im Internet übertragen.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Sitzungen des Ebersberger Kreistags sind wahrlich kein Publikumsmagnet. Dennoch verirren sich immer mal wieder Besucherinnen und Besucher in den Hermann-Beham-Saal im Landratsamt, wenn das Gremium oder einer seiner Ausschüsse zusammenkommt - besonders dann, wenn es um brisante Themen wie etwa die geplanten Windräder im Ebersberger Forst geht. Den Bürgern eine einfachere Teilhabe an den Sitzungen zu ermöglichen, indem diese in Echtzeit im Internet übertragen werden, das wollte nun ein Mann aus Kirchseeon mit einer Eingabe an den Kreistag erreichen. Von Erfolg gekrönt war dieses Vorhaben jedoch nicht.

Zu teuer, zu aufwendig - so lautete in aller Kürze die Begründung, warum der zuständige Kreis- und Strategieausschuss die Idee in seiner jüngsten Sitzung ablehnte. Publikum war dabei übrigens keines zugegen, was wiederum jenem Umstand geschuldet sein könnte, den der Kirchseeoner in seinem Gesuch kritisiert: "Um eine Sitzung des Kreistags zu besuchen, sind für 90 Prozent der Landkreisbevölkerung lange Anreisewege erforderlich. Zudem ist dem ,normalen' Berufstätigen der Besuch praktisch verwehrt", heißt es in dem Schreiben an Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Tatsächlich tagen die Ebersberger Gremien zumeist in der Kreisstadt - und das in aller Regel mitten am Nachmittag. Wer als Zuhörer daran teilnehmen will, müsste sich also extra dafür freinehmen. "Die geringen Besucherzahlen beweisen regelmäßig, wie wirksam Bürger wegen dieser Hürden vom Besuch der Sitzungen abgehalten werden", kritisiert der Kirchseeoner.

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Bis zum Jahr 2030 will der Landkreis Ebersberg die Nutzung von fossilen Energieträgern beendet haben. In der Fläche betrachtet, dürfte das kaum zu schaffen sein - das Landratsamt selbst ist jedoch auf einem guten Weg.

Von Andreas Junkmann

Eine Möglichkeit, das lokalpolitische Geschehen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wäre es also, die Debatten Online zu übertragen. Rein rechtlich gäbe es dagegen nichts einzuwenden, wie der Antragsteller mit Verweis auf die bayerische Landkreisordnung aufzeigt. Demnach haben Sitzungen "in einem der Allgemeinheit zugänglichen Raum stattzufinden". Ergänzend dazu kann ein Landkreis aber auch "eine Echtzeitübertragung der öffentlichen Sitzungen des Kreistags in Ton und Bild über das Internet zulassen und die Aufzeichnungen in einer Sammlung audiovisueller Medien für die Dauer von sechs Wochen zum Abruf für jedermann bereitstellen". Dieser Zusatz ist im Sommer 2023 in die Landkreisordnung mit aufgenommen worden.

Dass eine solche Videoübertragung von Debatten nicht nur funktionieren, sondern auch durchaus erfolgreich sein kann, hat die Heimatgemeinde des Antragstellers bereits bewiesen. Die Informationsveranstaltungen über eine mögliche Bebauung des ehemaligen Kirchseeoner Bahnschwellengeländes nämlich wurden allesamt Online übertragen. Die Anzahl der Zuschauer im Internet habe diejenige der Besucher vor Ort dabei weit übertroffen, wie der Antragsteller anmerkt - "und das, obwohl die Kirchseeoner Internetnutzer einen weitaus kürzeren Weg in die Veranstaltungshalle gehabt hätten als der durchschnittliche Landkreisbewohner nach Ebersberg".

Der Antragsteller macht sich Sorgen über die Kluft zwischen Politikern und Bürgern

Letztendlich spricht aus Sicht des Mannes jedenfalls nichts dagegen, die Sitzungen des Kreistags künftig ebenfalls im Internet zu streamen, im Gegenteil: Mit schönen Reden allein könne die immer größer werdende Kluft zwischen dem Landkreiswähler und den Mandatsträgern im Kreistag nicht überbrückt werden, schreibt der Antragsteller. Mehr Transparenz für das Handeln der Kreisräte und mehr Bürgernähe könne jedoch verhindern, dass die Kluft nicht noch größer werde.

Vorerst aber wird sich an der bisherigen Praxis nichts ändern. Aus dem Ebersberger Landratsamt ist zu erfahren, dass sich die Arbeitsgruppe Politik und Verwaltung mit dem Gesuch beschäftigt und dabei auch die IT-Experten der Behörde hinzugezogen hat. "Ziel diesbezüglich war es, die technische Machbarkeit und die realistischen Kosten einschätzen zu können", schreibt das Landratsamt in einer Stellungnahme. Letztendlich beziffert die Behörde die notwendige Summe für die Onlineübertragungen auf mindestens 100 000 Euro, weshalb die Arbeitsgruppe zu einem eindeutigen Ergebnis kam: "Der finanzielle Aufwand zur Schaffung der technischen und administrativen Voraussetzungen für die Echtzeitübertragung von öffentlichen Sitzungen des Kreistags und seiner Gremien ins Internet erscheint aufgrund der geringen Besucherzahlen als zu hoch."

Dieser Einschätzung folgten auch die Mitglieder des Kreis- und Strategieausschusses, die den Antrag einstimmig ablehnten und diesen Beschluss auch dem Kreistag für seine nächste Zusammenkunft nahelegten. Diese findet kommende Woche Montag, 13. Mai, statt - nach wie vor analog, aber vielleicht mit dem ein oder anderen Zuschauer.

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