Wärmewende:So heizt der Landkreis Ebersberg

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Poing verfügt bereits über ein Geothermiekraftwerk. Die Neubaugebiete können dadurch mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. (Foto: Christian Endt)

Aus einer Datenanalyse geht hervor, mit welchen Energieträgern neue Gebäude beheizt werden. Die gute Nachricht: Ebersberg liegt bei den Erneuerbaren über dem bundesweiten Durchschnitt.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Gut möglich, dass das 21. Jahrhundert als "Die Wendezeit" in die Geschichtsbücher eingehen wird. Verkehrswende, Energiewende, Klimawende - der Bedarf an gesamtgesellschaftlichen Kurswechseln ist ungebrochen groß. Spätestens seit Beginn des russisch-ukrainischen Krieges, den daraus resultierenden Gaslieferengpässen und der damit verbundenen Angst vor kalten Wohnungen in diesem Winter hat sich eine neue Wende im deutschen Sprachgebrauch etabliert: die Wärmewende.

Damit ist gemeint, Wärme zukünftig nicht mehr über fossile Energieträger - Öl oder Gas - zu erzeugen, sondern mittels erneuerbarer Energien. Doch wie steht es mit dieser Wende im Landkreis? In einer Kooperation mit Correctiv.Lokal zeigt die Süddeutsche Zeitung Ebersberg, wie der Landkreis heizt. Oder zumindest, wie dort Neubauten beheizt werden.

Fast die Hälfte aller neuen Wohngebäude heizt mit erneuerbaren Energien

Aus Daten der Landesämter und des Bundesamtes für Statistik für die Jahre 2016 bis 2020 ergibt sich ein positives Bild für Ebersberg: In diesem Zeitraum wurden im Landkreis 1 238 Wohngebäude fertiggestellt. 573 dieser Gebäude, also fast die Hälfte, verwenden erneuerbare Energien als primäre Heizung. Damit sind Geothermie, Umweltthermie (Luft und Wasser), Solarthermie, Biogas, Biomethan und sonstige Biomasse gemeint.

Am zweitmeisten wurden nach wie vor Gasheizungen verbaut: 297 neue Wohngebäude, also etwa ein Viertel, werden auf diese Art erwärmt. 232 Gebäude, circa 20 Prozent, werden wiederum mit Fernwärme beheizt, wobei hier vermutlich das Geothermiekraftwerk in Poing einen nicht unerheblichen Anteil hat. Die restlichen 136 Gebäude werden durch sonstige Stoffe geheizt, etwa durch Holz, Strom oder Öl.

Damit steht der Landkreis Ebersberg im bundesweiten Vergleich ziemlich gut da. In Gesamtdeutschland wurden im gleichen Zeitraum am häufigsten Gasheizungen verbaut sie machen fast 45 Prozent aus, erst danach kommen die erneuerbaren Energien mit knapp 41 Prozent. Fernwärme und Holz liegen mit je 7,5 und 4,4 Prozent weit abgeschlagen auf den Plätzen drei und vier.

Bei Nicht-Wohngebäuden liegt Gas noch vor den Erneuerbaren

Etwas anders sieht der Wärmemix bei den neuen Nicht-Wohngebäuden aus, etwa bei Lager- und Fabrikhallen, Schulen oder kommunalen Gebäuden. Von diesen wurden zwischen 2016 und 2020 247 Stück im Landkreis errichtet. 147 davon, also fast 60 Prozent, kommen jedoch ohne Heizung aus. Diese Gebäude sind meist so gedämmt, dass eine Lüftungsanlage zur Wärmeregulation ausreicht. Wenn aber gewärmt werden muss, dann kommt oft Gas zum Einsatz. 32 der neuen Nicht-Wohngebäude, also etwa 13 Prozent, haben eine Gasheizung, dicht gefolgt von Wärme aus erneuerbaren Energien. Diese wird bei 29 Gebäuden eingesetzt. 39 dieser Bauwerke werden wiederum mit den sonstigen Wärmeträgern - Holz, Fernwärme, Strom - versorgt.

Auch hier schneidet Ebersberg besser ab als der bundesweite Schnitt: In Deutschland wurden 52 Prozent der Nicht-Wohngebäude ohne Wärmeversorgung fertiggestellt. Fast 24 Prozent greifen jedoch auf Gas zurück und nur etwa zehn Prozent werden durch erneuerbare Energien geheizt.

Ebersberg befindet sich bereits mitten in der Wärmewände

Ein möglicher Grund für das gute Abschneiden des Landkreises beim Heizen durch erneuerbare Brennstoffe ist die Energieagentur Ebersberg. Sie hilft Privatpersonen und Unternehmen durch Beratung, beim Bau oder Umbau energieschonend zu planen.

Auch ist der Landkreis verhältnismäßig wohlhabend, weswegen es sich vermutlich mehr Menschen als anderswo leisten können, alternative Wärmequellen zu installieren, die in der initialen Beschaffung oft kostspieliger sind als konventionelle Gasheizungen.

In dem Datensatz ist übrigens auch die Energiebilanz der Industrie im Landkreis enthalten. Diese verbraucht etwas mehr als ein halbes Terajoul an Energie, also 500 Millionen Kilojoul. Diese Energie stammt circa zu je 45 Prozent aus Erdgas und Strom, zu fünf Prozent aus Öl und zu fünf Prozent aus als "geheim" klassifizierten Quellen. Letzteres bedeutet jedoch nur, dass manche Unternehmen ihren Energieverbrauch nicht öffentlich machen müssen.

Ebersberg ist also bereits mitten drin in der Wärmewende. Zwar wird noch rund ein Fünftel der neuen Wohngebäude mit Gas beheizt. Doch sollten die Ereignisse der vergangenen Monate genug Anreiz geben, die Wende noch schneller zu vollziehen.

Diese Recherche ist Teil einer Kooperation der Süddeutschen Zeitung mit CORRECTIV.Lokal , einem Netzwerk für Lokaljournalismus, das datengetriebene und investigative Recherchen gemeinsam mit Lokalredaktionen umsetzt. CORRECTIV.Lokal ist Teil des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV, das sich durch Spenden finanziert. Mehr unter correctiv.org/klima .

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