Kreisklinik Ebersberg:Krankheitserreger auf Irrwegen

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Peter Lemberger ist Chefarzt für Anästhesie und Intensivmedizin an der Kreisklinik Ebersberg. (Foto: Kreisklinik Ebersberg/oh)

Sepsis-Patienten sind in der Kreisklinik Ebersberg keine Seltenheit. Dennoch ist die Krankheit vielen kaum bekannt. Peter Lemberger, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin, erklärt im Interview, was es damit auf sich hat.

Interview von Sybille Föll, Ebersberg

Sepsis, umgangssprachlich auch Blutvergiftung genannt, ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit, dennoch ist die Erkrankung kaum bekannt. Der alljährliche Welt-Sepsis-Tag am 13. September soll mit Aktionen und Aufklärung Abhilfe schaffen. Peter Lemberger, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin an der Ebersberger Kreisklinik, spricht im Interview über die gefährliche Erkrankung.

SZ: Herr Lemberger, was genau ist überhaupt eine Sepsis?

Peter Lemberger: Von einer Sepsis sprechen wir, wenn Keime wie Bakterien, Viren, Pilze oder eine Mischung daraus in die Blutbahn gelangt sind. Die Ursache ist immer eine Infektion. Der Körper wehrt sich gegen die Eindringlinge im Blut und so treten meist heftige Krankheitssymptome auf wie hohes Fieber, Muskelschmerzen, schneller Atem und Atemnot. Manche Menschen sind auch verwirrt oder haben Probleme beim Sprechen. Im weiteren Verlauf kann es zu einem Herz-Kreislauf-Zusammenbruch, Nieren-, Leber- oder multiplem Organversagen kommen und schließlich kann die Sepsis zum Tod führen. Ein weiteres Risiko der Erkrankung: Die Keime können sich auch an anderen Stellen im Körper ansiedeln, zum Beispiel an den Herzklappen, was zu einer Endokarditis, also einer Entzündung der Herzklappen führt, oder an der Wirbelsäule mit der Folge, dass sich ein oder mehrere Wirbelkörper entzünden.

Kann so etwas bei jeder Infektion passieren?

Theoretisch ja. Häufige Ursachen sind Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte, Infektionen im Bauchraum, Wundinfektionen und Hirnhautentzündungen. Aber auch Viruserkrankungen wie Grippe und Covid-19 können zu einer Sepsis führen. Ein hohes Risiko haben in erster Linie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, also Ältere und Säuglinge, sowie Menschen mit chronischen, organischen Erkrankungen, zum Beispiel Diabetiker und Menschen, die regelmäßig Cortison einnehmen müssen, etwa aufgrund einer Autoimmunerkrankung. Im täglichen Leben tritt eine Sepsis jedoch eher selten auf. Manchmal geraten Keime während einer Operation in die Blutbahn, wenn zum Beispiel ein Abszess oder entzündete Mandeln entfernt werden. Bei älteren Menschen kann eine Darm- oder Lungenentzündung die Ursache sein. In der Klinik Ebersberg haben wir zirka zwei Patienten pro Woche, meist ältere, die wegen einer Sepsis intensivmedizinisch behandelt werden müssen.

Notaufnahme
:"Wir können uns weder mehr Patienten noch weniger Personal leisten"

Die aktuelle Lage in der Notaufnahme der Ebersberger Kreisklinik ist angespannt. Der Grund: Ein hoher Krankenstand und Kündigungen beim Personal sowie ein enormer Zuwachs an Patienten, wobei viele von ihnen an anderer Stelle besser aufgehoben wären.

Von Johanna Feckl

Manche Symptome zeigen sich auch bei anderen Erkrankungen, zum Beispiel einer Grippe oder einem Schlaganfall. Wie kann eine Sepsis eindeutig erkannt werden?

Zum einen geht es Betroffenen sehr schlecht, sie fühlen sich schnell zunehmend kränker und werden einen Arzt aufsuchen, der sie sofort in eine Klinik überweisen sollte. Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Sepsis, wird in unserem Labor eine Blutkultur angelegt und mikrobiologisch untersucht, um die Keime nachzuweisen und herauszufinden, um welche Art es sich handelt. Das Ergebnis erhalten wir nach etwa zwei bis drei Tagen.

Wie sieht dann eine Behandlung aus?

An erster Stelle steht, die Ursache zu finden und diese zu behandeln sowie Begleiterscheinungen, etwa Herz-Kreislauf-Probleme. Wenn offensichtlich ist, dass die Ursache eine bakterielle Infektion ist, erhält der Patient sofort und bis zum Eintreffen der Laborergebnisse ein Breitband-Antibiotikum. Sobald klar ist, um welche Bakterien es sich handelt, wird es durch ein anderes Antibiotikum ersetzt, das gezielt gegen diese Keime wirkt. Stellt sich heraus, dass es ein Pilz ist, bekommt der Patient Anti-Pilzmedikamente. Sind Viren im Blut, bedingt etwa durch eine Lungenentzündung oder Covid-19, können wir nur die Symptome behandeln, etwa den Patienten beatmen, und so die Zeit überbrücken, bis der Körper sich selbst geheilt hat. Es gibt keine spezifischen Medikamente gegen Viren.

Etwa ein Viertel der an Sepsis erkrankten Menschen sterben. Was sind die Gründe dafür?

Entweder hat die Erkrankung schon zu irreversiblen Schäden an Organen geführt und es kommt zum Organversagen, oder die für die Sepsis verantwortlichen Bakterien sind resistent gegen Antibiotika und die Ursache kann nicht behoben werden, oder Patienten sind durch schwere Grunderkrankungen schon so geschwächt, dass sie eine weitere, schwere Erkrankung wie eine Sepsis nicht überstehen.

Was raten Sie Menschen mit erhöhtem Risiko für eine Sepsis?

Infektionen so schnell wie möglich vom Hausarzt behandeln lassen, das Immunsystem stärken und bei den genannten Symptomen sofort einen Arzt aufsuchen.

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