Zum Welt-Hebammentag am 5. Mai:"Ohne Hebammen gibt es keine gute Geburtshilfe"

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Die Betreuung zwischen Hebamme und werdender Mutter ist an der Ebersberger Kreisklinik eins zu eins. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Damit eine Geburt reibungslos klappt, ist Teamwork gefragt - dennoch kommt an der Ebersberger Kreisklinik einer Berufsgruppe eine besondere Rolle zuteil. Ein Interview mit Hebamme Inka Bormann und Oberärztin Veronika Pokorny.

Interview von Katharina Ober, Ebersberg

Einen sicheren Raum schaffen, wenn das Baby seinen verlässt - das ist das Ziel der Geburtshilfe. Um das zu erreichen, arbeiten Pflegekräfte, Ärztinnen, Ärzte und Hebammen zusammen. Im Ebersberger Kreißsaal sind Hebammen besonders intensiv für die werdenden Mamas da. Anlässlich des internationalen Hebammentags am Sonntag, 5. Mai, erzählen Hebamme Inka Bormann und Oberärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe Veronika Pokorny von der Kreisklinik Ebersberg, wie sie als Team Geburten begleiten.

SZ: Im Kreißsaal sind Hebammen und Ärztinnen und Ärzte während der Geburt für Mama und Baby da. Wie genau ist eigentlich die Aufgabenteilung?

Veronika Pokorny: Bei uns in Ebersberg werden die Geburten von den Hebammen geführt. Wir Ärztinnen und Ärzte kommen natürlich immer dazu, wenn es notwendig ist. Wenn die Geburt unauffällig verläuft, begleiten wir die Patientinnen während der sogenannten aktiven Austreibungsphase, da die für die werdenden Mütter und auch für die Babys die anstrengendste ist.

Inka Bormann: Mit einem Augenzwinkern sage ich den Schwangeren bei der Anmeldung zur Geburt: Wenn die Geburt normal verläuft, kommen unsere Ärztinnen und Ärzte nur zum Gratulieren. Denn natürlich haben die Kolleginnen und Kollegen sehr viel mehr zu tun und sind im Hintergrund immer bereit. Und diese Sicherheit ist beruhigend und wichtig für die werdenden Eltern. Aber wir Hebammen leiten hier in Ebersberg die Geburt, betreuen die Frauen von A bis Z. Bevor ich hier in Ebersberg als Hebamme gearbeitet habe, war ich in einer sehr großen Geburtsklinik tätig. Deshalb kann ich im Vergleich sagen, dass die Atmosphäre hier sehr ruhig ist, fast wie in einem Geburtshaus. Bei uns ist die Betreuung durch die Hebammen in der Regel eins zu eins, also eine werdende Mutter und eine Hebamme. Wir geben der werdenden Mutter Zeit und Möglichkeiten auszuprobieren, was ihr gerade guttut.

Hebamme Inka Bormann (links) und Oberärztin Veronika Pokorny leisten im Kreißsaal der Kreisklinik Ebersberg als Team eine intensive Begleitung für werdende Mütter. (Foto: Katharina Ober/oh)

Viele Frauen wünschen sich eine spontane Geburt, keinen Kaiserschnitt. Wie können Hebammen sowie Ärztinnen und Ärzte das ermöglichen?

Bormann: Ein wichtiger Punkt ist Geduld. Wir sagen nicht, wenn nach zwei Stunden kein Geburtsfortschritt da ist: So, jetzt brechen wir ab! Wenn es dem Baby und der Frau gut geht, geben wir Zeit drauf, wir versuchen, ob ein Positionswechsel oder eine PDA (Periduralanästhesie) hilft. Und das geht eben nur bei einer intensiven Begleitung der Schwangeren durch die Hebamme. Wir haben deshalb übrigens zur diensthabenden Hebamme dazu eine Hebamme in Rufbereitschaft. Falls sich ein zweites Baby zeitgleich auf den Weg macht, kommt die Kollegin. So können wir in der Regel die eins-zu-eins-Betreuung sicherstellen.

Pokorny: Unsere Philosophie ist, die Wünsche der Patientin wahrzunehmen und zu berücksichtigen und sie während der Geburt bestmöglich zu unterstützen. Eine Intervention kommt nur dann zum Einsatz, wenn es notwendig ist oder natürlich, wenn es die Patientin selbst wünscht. Die Indikation zum Kaiserschnitt wird immer nach gründlicher Überlegung und nach Ausschöpfen von allen anderen Maßnahmen gestellt. Wir sind jederzeit dazu in der Lage, einen Kaiserschnitt durchzuführen - wenn er medizinisch notwendig ist. Manchmal muss man auch am Ende der Geburt, in der Austreibungsphase, agieren. Meistens ist der Grund dafür, dass das Baby zu stark gestresst ist - was sich an den Herztönen zeigt.

Wie viele Kinder werden in der Kreisklinik Ebersberg per Kaiserschnitt geboren?

Pokorny: Im Jahr 2023 lag der Anteil bei rund 19,5 Prozent. In ganz Deutschland sind es im Durchschnitt rund 30 Prozent. Ich möchte aber fairerweise sagen, dass das nicht nur an unserer Philosophie in der Geburtshilfe liegt. Denn Frauen, die eine Risikoschwangerschaft haben, können nicht bei uns entbinden. Bei Risikoschwangerschaften ist der Anteil an Kaiserschnitten höher. Trotzdem ist das zu einem sehr großen Teil eben auch das Verdienst unserer Hebammen.

Bormann: Was viele nicht wissen: Auch bei einem Kaiserschnitt muss eine Hebamme dabei sein. Wir begleiten die werdende Mutter in den OP und sind weiterhin an ihrer Seite. Und wir legen der Frau auch dort ihr Kind auf die Brust - wie im Kreißsaal. Dorthin bringen wir die Eltern und ihr Baby nach einer kurzen Zeit im OP auch wieder. Bonding und Anlegen läuft dann ab wie bei einer spontanen Entbindung.

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Während einer Geburt müssen Hebammen, Ärztinnen und Ärzte auch mal schnell reagieren. Gleichzeitig wollen und müssen Sie ja auch intensiv für die werdende Mutter da sein. Was bedeutet das für die Kommunikation untereinander im Kreißsaal?

Pokorny: Wir sind ein eingespieltes Team und verstehen uns mit einem Blick; wissen, was der nächste Schritt ist. Dazu brauchen wir keine langen Beratungen und viele Worte. Wir verstehen einander. Nur so können wir zusammen auch die Ruhe ausstrahlen, die die werdende Mama bei einer Geburt von uns benötigt. Denn sie muss und soll sich immer sicher und gut aufgehoben bei uns fühlen.

Bormann: Da braucht es wirklich nur Blicke oder einzelne Worte. Wir erklären der Mutter aber auch immer alles: "Als Nächstes machen wir dies ..." Das ist mir sehr wichtig und ich mache das auch gerne.

Was schätzen Sie an den Kolleginnen oder Kollegen der jeweils anderen Berufsgruppe?

Bormann: Die Ebersberger Ärztinnen und Ärzte sind sehr freundlich im Umgang mit den Frauen. Wir arbeiten alle auf Augenhöhe als Team. Da ist es für mich einfach eine Kollegin oder ein Kollege und ich achte nicht auf den Beruf.

Pokorny: Ohne Hebammen gibt es keine gute Geburtshilfe! Sie sind während der Geburt die ersten Ansprechpartnerinnen der Frauen - nicht nur fachlich. Unsere Hebammen stehen den Frauen auch emotional während dieser Stunden sehr nahe. Und das hilft bei einer Geburt sehr. Denn jede Geburt ist gleichzeitig schön und anstrengend für eine Frau.

Der nächste Infoabend des Teams der Geburtshilfe der Kreisklinik Ebersberg ist am Donnerstag, 16. Mai, um 19 Uhr im Speisesaal der Kreisklinik.

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