"Katastrophale Finanzlage":Ebersberg fehlen fast vier Millionen

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Alles im roten Bereich: Das Foto des Ebersberger Rathauses von 2020 zeigt eine Solidaritätsaktion für Kultureinrichtungen, könnte aber auch gut für die aktuelle Haushaltslage stehen. (Foto: Christian Endt)

Im diesjährigen Haushalt für die Kreisstadt müssen 3,7 Millionen Euro eingespart werden. Wie, das wollen die Fraktionen in der kommenden Woche beraten. Klar ist jetzt schon: Es wird schmerzhaft.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Die Haushaltslage ist katastrophal." Mit diesen Worten begann Stadtkämmerer Josef Gibis nun im Finanzausschuss seinen Bericht über das Budget für 2023. Dieses hätte eigentlich am Dienstagabend verabschiedet werden sollen - doch nun stehen für die Stadtratsmitglieder erst einmal langwierige Beratungen und schmerzhafte Entscheidungen an: Damit der aktuelle Haushalt genehmigungsfähig wird, müssen insgesamt 3,734 Millionen Euro aufgetrieben werden.

Der Fehlbetrag ergibt sich zum einen aus einem Defizit im Verwaltungshaushalt, also dem Teil des Zahlenwerks, der die laufenden Einnahmen und Ausgaben abbildet. Nach der Prognose der Kämmerei werden letztere heuer etwa 1,62 Millionen Euro mehr als die ersteren betragen. Allerdings liegt das nicht an den Einnahmen - trotz eines erwarteten Rückgangs bei der Gewerbesteuer um rund 1,7 Millionen Euro, sind diese mit 36,36 Millionen noch gut 600 000 Euro höher als 2022 beziffert.

Die Kreisumlage steigt im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 Millionen Euro

Dafür sind die Ausgaben sehr deutlich gestiegen, um knapp 4,2 auf dann 37,98 Millionen Euro. Gut die Hälfte dieser Steigerung hat mit der Kreisumlage zu tun, erläuterte Gibis: Flossen 2022 noch 8,3 Millionen Euro vom Rathaus ans Landratsamt, werden es heuer 10,66 Millionen sein. Dass der Anstieg so hoch ausfällt, liegt einerseits an einem zu diesem Jahr erhöhten Hebesatz, vor allem aber an der Berechnungsgrundlage. Denn die Höhe der Umlage hängt von der Steuerkraft des vorvergangenen Jahres ab - 2021 hatte Ebersberg den Rekordwert von 13 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen, und das macht sich nun eben deutlich bei der Umlage bemerkbar.

Den zweiten Teil des Fehlbetrags im Haushalt macht die sogenannte Mindestzuführung aus. Das ist jene Summe, die eigentlich als Überschuss im Verwaltungshaushalt bleiben sollte, damit Zinsen und Rückzahlungen von Krediten geleistet werden können. Für dieses Jahr brauche man hier 2,1 Millionen Euro.

Die Rücklagen - bei der Aufstellung des vergangenen Haushalts lag die Prognose für Ende 2022 bei gut drei Millionen Euro - helfen bei der Lösung des Problems indes nur bedingt. Denn zum einen dürfe man für laufende Ausgaben nur dann in die Rücklagen greifen, wenn alle anderen Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft seien, so Gibis. Ansonsten würde das Landratsamt den Haushalt nicht genehmigen.

Es haben sich einige Investitionen aufgestaut, manche wird wohl weiter warten müssen

Und zum anderen hat die Stadt für 2023 auch einiges auf der Agenda stehen: Der Vermögenshaushalt, der die Investitionen abbildet, umfasst heuer ein Volumen von 32,64 Millionen Euro und damit fast neun Millionen mehr als im Vorjahr. Würde man diese Summe wirklich wie geplant umsetzen, müsste die Neuverschuldung heuer 23,1 Millionen Euro betragen, der Rest würde aus Grundstücksverkäufen gedeckt.

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In der Kreisstadt fehlen fast vier Millionen Euro. Das hat auch strukturelle Ursachen.

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Laut Gibis sollte die Stadt aber auf keinen Fall Kredite in dieser Höhe aufnehmen, denn auch dadurch wäre der Haushalt nicht mehr genehmigungsfähig: Mit einer solchen Schuldenlast - die dann mehr als dem Doppelten der aktuellen Verbindlichkeiten entspräche - wäre die dauerhafte Leistungsfähigkeit der städtischen Finanzen nicht mehr gegeben.

Das Fazit des Kämmerers: "Wir müssen dringend konsolidieren." Die Verwaltung habe bereits sämtliche Einsparmöglichkeiten in ihrem Kompetenzbereich vorgenommen, so Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos), "aber wir sind an einigen Punkten nicht weitergekommen". Daher sei nun die Politik am Zug, es müssten nun alle nicht gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen auf Einsparpotenzial überprüft werden. Kommende Woche soll es dazu einen Workshop des Finanzausschusses geben.

Die Stadt wird an vielen Ecken sparen müssen, da ist sich das Gremium einig

Die Reaktionen im Ausschuss fielen zwar besorgt, aber auch verhalten aus. Florian Brilmayer (CSU) sprach von einer "herausfordernden Situation", die aber nicht ganz überraschend komme. "Dadurch, dass es uns in den vergangenen Jahren immer so gut gegangen ist, haben wir uns Ausgaben geleistet, die wir uns jetzt nicht mehr leisten können." Nun gelte es, bei allen freiwilligen Leistungen zu schauen, wo man kürzen könne. Er regte an, die Kämmerei solle vor dem Treffen in der kommenden Woche schon einmal ein paar Szenarien vorbereiten, etwa Pauschalkürzungen im Bereich von zehn bis 20 Prozent. "Wir werden künftig auch mal Nein sagen müssen", so Brilmayer.

Dem könne er sich größtenteils anschließen, so Christoph Münch (SPD), "die Zahlen sind nicht schön, jetzt ist es eine politische Entscheidung, wo wir sparen können". Immerhin habe die Stadt in den vergangenen Jahren stets weniger Schulden aufnehmen müssen als geplant, dies sei jetzt von Vorteil. Er stellte noch die Frage, warum der Verwaltungshaushalt so stark gewachsen sei. Dies liege vor allem an den Investitionen, die in den vergangenen Jahren beschlossen, aber nicht umgesetzt worden seien, so Gibis.

Und von denen wohl einige auch weiter auf der Warteliste bleiben müssten, sagte Susanne Schmidberger (Grüne): "Wir müssen priorisieren, und es dürfen keine neuen Projekte dazukommen." Zwar habe die Stadt schon andere schwierige Haushalte gehabt, "aber so war es selten". Josef Peis (Pro Ebersberg) äußerte die Hoffnung, dass man im Haushaltsentwurf noch einige "Luftnummern" finden könne, also etwa Ausgaben, die sich gewissermaßen wegkürzen.

Zumindest die laufenden Vorhaben sollen ohne Unterbrechung beendet werden

Dies sei eher nicht zu erwarten, so der Kämmerer, man habe die Haushaltsstellen erst kürzlich nahezu komplett neu geordnet, da werde nicht mehr viel Luft zu finden sein. Eduard Zwingler (FW) mahnte an, auch die kommenden Jahre unbedingt Haushaltsdisziplin zu wahren, besonders bei der Ausstattung anstehender Projekte: "Wir können uns nicht immer den Mercedes leisten."

Zumindest auf die aktuell laufenden Projekte soll die klamme Kasse keine Auswirkungen haben. Das hatte es in Ebersberg nämlich auch schon mal gegeben: Das Museum Wald und Umwelt stand seit 1995 bereits als Rohbau, wegen der schwierigen Finanzlage wurde es aber erst 2004 endgültig fertiggestellt. Wie Proske erklärte, seien nun Hallenbad und Waldsportpark kurz vor der Fertigstellung, und "wir werden nicht die Baustellen einstellen".

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