Geflüchtete im Landkreis Ebersberg:Keine Zelte, keine Turnhallen

Lesezeit: 2 min

Ende Dezember waren die Betten im ehemaligen Sparkassengebäude noch leer. Inzwischen sind fast alle von Geflüchteten belegt. (Foto: Christian Endt)

Die Flüchtlingslage im Landkreis Ebersberg spitzt sich weiter zu, doch die Kapazitäten für die Unterbringung sind nun endgültig ausgeschöpft.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein vorerst letzter Bus wird gegen Ende nächster Woche neue Geflüchtete in den Landkreis Ebersberg bringen, danach ist Schluss. Das liegt jedoch nicht daran, dass dann alle Asylsuchenden versorgt, sondern dass die Kapazitäten des Landkreises schlichtweg erschöpft sind. Das ehemalige Sparkassengebäude in Ebersberg wird am Monatsende vollständig ausgelastet sein, eine neue Unterbringungsmöglichkeit ist derzeit nicht in Sicht. Er habe diesen drohenden Engpass bereits mündlich beim bayerischen Innenministerium hinterlegt, sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nun bei einem Pressegespräch. Wie es nun weitergeht, ist unklar.

"Wir weigern uns nicht, Geflüchtete aufzunehmen. Es ist nur momentan einfach kein Bett mehr frei", beschreibt Niedergesäß die missliche Lage, an der sich zumindest kurzfristig nichts ändern wird. Erst im April könne der Landkreis wohl wieder Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen bereitstellen, so der Chef der Kreisbehörde. Auf Turnhallen wolle er dennoch weiterhin nicht zurückgreifen, und auch die zwischenzeitlich angedachte Option, Menschen in Zelten unterzubringen, liegt vorerst auf Eis. Diese Idee stammt ursprünglich aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck und sollte auch für den Ebersberger Raum geprüft werden, wie Niedergesäß vor einigen Wochen ankündigte. Passiert ist seither offenbar nicht viel, man habe das "noch nicht weiterverfolgt", wie der Landrat nun sagte. Aktuell liege der Fokus eher auf der Suche nach echten Gebäuden zur Unterbringung für Geflüchtete. Zelte könnten dann aber im Frühjahr tatsächlich ein Thema werden, sollte der Engpass bis dahin weiter bestehen.

Auch aus den Erdbeben-Gebieten könnten Geflüchtete in den Landkreis kommen

Ob das der Fall sein wird, lässt sich derzeit nur schwer sagen. Es gebe Anzeichen dafür, sich die Flüchtlingsströme etwas reduzieren, sagte Niedergesäß, der hofft, dass dadurch auch der derzeitige Zwei-Wochen-Takt im Landkreis Ebersberg etwas entzerrt wird. Momentan nämlich kommt noch alle 14 Tage ein neuer Bus mit Geflüchteten in der Kreisstadt an. "Vielleicht werden es künftig weniger, wir werden sehen", so der Landrat. Allerdings müsse man abwarten, wie sich das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien auf die Lage auswirke.

Die einzelnen Gemeinden des Landkreises stehen derweil vor einem ganz anderen Problem: Rund 90 Prozent der ukrainischen Geflüchteten sind zunächst bei Privatleuten untergekommen und waren daher nie Teil des staatlichen Aufnahmesystems. Wenn diese Gastverhältnisse nun aber zunehmend beendet werden, gelten die Geflüchteten als obdachlos. "Die Leute stehen dann vor den Rathäusern", sagte Niedergesäß. Das sei zwar kein Massenphänomen, passiere dennoch regelmäßig. Da die staatlichen Unterbringungsmöglichkeiten inzwischen erschöpft sind, müssen sich die Gemeinden nun selbst um die Menschen kümmern.

"Wir würden die Gemeinden ja unterstützen, wenn wir Plätze hätten", sagte dazu Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales am Landratsamt, momentan seien aber einfach keine Kapazitäten verfügbar. In der Kreisbehörde hofft man deshalb, dass die Kommunen dieser Situation gewachsen sind. "Wir gehen davon aus, dass die Gemeinden das in den Griff bekommen", so Keller. Derweil verwies Landrat Niedergesäß darauf, dass Kommunen und Landkreis ohnehin in einem Boot säßen: "Wir verstehen uns in der Notlage, die wir haben." Beiden Verwaltungsebenen bleibe daher nichts anderes übrig, als auf eine baldige Entspannung der Lage zu hoffen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDrogenmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen
:"Die Betroffenen werden zunehmend jünger"

Die Heckscher-Klinik in München behandelt Minderjährige mit Suchtproblemen. Die stellvertretende ärztliche Direktorin Adelina Mannhart über erschreckende Trends und schöne Begegnungen mit ehemaligen Patienten.

Interview von Johanna Feckl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: