Stromversorgung in Ebersberg:Enormes Interesse an Bündelaktionen für PV-Anlagen

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Anstatt dass sich jeder einzeln an die Projektierung seiner Photovoltaikanlage macht, bietet die Energieagentur Ebersberg-München eine Sammelausschreibung an.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Es ist ein Abend im Oktober, als Mitarbeiter der Energieagentur Ebersberg-München unfreiwillig zu Türstehern wurden. Im Grafinger Kastenwirt sollte gleich die Informationsveranstaltung von Stadt und Energieagentur zur Grafinger Photovoltaik-Bündelaktion beginnen. Drinnen war schon alles voll, aber von draußen wollten noch zwei Handvoll mehr Besucher mehr hinein. Den Organisatoren blieb nichts anderes übrig, als den Rest der Schlange nach Hause zu schicken. Die maximale Saalbelegung war erreicht.

"Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass sich die eigene Photovoltaik-Stromproduktion wirklich rechnet", ordnet die Grafinger Klimaschutzmanagerin Christina Spiegel ein. "Und an den Modulen auf dem Dach stört sich heute auch kaum mehr jemand." Vielmehr hätten sich die schwarz-blauen Zellen zu einem sichtbaren Statement pro Energiewende entwickelt.

In drei Landkreis-Kommunen laufen die Bündelaktionen bereits

Tatsächlich ist das Interesse an den derzeit im Landkreis stattfindenden Photovoltaik-Bündelaktionen enorm. Aus Vaterstetten, wohin Anfang Dezember zum großen Auftakt eingeladen war, berichteten Besucher von ähnlichen Szenen wie in Grafing. In Ebersberg ist ebenfalls eine Bündelaktion geplant, in Grafing (bislang 90 Beratungen), Oberpframmern (bislang 66 Beratungen) und Moosach (bislang 20 Beratungen) laufen sie bereits.

Durchgeführt werden die Bündelaktionen in Kooperation der jeweiligen Gemeinde und der Energieagentur. Den Aktionen liegt ein einfaches Kalkül zugrunde: Anstatt sich einzeln an die ja nicht ganz unkomplizierte Projektierung seiner Photovoltaikanlage zu machen, schließen sich Interessierte zu einer Gruppe zusammen - und wickeln das mehrstufige Prozedere gemeinsam ab. Gelenkt und betreut wird der Prozess von einer Beratergruppe der Energieagentur.

"Aus meiner Sicht hat die Idee zwei ganz große Vorteile", sagt mit Axel Ohme einer, der im Grafinger Kastenwirt einen Platz bekam: "Einerseits haben die Leute den ganzen Tag mit Photovoltaikanlagen zu tun - und nicht wie ich zum ersten Mal. Zum anderen will mir die Energieagentur nichts verkaufen. Die Berater können mir also ehrlich sagen, wenn eine Anlage bei mir auf dem Dach unterm Strich keinen Sinn macht."

Für die Planung müssen Interessenten lediglich 120 Euro zahlen

Die Informationsabende sind für all das nur der Auftakt. Wer mitmachen will, vereinbart anschließend einen Ortstermin mit den Beratern am eigenen Dach. Fällt danach die Entscheidung zur Teilnahme an der Bündelaktion, ist lediglich ein Planungskostenbetrag von 120 Euro zu überweisen. Den Rest der Projektierungskosten teilen sich die Gemeinden mit dem Landkreis.

Die nächsten Schritte beschreibt Elisabeth Haberthaler von der Energieagentur so: Die Agentur konfiguriere die Anlage und stelle eine Wirtschaftlichkeitsberechnung auf. Zu Projektpaketen gebündelt hole sie Angebote von Betrieben aus der Region ein. Anschließend würden die Teilnehmer gemeinsam eine - bei großem Projektumfang womöglich auch zwei - Anbieterfirmen auswählen.

Erst jetzt müssten sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie ihr Angebot annehmen, ablehnen oder nachbearbeiten lassen wollen. Die Umsetzung und Installation der Anlagen bereut die Energieagentur weiterhin.

Die steigenden Strompreise machen PV-Anlagen nach wie vor attraktiv

Doch wie können sich neue Photovoltaikanlagen lohnen, wo doch die Einspeisevergütungen kontinuierlich sinken? Haberthaler beruhigt: "Wirtschaftlich wird die Sache durch die steigenden Strompreise." Je umfangreicher jemand seinen eigenen Strom erzeuge, desto geringer falle die Stromrechnung des Versorgers aus. "Zusammen mit den in den vergangenen Jahren deutlich gesunkenen Anlagenpreisen entsteht da ein richtiger Hebel."

Wie groß dieser Hebel ist, hängt freilich von der Anzahl der "PV"-Segmente ab, die sich auf dem Dach montieren lassen. Und Faktoren wie Dachneigung und -Ausrichtung sowie die Lage von Dachfenstern. Ein realistisches Gesamtbild aufzustellen ist Haberthaler zufolge deshalb zentrales Ziel der Bündelaktion.

Eine zugespitzte Wirtschaftlichkeitsberechnung scheint aber ohnehin nicht bei allen Teilnehmern im Vordergrund zu stehen. "Mir geht es vor allem um eine nachhaltige Energieerzeugung", sagt der Grafinger Axel Ohme. "Natürlich schauen wir uns alles sehr genau an. Aber ob sich die Investition nun ein Jahr früher oder später amortisiert, ist für uns zweitrangig."

Ohme und seine Frau überlegen sogar, sich für einige tausend Euro zusätzlich einen großen Akku in den Keller zu stellen. "Das treibt zwar erst einmal die Kosten", sagt er. "Aber im Gegenzug würden wir dann auch am Abend unseren eigenen Strom verbrauchen können."

© SZ vom 30.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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