Mitten in Ebersberg:Ordentliches Drama

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Eine SZ-Redakteurin steigt abends in einen Müllcontainer. Um investigativen Journalismus geht es dabei aber nur am Rande.

Glosse von Anja Blum, Ebersberg

Ordnung zu halten, ist grundsätzlich ja nicht verkehrt. Wer weniger Zeit mit Suchen verbringt, hat schließlich mehr Gelegenheit, sich den schönen Dingen des Lebens zu widmen. Manchmal aber kann die Ordnungsliebe auch zum Fluch werden, zum Beispiel, wenn die Tochter zum Geburtstag ihr allererstes Mobiltelefon bekommen soll.

Damit dann am Jubeltag das Gerät auch gleich einsatzfähig ist, wird alles schon mal ausgepackt, die SIM-Karte eingelegt, das Display foliert. Und der ganze Verpackungsmüll? Wird von der Mama sogleich sortiert und entsorgt. Klar, was sonst?

Als aber dann der Papa am nächsten Abend das Handy richtig in Betrieb nehmen, das Wichtigste installieren und downloaden will, nimmt das Drama seinen Lauf. "Schatz, wo ist der PUK?" Was bitte?"Der Personal Unblocking Key!" Der Zahlencode, um das Telefon zu entsperren. Nun ja, es stellt sich heraus: Der PUK steht auf dem Rahmen der SIM-Karte, und der ist im Plastikmüll gelandet. Und dieser Sack wiederum ist an eben jenem Morgen bereits in einem Ebersberger Container gelandet. Ordnung muss schließlich sein.

Was nun passiert? Auch die Mama landet im Müll. Kein Witz. Denn beim Telefonanbieter eine neue SIM-Karte zu bestellen, würde viel zu lang dauern. Um also dem Töchterchen am Geburtstag eine herbe Enttäuschung zu ersparen, fährt die Mutter noch bei Anbruch der Dunkelheit, mit Taschenlampe, Gummihandschuhen und einem langen Schuhlöffel als Angel bewaffnet von Grafing nach Ebersberg, um den PUK zu retten. Leider haben sich in dem Container seit dem Morgen schon ziemlich viele Säcke angesammelt, so dass ein "Einsteigen" unvermeidlich ist. Doch die Mühe lohnt, das winzig kleine Plastikteil kann geborgen werden. Dass bei Verlassen des großen Metallbehälters die Leggins hängen bleibt und reißt - geschenkt!

Nur: Was, wenn einen jemand gesehen hat? Wenn man beobachtet wurde beim Im-Müll-wühlen? Und dabei obendrein vielleicht als SZ-Redakteurin enttarnt wurde? Na, dann könnte man sagen: Diese Lokalredaktion scheut wirklich keine Mühen, regionale Schweinereien aufzudecken. Das ist wahrer investigativer Journalismus. Prädikat: sehr ordentlich!

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